Zwei Filme zum Massaker an Armeniern auf Filmfestival in Istanbul

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Das diesjährige Filmfestival in Istanbul wurde überschattet von dem Vorführverbot eines kurdischen Dokumentarfilms. Aus Protest nahmen zahlreiche

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Das diesjährige Filmfestival in Istanbul wurde überschattet von dem Vorführverbot eines kurdischen Dokumentarfilms. Aus Protest nahmen zahlreiche Regisseure ihre Beiträge aus dem Programm – Preisverleihungen wurden abgesagt.

Die Türkei reagiert jedoch nicht nur sensibel auf das Thema “Kurden” – ein anderes heißes Eisen ist das Massaker an den Armeniern vor 100 Jahren. Armenien spricht in Bezug auf die Gräueltaten von einem Völkermord, während die Türkei den Begriff vehement ablehnt. Dennoch wurden zwei Filme auf dem Festival gezeigt, die sich dieses Themas annehmen.

Die Geschichtsereignisse haben noch immer Einfluss auf das Leben vieler Menschen. Viele Armenier, die das Massaker überlebten, legten ihre armenische Identität ab. Sie konvertierten zum Islam und assimilierten sich in der türkischen Gesellschaft. Diese Dokumentation von Anna Benjamin und Guillaume Clere spielt in der heutigen Zeit. Sie erzählt die Geschichte von vier Menschen, die ihre armenischen Wurzeln entdecken und nun ihre Identität suchen. “Für uns ist es wichtig, dass die Geschichte über den armenischen Völkermord, in der jetzigen Zeit spielt. Was bedeutet es heutzutage in der Türkei zu leben, was bedeutet es türkisch zu sein, ein Kurde zu sein, was ist das armenische Vermächtnis in der Türkei? In den vergangenen 100 Jahren haben die Menschen geschwiegen, es ist wirklich ein Wunder, wie dieses Geheimnis in den vergangenen 100 Jahren bewahrt wurde”, so Anna Benjamin.

100.000 bis 200.000 Menschen entkamen dem Massaker und blieben im Land. Gerettet oder gekidnaped von türkischen oder kurdischen Familien, verteckt in den Anatolischen Bergen. Sie wurden assimiliert oder vergessen. Guillaume Clere: “Es gibt eine offizielle Geschichte, die sich komplett von der Geschichte unterscheidet, die die Menschen erlebt haben. Dies ist kein politischer Film, der fordert, dass wir
das unbedingt anerkennen müssen – ihr müsst Wiedergutmachung leisten, das Land zurückgeben. In diesem Film sagen die Menschen: Wir wollen wissen, was mit unseren Großeltern passiert ist.”

“L’héritage du silence”, zu deutsch: “Das Vermächtnis der Stille” zeigt das Leiden der vier Menschen, deren Leben sich durch die Entdeckung ihrer armenischen Vorfahren vollkommen verändert. Der zweite Film ist das Werk von Haci Orman, der mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte: “Es war sehr schwer die Crew zusammenzubekommen – sobald sie gehört haben, um was es geht, bekamen sie Angst und stiegen aus. Deshalb hat es fast ein Jahr gedauert, das Filmteam zusammzustellen.”

Es ist der erste Spielfilm über das Massaker an Armeniern, der in der Türkei produziert wurden. Die 20-minütige Produktion erzählt die Gesichte des deutschen Theologen Johannes Lepsius, der den mächtigsten General des osmanischen Reichen, General Enver, überzeugen will, die Deportation zu beenden.

Orman hatte nicht nur Probleme seine Crew zusammenzubekommen: “Alle Bücher über das Thema ‘Armenien’ wurden entweder zerstört oder sind in der Türkei verboten. Deshalb musste ich in Deutschland und Frankreich in die Archive schauen. Die schwierigste Sache war aber einen Ort zu finden, an dem wir drehen konnten, das war wirklich schwer – niemand hat mir seine Location angeboten, sobald sie gehört haben, worum es in dem Film geht.”

Der eine Mann ist ein Mitglied des Militärs, ein Soldat aus dem Osten. Der Andere: ein Theologe, ein Humanist aus dem Westen. “Homo Politicus” zeigt den verzweifelten und naiven Kampf zwischen Humanismus und Nationalismus einerseits und zwischen Moral und Politik andererseits.

Euronews-Reporter Wolfgang Spindler: “Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Türkei von Filmemachern interpretiert. Filme wie diese können sicherlich dazu beitragen, dass die Vergangenheit wieder diskutiert wird. Ein wichtiger Moment in der Geschichtsbewältigung auch hier in der Türkei.”

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