Biennale 2019: Zwischen Kunst und Kritik

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Von Frédéric Ponsard
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Die diesjährige Biennale in Venedig ist deutlich kritischer, aktueller, politischer als sonst. Kunst als Zeugnis ihrer Zeit.

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Venedig, seine Kanäle, seine Gondeln, der Markusplatz, die Seufzerbrücke. Venedig, Stadt der Kunst, die sich nie auf ihrer Geschichte ausgeruht, sondern immer Vergangenheit mit Zukunft verbunden hat.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist die Lagunenstadt Schauplatz der ältesten Kunstbiennale der Welt. Gerade ging sie in ihre 58. Runde.

Der britische Pavillon gehört zu den meistbesuchten in diesem Jahr. Hier herrscht andächtige Stille. Künstlerin Cathy Wilkes arrangiert Puppen zu poetischen, teils verstörenden Installationen.

Kunst als Zeugnis ihrer Zeit

Die Biennale ist dieses Jahr zeitkritischer als sonst. Klimawandel, Flüchtlingskrise, Rechtspopulismus – wohin man blickt, politische Metaphern. "May you live in interesting times." So lautet das diesjährige Motto. Die Ausstellung ist weit mehr als rein künstlerische Überlegung. Sie zeigt Kunst als Zeugnis ihrer Zeit.

Wir haben Ralph Rugoff getroffen, Kurator und künstlerischer Leiter. "Diese Biennale ist ein Blick auf die Gegenwart. Auf die Zeit, in der wir leben. Und diese ist das Ergebnis der Vergangenheit, sie ist nicht aus dem Nichts entstanden. Die Ausstellung steuert auch auf eine mögliche Zukunft zu, die wir noch nicht kennen. Aber sie zeigt vor allem, wie Künstler auf die Zeit reagieren, in der wir gerade leben", so Rugoff.

Wrack der "Barca Nostra" als Mahnmal in Venedig

Christoph Büchels "La Barca Nostra" ist das Wrack eines Schiffes, das 2015 vor der Küste Libyens mit mehr als 700 Menschen an Bord gesunken ist. Ein Massengrab. "Es ist kein Kunstwerk, aber ein Künstler hat diese Installation ins Leben gerufen", erklärt Rugoff. "Auch er nimmt ein Objekt aus der realen Welt, das für den tragischen Tod hunderter Menschen steht. Er bettet es in den Kontext der Kunstwelt, um Fragen zu stellen."

Fragen stellt auch der polnische Künstler Roman Stanczak mit seinem Werk, einer Flugzeugkabine. Sie soll an das Unglück erinnern, das den polnischen Präsidenten Lech Kaczyński das Leben kostete. "Diese Skulptur ist voller Metaphern", so der Künstler. "Man kann sie in einem polnischen, aber auch in einem universelleren Kontext lesen. Sie ist eine Metapher für die Welt, die uns umgibt, aber auch für unsere innere Welt, für das, wonach sich die Menschen sehnen. Technologischer Fortschritt geht doch am Ende auf unsere primitivsten Instinkte zurück.“

Erstmals mehr Künstlerinnen als Künstler vertreten

Die starke weibliche Präsenz auf der diesjährigen Biennale ist im koreanischen Pavillon besonders spürbar. Hier stellen drei Künstlerinnen aus – alle lieben das Spiel mit Tradition und Moderne.

Eine von ihnen ist Siren Eun Young Jung: "Das Zeitgenössische ist nicht nur zeitgenössisch. In unseren Werken schöpfen wir immer auch aus alten Traditionen und interpretieren diese Traditionen auf die Gegenwart um. Hier in Venedig gibt es so viel Traditionelles und Zeitgenössisches, das miteinander verschmilzt. Deshalb ist dieser Ort für uns besonders schön.“

Future Generation Art Prize würdigt Nachwuchskünstler

Die Biennale bietet auch Raum für zahlreiche Begleitveranstaltungen. Dazu gehört der Future Generation Art Prize zur Förderung junger Künstler unter 35 Jahren. Dieses Jahr haben es 21 Jungtalente ins Rennen um die hochdotierte Auszeichnung geschafft. Ausgewählt wurden sie von einer Jury unter Schirmherrschaft des Pinchuk Art Centre in Kiew.

Gewonnen hat die Filmemacherin und Künstlerin Emilija Škarnulytė. Mit einem Video, das sie zum größten Teil in einem Atomkraftwerk in ihrer Heimat Litauen gedreht hat - quasi der Zwillingsschwester der Anlage in Tschernobyl. 

„Ich interessiere mich für die Archäologie von morgen, werfe einen Blick auf all die Narben, die wir Menschen auf der Erde hinterlassen. Durch wissenschaftlichen Fortschritt und durch... nennen wir es Methoden des Kalten Krieges", so die junge Litauerin. Die Biennale bleibt noch bis 24. November geöffnet.

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