Musik nur noch als Hobby? Britische Bands entsetzt über Brexit

Fans mit Rolling Stones-Masken in London
Fans mit Rolling Stones-Masken in London Copyright Alberto Pezzali/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved
Von Anja Bencze mit dpa
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Monatelange Tourneen, Gastauftritte und Festival-Teilnahmen sind nach dem Brexit schwieriger geworden. Um sich länger in der EU aufzuhalten und dort zu arbeiten, sind für Briten nun spezielle Erlaubnisse notwendig und umgekehrt.

WERBUNG

Nicht nur Handel und Wirtschaft, auch die britische Musikindustrie leidet unter dem Brexit. Auch für Künstler, die künftig in EU-Ländern auf Tournee gehen, gelten nun neue Visaregeln.

Das bedeutet bürokratische und finanzielle Hürden. Deswegen fordern Musiker und Konzertveranstalter eine "freie kulturelle Arbeitserlaubnis". Mehr als 260.000 Menschen, darunter zahlreiche Stars wie Laura Marling, Louis Tomlinson oder die Band Biffy Clyro), haben die Online-Petition bereits unterschrieben.

Es geht um 5,8 Milliarden Pfund

Auch Komponist Michael Berkeley, denn: "Musiker in diesem Land beziehen 44 Prozent ihres Einkommens aus Tourneen! Dieses Land verdient 5,8 Milliarden Pfund an der Musikindustrie. Vergleichen Sie das mit der Fischerei, die als diese große souveräne Sache hochgehalten wurde, was ich verstehen kann, die Hoheitsrechte müssen geschützt werden. Aber dabei gehts um 1,4 Milliarden - das ist ein Unterschied."

Monatelange Tourneen, Gastauftritte und Festival-Teilnahmen sind nach dem Brexit schwieriger geworden. Um sich länger in der EU aufzuhalten und dort zu arbeiten, sind für Briten nun spezielle Erlaubnisse notwendig und umgekehrt.

Das gilt sogar für das musikalische Equipment und bedeutet insgesamt bürokratischen und finanziellen Aufwand. Die Briten und die EU schieben sich gegenseitig die schuld dafür in die Schuhe, keine großzügigeren Regeln gefunden zu haben.

Arbeitserlaubnis für 30 verschiedne Länder

Paul Pacifico, CEO der Vereinigung unabhängiger Musiker Association of Independent Music (AIM) warnt: "Wenn britische Bands oder Solokünstler in Europa auf Tournee gehen, brauchen sie eine temporäre Arbeitserlaubnis in jedem europäischen Land. Das das gilt nicht nur für die EU, sondern den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum. Sie müssen also unter Umständen die Regeln von 30 verschiedenen Ländern befolgen.

Wenn Sie als Band auf Tournee sind und eine CD in Deutschland verkaufen, müssen Sie in Deutschland eine Umsatzsteuererklärung abgeben. Das Gleiche gilt für Frankreich, Italien, Kroatien,und so weiter und so fort."

Umgekehrt wird es auch für Bands, die aus der EU nach Großbritannien kommen, um zu spielen, komplizierter und teurer. Meint der Frontmann der schwedischen Band The Hives, Pelle Almqvist. "Letztlich werden wir wahrscheinlich weniger Konzerte in Großbritannien geben, weil es sich rein wirtschaftlich weniger lohnt. Ich meine, es wird immer Spaß machen. Im schlimmsten Fall wird der Gig in Großbritannien wohl zum Hobby."

"Im schlimmsten Fall wird der Gig in Großbritannien wohl zum Hobby."
Pelle Almqvist
Sänger der schedischen Band "The Hives"

Derzeit könnten Musiker ohnehin nicht auf Tournee gehen, Paul Pacifico, aber sie müssten schon jetzt mit Klarheit planen können, falls es wieder losgeht. "Noch mal sechs Monate Verzögerung können wir uns nicht leisten, wenn der kulturelle Sektor wirtschaftlich auf die Beine kommen soll."

Die Musikbranche ist mit rund 200.000 Jobs ein wichtiger - allerdings von der Coronakrise schwer gebeutelter - Industriezweig in Großbritannien.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Zoé Wees (19) aus Hamburg ist SWR New Pop Newcomerin 2021

Britische Wirtschaft schrumpft um 9,9% - Größter Einbruch seit 300 Jahren

Covid: Legendäre britische Livemusik-Szene sucht ihre Stimme