Golf-Krimi über Dubrovnik

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Von Euronews
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Wir sind in Kroatien, auf dem trockenen Hochplateau über Dubrovnik. Eine internationale Investorengruppe plant hier ein gigantisches Immobilienprojekt, hübsch verpackt in Golfplatzpläne.

Luxusvillen, ein Einkaufszentrum, künstliche Seen, ein Wellness-Bad, mehrere Golfplätze und eine Golfakademie… mit über einer Milliarde Euro ist dies eines von Kroatiens größten Immobilienprojekten. Hundert Millionen haben die Investoren bereits ausgegeben, vor allem für den Grunderwerb.

Doch unten in Dubrovnik regt sich Widerstand. Vielen der 40.000 Bürger der stolzen Stadt missfällt die Idee einer Siedlung für Superreiche oben auf dem Plateau. Man wundert sich immer lauter über die genauen Umstände, die zu Änderungen bei Raumplanung und Genehmigungsprozeduren führten. Hinzu kommen Umweltbedenken. Bürgergruppen schafften es, ein lokales Referendum durchzusetzen. Bei der Volksbefragung stimmten 80 Prozent der teilnehmenden Wähler gegen das Projekt, doch konnte das erforderliche Quorum von 50 Prozent Wahlbeteiligung nicht erreicht werden, die Wahlbeteiligung lag bei nur 30 Prozent.

Enes Cerimagic, Rechtsberater der Initiative “Zelena Akcija”, will weiterkämpfen. In den kommenden Monaten muss das Projekt noch mehrere Genehmigungshürden nehmen, bevor der erste Spatenstich getan werden kann. Sein Hauptargument: “Zunächst einmal: Das ist ja in Wirklichkeit gar kein Golfplatz-Projekt, wie die behaupten. Es geht um den Bau von 240 Villen, 400 Wohnungen und zwei Hotels auf dem Hochplateau über Dubrovnik. Das ist trockener Karst-Boden, die Pestizide werden direkt ins Grundwasser sickern. Die Investoren stützen sich auf das umstrittene Golf-Gesetz. Das wurde vom Parlament annuliert, weil es der Korruption Tür und Tor geöffnet hat. Die wollen mitten in einem Naherholungsgebiet ein Immobilienprojekt durchsetzen.”

Andro Vlahusic, Bürgermeister Dubrovniks, kontert: “Für unsere Bürger ist das ein gutes Programm, durch das tausend Arbeitsplätze geschaffen werden: 500 Dauerarbeitsplätze plus 500 Saison-Zeitverträge.”

Etwas über vier Millionen Menschen leben in Kroatien. Im Sommer tritt das Land der Europäischen Union bei. Doch die Wirtschaft schrumpft seit fast fünf Jahren schon. Knapp eine halbe Million Kroaten sind arbeitslos. In Dubrovnik sind 7.000 Menschen ohne Job.

Die Markthändlerin Sima sagt: “Ich komme aus einer Nachbargemeinde und konnte bei dem Golf-Referendum nicht mitstimmen. Doch wir sollten jeden Investor, der Arbeitsplätze schafft, willkommen heißen.”

Der Marktverkäufer Nenad Zivic: “Falls mir jemand glaubhaft versichern kann, dass mindestens 200 Arbeitsplätze hier bei uns entstehen, dann wäre ich dafür. Ich glaube den Versprechungen aber nicht mehr. Deshalb bin ich dagegen. Es geht um Wohnungsbau. Die wollen da oben eine neue Stadt errichten, direkt über der Altstadt. Immobilien-Spekulation, sonst nichts.”

Der Händler Pepo: “Die sind doch alle mega-korrupt, glaub’ mir. Und entschieden wird da oben, nicht von uns.”

Einer der Hauptinvestoren ist der umstrittene israelische Geschäftsmann Aaron Frenkel, verheiratet mit Maja, einer früheren kroatischen Vize-Ministerin für Wirtschaft. Maja Frenkel vertritt die Interessen der Investoren nach außen. Wir treffen sie in Dubrovnik.

Maja Ruth Frenkel vom Golf Park Dubrovnik Project: “Heutzutage setzt Dubrovnik jährlich 300 Millionen Euro mit Tourismus um, während es in Florenz (in Italien) vier Milliarden Euro sind. Das Potential liegt auf der Hand.”

Bis 2020 will Kroatien sieben Milliarden Euro in den Tourismus stecken und die Besucherzahlen damit verdoppeln. Zwölf Millionen Menschen besuchten Kroatien im vergangenen Jahr, davon zehn Millionen die Küste, soviel wie noch nie. Hinter dem Hausberg von Dubrovnik strömt der Fluss Ombla aus dem Karst-Gebirge. Hier haben wir uns mit Djuro Capor verabredet, treibende Kraft der Bürgerbewegung “Srd je nas” – “Das Hochplateau gehört uns”. Es gebe geheime Absprachen zwischen Investoren und Politikern, vermutet er.

Djuro Capor von der Bürgerbewegung “Srd je nas”: “Die Golfplätze und Wohnungen oben auf dem Berg benötigen jede Menge Wasser. Das kann nur aus diesem Fluss hier kommen. Deshalb möchte der staatliche Energieversorger Kroatiens ein unterirdisches Wasserwerk bauen. Mitten in diesem Karst-Gebirge soll der Wasserspiegel auf 130 Meter angehoben werden. Das schafft riesige Probleme: soviel Artenreichtum wie hier gibt es nirgendwo in Kroatien. Außerdem kann das aufgestaute Wasser Erdrutsche auslösen. Zehntausend Menschen leben hier unter dem Berghang, deren Leben ist in Gefahr.”

Projektgegner und Investoren beschuldigen sich gegenseitig der Angst- und Meinungsmache. Bürgergruppen gehen noch einen Schritt weiter und vermuten, Schmiergeld sei geflossen.

Djuro Capor: “Zuerst sollten 100 Hektar bebaut werden, auf einmal waren es 300 Hektar. Dadurch verfünfzehnfachte sich das Investitionsvolumen. 2003 lag es noch bei 80 Millionen Euro, heute ist von 1,2 Milliarden die Rede. Wir hegen den Verdacht, dass die Raumplanung illegal geändert wurde, da war Korruption im Spiel.”

Maja Ruth Frenkel: “Wenn bestochen worden wäre, dann hätten wir hier nicht sieben Jahre lang die Stellung halten können. Doch wir sind immer noch hier. Möglicherweise haben manche Leute in Dubrovnik und generell manche Kroaten einfach Angst vor Investoren, einfach nur darum, weil die Leute nicht an Investoren gewöhnt sind. Wir als Investoren stehen seit sieben Jahren vor bürokratischen Hindernissen, die wir gemeinsam mit Regierung und lokalen Gebietskörperschaften aus dem Weg räumen möchten. Ich denke, dass Kroatien mit seinem Beitritt zur Europäischen Union eine Chance geschenkt bekommt etwas zu lernen: wie man gutes und faires Investitionsklima schaffen kann.”

Der Präfekt des Bezirks Dubrovnik betont, dass während der bisherigen Genehmigungsprozeduren alle demokratischen Spielregeln eingehalten worden seien. Und außerdem:

Nikola Dobroslavic, Präfekt von Dubrovnik-Neretva: “Das ist ein sehr gutes Projekt. Das wird dem Tourismus in Dubrovnik neuen Schwung verleihen, vor allem in der Winter-Saison. Für uns sind alle Zweifel ausgeräumt.”

Die Stimmen des lokalen Referendums sind ausgezählt: 80 Prozent Nein-Stimmen. Doch die Volksabstimmung “zählt nicht”, da die Wahlbeteiligung nur 30 Prozent betrug – statt der erforderlichen Mindestbeteiligung von 50 Prozent. Die Golf-Investoren freuen sich: im kommenden Frühjahr soll gebaut werden.

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