Nicht ärgern, klagen!

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Von Euronews
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Wenn jemand einem Geld schuldig bleibt, wenn man in Zwistigkeiten bezüglich eines Produkts oder einer Dienstleistung verstrickt ist, dann kann einem das schon mal das Blut in Wallung bringen. Es gibt jedoch kostengünstige und einfache Möglichkeiten, sein Recht durchsetzen zu können, ohne sich gleich einen Anwalt nehmen zu müssen.

Der ungarische Winzer Mihaly Endre Fekete berichtet: “Wenn der Kunde unser Produkt kauft und wir für unsere Arbeit bezahlt werden ist das der Moment, in dem man weiß, wofür man das alles tut. Wenn es aber nicht sicher ist, dass dieser Moment kommt, dann macht dich das mürbe.”

Trotz zahlreicher Möglichkeiten für Verbraucher sich über ihre Rechte zu informieren, blieb das sogenannte small-claims-Verfahren (Verfahren für geringfügige Forderungen) bis heute weitestgehend unbekannt. Dieses Mahnverfahren ermöglicht es auch geringfügige Summen von 2000 bis 10.000 € rechtlich einzufordern. Im Falle von grenzübergreifenden Rechtsstreitigkeiten kann das Verfahren ebenfalls zur Anwendung gebracht werden. Weiterhin bestehen von EU-Seite aus Pläne, dieses Verfahren noch weiter zu vereinfachen.

In einem Land wie Ungarn nehmen tausende von Menschen alljährlich die Möglichkeit in Anspruch auch geringe Geldbeträgen einzuklagen. Aber nicht nur Konsumenten, auch Unternehmen können sich dies zu Nutze machen. In finanzwirtschaftlich schwierigen Zeiten kann dies vor allem für kleinere Unternehmen interessant werden, um unbezahlte Rechnungen unter Zuhilfenahme von Rechtsmitteln einzutreiben.

Etwa 150 Kilometer von Budapest liegt der Familienbetrieb des Weinbauern Fekete. Der Winzer weiß nur zu gut was es für einen Betrieb seiner Größe bedeutet, wenn ausstehende Zahlungen nicht beglichen werden. Aufgrund schlechter Erfahrungen vor einigen Jahren sieht er sich heute genötigt strenger mit seinen Kunden umzugehen. Viele von ihnen befinden sich im europäischen Ausland.

“Wir stellten einem Kunden eine Rechung aus und er zahlte nicht”, so Fekete. Lange Zeit dachte er, sein Geld niemals wieder zu sehen. Mit Hilfe eines Vermittlers gelang es nach längerer Zeit dann aber doch für seine Arbeit entlohnt zu werden. Wie er sagt bestehe er seither darauf, dass der Kunde bezahlt, bevor er seinen Weinberg verlässt.

In Ungarn kommen alljährlich etwa 100 Fälle von Verfahren für geringfügige Forderungen zur Anwendung, in denen sich der Schuldner außerhalb der Staatsgrenze befindet. Von offizieller Seite heißt es diese Möglichkeit sei noch weitestgehend unbekannt und die Menschen bedienten sich bisweilen anderer Mittel und Wege an ihr Geld zu kommen.

Wie der Richter des Obersten Gerichtshof, Andras Osztovits, berichtet bestehe ein hoher Bedarf an schneller und unkomplizierter Rechtssprechung.

“Das gilt für Privatpersonen und kleine Unternehmen gleichermaßen. Viele von ihnen können es sich nicht leisten über Monate hinweg auf ihr Geld warten zu müssen, geschweigedenn über Jahre. Die Mitgliedsstaaten und die Europäische Union müssen diesbezüglich für ihre Bürger und Betriebe schnelle und effiziente Rechtsinstrumente zur Verfügung stellen”, so Osztovits.

Viel Arbeit wird nötig sein, um das Bewusstsein für small-claims-Verfahren zu schärfen. Auf der Internetseite des Europäischen Mahngerichts Deutschlands ist es beispielsweise bereits möglich eine Klage mittels eines Formulars unkompliziert einzureichen. Eine geplante Reform auf europäischer Ebene könnte zukünftig dazu führen, dass Bürgern in Rechtsstreitigkeiten mehr Gerechtigkeit wiederfährt.

Ab wann aber spricht man von einer geringfügigen Forderung? In Brüssel wird darüber verhandelt, ob nicht die 2000 € Grenze für grenzübergreifende Rechtsstreitigkeiten erheblich angehoben werden müsse. Aber noch mehr: Um das Verfahren für geringfügige Forderungen zu vereinfachen und mehr Menschen zur Inanspruchnahme zu ermutigen, müssten weitere Aspekte berücksichtigt werden. So wird zum Beispiel die Gebühr für ein solches Verfahren als zu hoch angesehen. Auch die notwendigen Formulare sollten überarbeitet und mehr Hilfestellungen für die europäischen Bürger bereitgestellt werden. In der Hoffnung, die Entscheidungen in Brüssel mögen ebenso Auswirkungen auf nationale Verfahren haben, sollen von europäischer Seite bald konkrete Vorschläge unterbreitet werden.

Doch auch wenn ein Richter zu unseren Gunsten entscheidet ist es momentan nicht so einfach an sein Geld zu kommen. Mehr finanzielle Unterstützung sowie rechtliche Rahmungen sind geboten.

Der ungarische Anwalt Matyas Kapa teilt mit: “Wenn die Leute Klage einreichen und es ein Urteil gibt denken sie oft, dass die Sache damit erledigt ist. In Wahrheit aber muss auch daran gedacht werden, wie das Recht durchgesetzt werden kann. Ein Urteil bedeutet nicht notwendigerweise, dass man sein Geld zurück bekommt. In Bezug auf Klagen kann es zu zwei unterschiedlich schweren Problemlagen kommen: entweder will der Schuldner nicht zahlen oder er kann nicht zahlen.”

Für den Weinbauern Mihaly Endre Fekete sind solche Situationen sehr unangenehm. Sie ruinierten, wie er sagt, den Augenblick. Es sei kaum noch möglich mit dem gleichen Enthusiasmus zu arbeiten, wenn man nicht wisse, ob diese in finanzieller Hinsicht auch Früchte tragen werde. Es sei, wie er sagt, sehr viel Disziplin notwendig wieder an die Arbeit zu gehen, aber vor allem seine Arbeit auch gut zu machen.

Selbstverständlich gibt es keine Garantie, dass finazielle Zwistigkeiten einen guten Ausgang nehmen. Experten jedoch sind der Ansicht, dass es lohnenswert ist, sich über die rechtlichen Rahmungen und Möglichkeiten Klarheit zu verschaffen.

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