Stress zwischen Portugal und Angola

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Wird Angola traditionelle Geschäftspartner aus Portugal durch chinesische Firmen ersetzen?
Nach Geldwäsche-Vorwürfen kündigte der angolanische Präsident die “strategische Partnerschaft” mit der früheren Kolonialmacht.

Angola investiert seine Ölmilliarden in den Wiederaufbau der vom jahrzehntelangen Bürgerkrieg zerstörten Infrastruktur.

Bis zu 200.000 Portugiesen leben hier, Männer wie Ilídio. Er schuftet als Vorarbeiter für Soares da Costa. Die fast hundertjährige Baufirma kämpft ums Überleben. Jetzt hat ein angolanischer Ölmogul Frischgeld geboten.

Auf der Suche nach einem besseren Leben wandern unzählige Portugiesen aus. Angola ist beliebt, wegen der gemeinsamen Sprache. Seine Familie daheim sieht Ilídio 15 Tage im Jahr. “Zunächst habe ich das mit meiner Frau besprochen,” erinnert er sich. “Einfach war die Entscheidung nicht, doch weil ich hier besser verdiene, haben wir beschlossen, dass ich es probieren sollte. Klar, es ist nicht gut, von der Familie getrennt zu leben. Andererseits haben meine Frau und Tochter daheim nun alles, was sie brauchen. Wir haben täglich Kontakt, zur Essenszeit, entweder telephonisch oder über Facebook, jeden Tag…”

Luanda heute – das ist eine Stadt der Baukräne. Angola boomt, die Wirtschaft wächst. In der Katholischen Universtität haben wir uns mit einem der besten Kenner des Landes verabredet. WIR STEHEN UNTER SCHOCK, kommentiert Manuel Alves da Rocha das Ende der Partnerschaft mit Portugal – und benennt erste Folgen: “Wir wissen, dass einige portugiesische Unternehmen bereits Schwierigkeiten haben, neue Verträge unter Dach und Fach zu bringen. Das betrifft insbesondere den Bausektor, da gibt es ernsthafte Probleme. Darüber hinaus ist das Problem mit den Aufenthaltsgenehmigungen immer noch nicht aus dem Weg geräumt: Portugiesen; die hier in Angola arbeiten wollen, brauchen ein Arbeitsvisum. Doch ist uns bekannt, dass auf dem angolanischen Konsulat in Portugal Visa-Anträge immer häufiger abgelehnt werden.”

Noch immer gibt es Vorurteile: Manche Angolaner halten Portugiesen für arrogant, manche Portugiesen bezeichnen Angolaner als arbeitsscheu… Doch im Allgemeinen kommt man gut miteinander aus.

Probieren wir es mit einer Straßenumfrage: Was halten SIE von den portugiesischen Arbeitsmigranten?

Patrício, der in Luanda wohnt, meint: “Je nachdem… Es gibt Portugiesen die kommen hierher, weil sie uns Angolanern helfen wollen. Dann gibt es aber auch solche Portugiesen, die uns schaden. Das ist nicht gut.”

Mifa, ebenfalls aus Luanda, fügt hinzu: “An und für sich ist es was Gutes, wenn es einen regen Austausch zwischen zwei Ländern gibt: wir können von den Portugiesen lernen, und sie von uns.”

Cemes findet, “dass die Portugiesen hierher kommen und uns dabei helfen, das Land wiederaufzubauen, das ist positiv. Allerdings sollten die das in enger Absprache mit unserer angolanischen Regierung tun. Die portugiesische Präsenz hier in Angola ist was Gutes, nichts Schlechtes.”

Sonangol ist der Pfeiler der Macht. Der Ölmulti steht unter Beobachtung: manchmal verschwinden einige Milliarden Petrodollar spurlos… Der Ölboom führte dazu, dass die Lebenshaltungskosten in Luanda astronomisch sind… wie übrigens auch die Gehälter der portugiesischen Fachkräfte.

Landschaftsplanerin Inês Norton kam vor Kurzem nach Angola. Ihrer Meinung nach gibt es “eine Verbindung zwischen den Problemen auf dem portugiesischen Arbeitsmarkt und der Tatsache, dass viele Portugiesen nach Angola auswandern, um dort zu arbeiten. Wir Portugiesen fühlen uns Angola nahe: Wir sprechen dieselbe Sprache. Hier verdienen wir doppelt oder dreifach soviel wie bei uns daheim.”

Der portugiesische Baukonzern Teixeira Duarte baut das neue Parlament Angolas: ein Multi-Millionen-Vertrag.

China ist ebenfalls gut im Geschäft: angolanisches Öl im Tausch gegen den Bau gigantischer Trabantenstädte… wie Kilamba, in der Nähe Luandas, eine Schlafsiedlung für 500.000 Menschen.

Sollte Angola Ernst machen mit seinen kaum verhüllten Drohungen, hätte das ernsthafte Folgen für Portugal. Wirtschaftswissenschaftler Manuel Alves da Rocha erklärt, “der Wert der portugiesischen Exporte nach Angola beläuft sich auf drei bis vier Milliarden Euro jährlich. Und was die Geldsendungen portugiesischer Arbeitsmigranten zurück in ihr Heimatland betrifft, so liegen die bei 1,3 bis 1,4 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Diese Zahlen haben durchaus ihr Gewicht für ein Land wie Portugal, das mitten in einer wirtschaftlichen und sozialen Krise steckt.”

Angola wurde 1975 unabhängig, die meisten Portugiesen verliessen das Land. Die Krise bringt sie nun zurück. Wie Isabel. Sie musste ihr Blumengeschäft in Lissabon schließen. Dann erhielt sie den Anruf einer früheren angolanischen Kundin. Mit dieser Einladung in der Tasche wagten Mutter und Tochter den Sprung ins Unbekannte.

Carolina Silva gibt zu Bedenken, “du musst vorher alles gut organisieren, noch bevor du die Koffer packst. Man muss sich unbedingt frühzeitig um eine bezahlbare Bleibe kümmern, beispielsweise. Immobilien sind hier extrem teuer in Luanda, die Lebenshaltungskosten sind astronomisch. Man muss darauf achten, was man im Geldbeutel hat, und nicht alles ausgeben. Als Auswanderer will man ja normalerweise was auf die hohe Kante legen, damit man was zurückschicken kann nach Portugal. Deshalb wandern wir ja aus in ein wirtschaftlich stabileres Land…”

Hier auf dem Sonangol-Gelände organisiert Carlos rauschende Feste für Politiker und Firmenbosse. Er erklärt mir die goldene Regel: Wer Geschäftspartner zusammenbringt, bekommt zehn Prozent. Und wer ans ganz dicke Geld will, der muss das Vertrauen der Elite genießen… “Du brauchst einfach nur den richtigen Geschäftspartner. Dann kommst Du auf den Wachstumspfad und wirst dort bleiben… lange,” verpsricht Carlos. “Du wirst Geld verdienen, denn deshalb sind wir ja hier: um Geld zu verdienen, es geht ums Geld. Um sonst nichts. Ums Geld. Du kommst hierher, um Geld zu machen.”

Zwei Drittel der Menschen muss mit weniger als zwei Euro täglich auskommen.
Die Lebenserwartung liegt bei 51 Jahren.
Angola gilt als eines der korruptesten Länder weltweit.
Zwar kündigte der Präsident vor Jahren eine Anti-Korruptionskampagne an…
Doch änderte das wenig.
Immer noch ist das Land geteilt:
Der großen Masse der Armen… stehen wenige Superreiche gegenüber. “Wir haben es hier mit Folgendem zu tun: Kein EINZIGER Korruptionsfall schaffte es durch alle Instanzen bis hin zur rechtskräftigen Verurteilung… Zugleich entstand hier in Angola eine Klasse der Superreichen. Der Umfang dieser Vermögen ist schwer zu erklären angesichts der kurzen Zeitspanne, in der sie angehäuft wurden,” meint Wirtschaftswissenschaftler Manuel Alves da Rocha.

Im Yachtclub treffen wir drei Freunde: Pedro aus Portugal, Joelson arbeitet bei der Feuerwehr und Filipe ist Seemann. Das Trio träumt einen gemeinsamen Traum: Pedro bildet seine angolanischen Partner zu Tauchlehrern aus, dann wollen sie überall an der Küste Tauchschulen eröffnen.

Was ist Euer Tip für gute Zusammenarbeit zwischen Portugiesen und Angolanern?

Joelson Contreiras Samuel sagt: “Pedro tritt bescheiden auf, er hat einen umgänglichen Charakter. Das ist einer der Gründe, warum wir ganz gut miteinander auskommen. Im Allgemeinen verstehen sich Portugiesen und Angolaner ganz gut. Der Beweis: Wir tauchen zusammen – und es klappt.”

Pedro Freixa fügt hinzu: “Was uns verbindet, sind gemeinsame Werte wie: Respekt, Bescheidenheit, Teamarbeit und eine Leidenschaft: wir lieben die Natur und das Tauchen…”

Joelson bleibt gelassen. Er meint, “dieser politische Streit hat keine Auswirkungen auf unser Geschäft: Tauchen ist Tauchen.”

Haben die Beziehungen zwischen Lissabon und Luanda nun endgültig Schiffbruch erlitten?
Ach ja: Es gibt Neuigkeiten: Die portugiesische Justiz hat die meisten Geldwäsche-Ermittlungen gegen Angolas Elite eingestellt…

Wenn Sie das vollständige Interview mit dem Wirtschaftswissenschaftler Manuel Alves da Rocha (in portugiesisch) sehen wollen, klicken Sie bitte hier

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