Nobelpreisträger Pissarides: Europas Sozialmodell bewahren

Nobelpreisträger Pissarides: Europas Sozialmodell bewahren
Von Efi Koutsokosta
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Ein Kongress in Brüssel befasst sich mit der Zukunft der Arbeit - Nobelpreisträger Pissarides ruft dort zur Bewahrung des europäischen Sozialmodells auf

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Proteste in Griechenland, Proteste in Frankreich, Proteste in Belgien - in den vergangenen Jahren gingen immer wieder Menschen auf die Straße, um gegen soziale Ungleichheit, bessere Wohlstandsverteilung und einen gerechteren Lastenausgleich zu demonstrieren.

Zugleich, angetrieben vom ungelösten Immigrationsproblem, erstarkte der politische Extremismus.

Besonders betroffen: Griechenland.

Die Folgen der Finanzkrise sind hier immer noch zu spüren.

Es sei schwierig, auszugehen oder sich etwas zu leisten, wenn die Einkommen nur gerade für das Nötigste reichen, sagt eine Griechin.

Europa müsse das Land unterstützen, nicht nur mit Geld, sondern auch mit der Schaffung von Chancen auf ein besseres Leben, meint sie.

Auf der anderen Seite eine Frau aus Ungarn, die aus einem Land mit offiziell geringer Arbeitslosigkeit kommt.

Tatsächlich gebe es große Probleme.

Die Regierung habe die Statistiken mit öffentlichen Arbeitsprogrammen nur geschönt, viele hätten das Land verlassen.

Beim Brüsseler Wirtschaftsforum zeigte sich der britisch-zyprische Nobelpreisträger Christopher Pissarides von der London School of Economics pessimistisch, dass die EU ihre Arbeitsmärkte harmonisieren und das Nord-Süd-Gefälle überwinden kann - am Beispiel Deutschland.

Es gebe in Deutschland mehr umweltfreundliche Solarkollektoren als in Südeuropa, Kollektoren von deutschen Firmen gebaut. Die Frage sei nun, warum diese Firmen nicht Solarparks etwa auf einer griechischen Insel oder auf Sizilien errichten, wo es mehr Sonne gebe.

Die Antwort sei, große Unternehmen zögen es vor in ihren nationalen Grenzen zu operieren, anstatt Europa als ihre Grenzen zu betrachten.

Solange sich dies nicht ändere, würden sich die Märkte nicht harmonisieren.

Ist das europäische Sozialmodell bedroht? Pissarides befürchtet: ja.

"Ich würde zunächst an die Vorteile denken, die dieses Modell den Bürgern gibt.

Und dann denke ich an die Steuern, die dafür erhöht werden müssen. Die Politiker sollten nicht das Gegenteil behaupten und dann in Panik verfallen und verzweifelt nach Kürzungsmöglichkeiten suchen.

Das wäre der völlig falsche Weg, der aber leider immer wieder beschritten wird. Wir müssen sehr aufpassen, dass wir dieses europäische Sozialmodell bewahren, denn das ist Europas Identität."

Journalist • Stefan Grobe

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