Boris Johnsons Zeit in Brüssel: "Viel Kommentar, kaum Fakten"

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Von Ana LAZARO
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Boris Johnson war Zeitungskorrespondent in Brüssel. Kollegen erinnern sich

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Boris Johnson kennt Brüssel besser als Sie glauben. Von 1989 bis 1994 arbeitete er hier als Korrespondent für den Daily Telegraph.

Fakten sind heilig, Kommentar umsonst

Manche glauben, seine Anti-Brüssel-Berichte trugen erheblich dazu bei, in der britischen Öffentlichkeit ein Anti-Europa-Bild zu formen. Wir sprachen mit dem französischen Journalisten Quentin Dickinston von Radio France International, der damals im Presseraum zu Johnsons Kollegen gehörte:

"In diesem Beruf muss man seriös sein. Natürlich sind Humor und Ironie nicht verboten, aber man muss die Fakten beherrschen. Fakten sind heilig, Kommentar ist umsonst, wie man so sagt. In Boris Johnsons Arbeit gab es reichlich Kommentar und sehr wenige Fakten. Und das hat sich nicht geändert, als er in die Politik ging."

"Vorliebe für Manipulation"

Im Presseraum stellte Johnson bisweilen eine Frage. Bruno Dethomas war damals Sprecher der EU-Kommission. Er erinnert sich noch heute an Johnsons Stil - und an seine Art des Journalismus.

"Ich erinnere mich gut an Boris Johnson, seinen Blondschopf, seine Jungenhaftigkeit, aber auch an seine Intelligenz, seinen Charme und seine Vorliebe für Manipulation."

Gleich gegenüber von der EU-Kommission ist die Kneipe Old Hack Pub, damals wie heute Treffpunkt britischer Korrespondenten. Eigentümer Denis Newson war früher selbst Journalist beim Boulevard-Blatt Daily Mirror. Er erinnert sich, wie selbst die seriösesten Zeitungen gezwungen waren, auf Johnsons Berichte zu reagieren.

Johnson, der Boulevard-Journalist

"Johnson war ein Boulevard-Journalist. Mehrfach geriet er mit seriöseren Leute vom Guardian aneinander. Da war eine große Rivalität. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass er damals anti-europäisch gewesen wäre."

Vielleicht. Aber Johnson war eifrig, wenn es darum ging, seinem Publikum zu erklären, warum die EU eine Bedrohung für die britischen Souveränität darstellte.

Und das war dann die Saat, die viel später geerntet wurde.

Journalist • Stefan Grobe

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