Virtueller EU-Krisengipfel: Alle gegen Ungarn und Polen

Virtueller EU-Krisengipfel: Alle gegen Ungarn und Polen
Copyright Olivier Matthys/Copyright 2020 The Associated Press.
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Von Stefan Grobe
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Um eine konstitutionelle Krise abzuwenden, haben sich die Spitzen der EU per Videokonferenz getroffen, um den Widerstand Warschaus und Budapests gegen den EU-Haushalt und das Coronavirus-Rettungspaket zu brechen.

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Vor dem Hintergrund einer drohenden konstitutionellen Krise sind die Spitzen der EU zu einem virtuellen Gipfel zusammen gekommen. Schwerpunkte waren das dringend benötigte Coronavirus-Rettungspaket sowie der langfristige EU-Haushalt. Beides wird von Ungarn und Polen blockiert, da beide Länder den im Juli beschlossenen Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus ablehnen.

Nach der virtuellen Konferenz erklärte Angela Merkel, dass die deutsche Ratspräsidentschaft weiter mit Ungarn und Polen verhandeln wolle.

Durch den Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus wird die Auszahlung von EU-Geldern von der Respektierung rechtstaatlicher Grundwerte abhängig gemacht. Ungarn und Polen fühlen sich dabei im Visier Brüssels.

Im Juli sei von den Staats- und Regierungschefs eine Einigung gefunden worden, so der ungarische Abgeordnete Balázs Hidvéghi von der populistischen Regierungspartei Fidesz.

Diese Einigung sollte der europäischen Wirtschaft und den europäischen Bürgern dienen, die unter der Pandemie stark zu leiden hätten. Dabei sei deutlich gesagt worden, dass die finanziellen Interessen der EU geschützt werden müssten. Darüber gebe es keinen Streit. Doch die Rechtsstaatlichkeit, die nicht klar definiert sei, sei eine ideologische Waffe, die von einer Seite missbraucht werde. Das sollte nicht mit dem Funktionieren der EU verbunden werden.

Aber ungarische Oppositionspolitiker machen geltend, dass diese Haltung nicht von allen geteilt werde. Es sei wichtig zu unterstreichen, dass der Rechtsstaatlichkeits-Mechanimus von 70 Prozent der ungarischen Bevölkerung unterstützt werde, so die Abgeordntete Katalin Cseh. Ungarische Unternehmen und Gemeinden bräuchten die Mittel aus dem Rettungspaket und dem Haushalt. Die Welt müsse begreifen, dass Viktor Orban nicht mit Ungarn gleichzusetzen sei. Tatsächlich gebe es erhebliche Unterstützung für rechtsstaatliche Prinzipien und für den EU-Haushalt in Ungarn.

In der EU mehren sich die Stimmen, die für eine harte Haltung gegenüber Ungarn und Polen eintreten.

Wenn man Mitglied der Europäischen Union sein wolle, müsse man die Rechtsstaatlichkeit respektieren, meint der Staatsrechtler Alberto Alemanno. Und das bedeute eine unabhängige Justiz und Pressefreiheit. In beiden Ländern habe es seit langem Verstöße gegen diese Prinzipien gegeben, die von zahlreichen Institutionen kritisiert worden seien. Es sei daher nicht länger zu akzeptieren, dass Länder wie Ungarn und Polen der EU angehörten und EU-Gelder kassierten und keinen Respekt für die Rechtstaatlichkeit aufbrächten.

Die Hoffnungen, dass der virtuelle Gipfel einen Ausweg aus der Sackgasse finden würde, waren gering. Zumal der umstrittene Mechanismus die Rechtsstaatsprobleme nicht lösen dürfte.

Doch angesichts der tickenden Uhr und der sich anbahnenden Rezession in Europa glaubt der Rest der EU, ein Druckmittel gegen Ungarn und Polen zu haben.

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