State of the Union - Slowenien übernimmt den Staffelstab

State of the Union - Slowenien übernimmt den Staffelstab
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Von Méabh Mc Mahon
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Eine Handvoll Europaabgeordneter hat die Forderung an die Europäische Kommission geschickt, EU-Gelder für Slowenien auszusetzen. Slowenien weigert sich, Kandidaten für die neue europäische Staatsanwaltschaft zu benennen. Sie befürchten, europäische Werte würden in Slowenien nicht geachtet.

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Portugal hat den Staffelstab an Slowenien weitergegeben, das nun die nächsten sechs Monate die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehaben wird. Ob Portugal Tipps hat für Slowenien, das nun über die wirtschaftliche Erholung, die grüne und die digitale Transformation wacht?

Ich gebe keine Ratschläge. Ich habe gerade meinem Kollegen Janez Janša, dem slowenischen Ministerpräsidenten, einen Kompass geschenkt, wie sie früher von portugiesischen Seefahrern benutzt wurden. Ein Navigationsinstrument ist immer nützlich.
António Costa
Portugiesischer Ministerpräsident

Auch Slowenien sagt, Rechtsstaatlichkeit habe Priorität. Die Frage aber ist, ob sie auch praktizieren was sie predigen. Eine Handvoll Europaabgeordneter hat diese Woche einen Brief mit der Forderung an die Europäische Kommission geschickt, EU-Gelder für Slowenien auszusetzen, weil es sich weigert, Kandidat:Innen für die neue europäische Staatsanwaltschaft zu benennen. Sie befürchten, europäische Werte würden in Slowenien nicht geachtet, Medien und Justiz würden "behindert". 

Jetzt genießt Slowenien ersteinmal die Aufmerksamkeit und begrüßte in Ljubljana EU-Kommissare, Journalisten und Europaabgeordnete, von denen viele das erste Mal ihr digitales Covid19-Reisezertifikat nutzen konnten, das am 1. Juli in Kraft getreten ist.

Ein großer Fan dieses Reisezertifikats ist Ryanair-Chef Michael O´ Leary. Er sagt, Irland sei in Europa zum Gespött geworden, weil es "den Aufschwung schlecht gemanagt" habe. Er hoffe aber, dass es allen EU-Länder bald wieder gleich gut gehe.

Wir müssen in Europa aufhören, dass einzelne Länder dumme oder unwirksame Vorschriften erlassen. Wir haben jetzt das digitale Covid-Zertifikat, mit dem jeder reisen kann, geimpft oder mit einem negativen PCR-Test, und das sollte den Deutschen genug Sicherheit geben. Frau Merkels Plan, Reisende aus Großbritannien in eine zweiwöchige Quarantäne zu schicken, machte keinen Sinn: das Vereinigte Königreich ist das Land mit der höchsten Impfquote in Europa.
Michael O´ Leary
Ryanairchef

Großbritannien ist ein weiteres Thema, dem Slowenien Aufmerksamkeit schenken muss, den Gesprächen über das Nordirland-Protokoll. Obwohl das Brexit-Referendum mehr als fünf Jahre her ist und der Brexit erst vor sechs Monaten wirklich in Kraft getreten ist, vollzogen ist er noch lange nicht. Diese Woche gewährte die EU eine dreimonatige Verlängerung der Schonfrist für Kontrollen von gekühltem Fleisch. Das beduetet, Supermärkte in Nordirland können wieder auf dem britischen Festland produzierte Würste und Hackfleisch anbieten.

Der für den Brexit zuständigen EU-Kommissar Maros Sefcovic ist es eine Geste, allerdings eine mit einem kleinen Haken.

Wir stellen keine Blankoschecks aus. Diese Lösung ist zeitlich begrenzt und an starke Bedingungen geknüpft.
Maroš Šefčovič
Vizepräsident der EU-Kommission und Kommissar für Interinstitutionelle Beziehungen

Es könnte sein, dass solche Gnadenfristen noch bei weiteren Übergangsthemen notwendig werden. Eines aber zeigen solche holprigen Übergänge - das sind die realen Auswirkungen des Brexit und seinen Folgen vor Ort. Fabian Zuleg vom European Policy Centre ordnet ein:

Natürlich haben diese Gnadenfristen, diese Verlängerungen geholfen haben, die Folgen abzufedern, aber wir sehen jetzt in vielen Bereichen die wirklichen Auswirkungen des Brexit, was er mit dem Handel macht, was er mit den Menschen macht, mit der Migration, und das wird sich fortsetzen.
Fabian Zuleg
European Policy Centre

EU-Bürger in Großbritannien

Konkret trifft der Brexit auch Millionen EU-Bürger im Vereinigten Königreich... diese Woche lief die Frist aus, zu der sie ihren Aufenthaltsstatus beantragen mussten. Für viele ist das eine echte Herausforderung, denn viele haben nicht einmal eine E-Mail-Adresse, der gesamte Prozess aber digitalisiert ist.

Dr. Dora-Olivia Vicol ist Anthropologin, arbeitet im Gebiet der Beschäftigungsgerechtigkeit und ist Gründerin der Organisation Work Rights Centre

euronews: Eine sehr wichtige Frage für unsere Zuschauer und für viele Menschen, die Familie und Freunde in Großbritannien haben ist die Sorge über die Nachrichten dieser Woche. Was genau bedeutet diese Niederlassungsregelung, der Settlement Status, und welche Rechte sind damit verbunden?

Dr. Dora-Olivia Vicol: Der EU-Niederlassungsstatus wurde eingeführt, um die Rechte von EU-Bürgern zu schützen, die vor dem Ende der Freizügigkeit nach Großbritannien gekommen sind. Also zum Schutz ihrer und der Rechte ihrer engen Familienangehörigen. Das betrifft alles, von der Einreise über den Aufenthalt bis hin zum Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, Arbeit oder Miete.

euronews: Praktisch klingt das gut, die Bewerbungsfrist ist letzten Donnerstag, am 1. Juli abgelaufen. Ich vermute mal, dass es viele Leute nicht in der Frist geschafft haben, alles entsprechend einzureichen.

Dr. Dora-Olivia Vicol: So ist es. Ich bin in Sorge, dass das Verfahren Illegale erst erzeugt. Wir haben von vielen Menschen gehört, die Schwierigkeiten mit dem Prozess haben, und mein Team hat rund um die Uhr gearbeitet, um den Leuten bei der Bewerbung zu helfen, bis kurz vor die Deadline. Wir sind sehr besorgt, dass sich viele Leute nicht angemeldet haben, und dass selbst Menschen, die sich beworben haben, ihren Status nicht nachweisen können, weil es rein digital abläuft. Manchmal verstehen sie es einfach nicht, oder das System selbst ist fehlerhaft.

euronews: Ich schätze, die große Frage ist, ob man sich noch bewerben kann, selbst wenn man die Frist verpasst hat. Das dürften einige sein, ist es für sie zu spät?

Dr. Dora-Olivia Vicol: Selbstverständlich sollten sie sich bewerben, aber es ist kompliziert. Das Innenministerium sagt klar, es gäbe einen Ermessensspielraum, und es gibt eine Reihe von akzeptablen Gründen für Verzögerungen. Antragsteller müssen begründen, warum sie verspätet sind. Akzeptable Gründe sind für das Innenministerium zum Beispiel Krankheit, oder man ist Opfer von Missbrauch oder moderner Sklaverei.

Zu guter letzt, Wissenschaftler sind noch immer verärgert, dass die Euro 2020 in vollen Stadien stattfindet. Angesichts der Zahl von Covid-Fällen, die mit den Spielen in Verbindung gebracht werden, lacht der ganze Kontinent. In Belgien jedenfalls haben die Fans jede Minute genossen, und Brüssel als Heimat so vieler Nationalitäten ganz besonders.

Zur guten Stimmung in Belgien trägt ausserdem bei, das ¾ der Belgier über 18 ihre Erstimpfung haben, 42 Prozent sind vollständig geimpft. Ein Grund zum Jubeln, mit einer gewissen Vorsicht natürlich in Anbetracht dessen, wie sich die Delta-Variante in Europa ausbreitet.

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