Kinderschutz vs. Datenschutz - EU-Parlament will ein Gleichgewicht

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Von Christopher Pitchers
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Mit den EU-weiten neuen Datenschutzregeln von Ende 2020 hörten Online-Unternehmen auf, Inhalte mit dem sexuellen Mißbrauch von Kindern den Behörden zu melden - aus Angst, die Firmen könnten gegen das Gesetz verstoßen. Jetzt verabschiedete das Europäische Parlament neue Regeln.

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"Es wird mein Leben zerstören. Ich will sterben. Ich habe schon einmal versucht, mir das Leben zu nehmen. Bitte nicht noch einmal."

Worte eines im Internet sexuell mißbrauchten Kindes, gesprochen von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Ein Thema, das häufig unausgesprochen bleibt. Die Mehrheit der Fälle aus dem laufenden Jahr kam zudem nie ans Licht.

Denn mit den EU-weiten neuen Datenschutzregeln von Ende 2020 hörten die führenden Online-Unternehmen auf, Inhalte mit dem sexuellen Mißbrauch von Kindern den Behörden zu melden - aus Angst, die Firmen könnten gegen das Gesetz verstoßen.

Doch in dieser Woche verabschiedete das Europäische Parlament neue Regeln, die es den Online-Firmen weiterhin erlaubt, diese kriminellen Inhalte aufzuspüren und zu melden. Eine Option, die die Unternehmen freiwillig nutzen können. Verdächtigen Inhalten auf der Spur zu sein, ist also trotz Datenschutzes nicht strafbar.

Mit technologischer Hilfe könnten nicht nur bekannte Inhalte von Kindesmißhandlung entdeckt werden, sondern auch neue Quellen, dazu gehöre das Scannen von Texten, so der spanische Abgeordnete Javier Zarzalejos. Das sei ein bahnbrechender neuer Schritt.

Die neuen Regeln beziehen sich ausdrücklich nicht auf Telefongespräche. Datenschützern reicht das indes nicht aus. Ihnen gehen die nun beschlossenen gesetzlichen Möglichkeiten zu weit. Innenkommissarin Johansson wiegelt jedoch ab.

Die Datenkontrolle zur Aufdeckung von sexueller Kindesmißhandlung im Internet erlaube nur das, was notwendig sei, sagt sie. Dieses Verfahren müsse zudem unter menschlicher Aufsicht und Überprübarkeit stehen. Dies sei dem Parlament wichtig gewesen. Außerdem müssten die Online-Unternehmen den nationalen Datenschutzämtern mitteilen, wenn sie die entsprechenden Technologien zum Aufspüren kriminellen Materials nutzten.

Vertreter von Kinderrechtsorganisationen zeigten sich mit dem Gleichgewicht von Kinderschutz und Datenschutz zufrieden. Allerdings bemägeln sie das ihrer Meinung nach zu lange gesetzliche Verfahren. Das Gesetz werde beiden Seiten gerecht, sagt Aagje Leven von Missing Children Europe. Bedauerlicherweise habe es lange gedauert. In den vergangenen sechs Monate seien Mißbrauchsfälle nicht aufgespürt worden. Doch jede einzelne Kindesmißhandlung sei eine zu viel.

Die neuen Maßnahmen gelten zunächst für drei Jahre. Doch die Kommission arbeitet bereits an einer permanenten Direktive, die Ende des Jahres kommen könne. Innenkommissarin Johansson deutete sogar die Möglichkeit an, das Aufspüren illegalen Materials zur Verpflichtung zu machen.

Journalist • Stefan Grobe

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