Heimlich, still und leise: Ungarn wieder im EU-Impfpool

Heimlich, still und leise: Ungarn wieder im EU-Impfpool
Copyright Laszlo Balogh/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved.
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Von Sandor Zsiros
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Ohne öffentlichen Aufhebens ist Ungarn wieder dem EU-Impfpool beigetreten, obwohl es noch vor Monaten die Vereinbarung als unnötig bezeichnet hatte. Ungarn optierte am Ende doch für eine Teilnahme des dritten Impfstoff-Anschaffungsprogramms mit BioNTech-Pfizer.

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Ohne öffentlichen Aufhebens ist Ungarn wieder dem EU-Impfpool beigetreten, obwohl es noch vor Monaten die Vereinbarung als unnötig bezeichnet hatte. Wie ein Sprecher der EU-Kommission gegenüber Euronews bestätigte, optierte Ungarn für eine Teilnahme des dritten Impfstoff-Anschaffungsprogramms mit BioNTech-Pfizer.

Dieser Schritt war für Beobachter in Brüssel eine Überraschung, hatte die Regierung in Budapest doch noch im Mai signalisiert, dass das Land keine weiteren Impfstoffe von der EU brauche. Doch jüngst gerieten die Behörden angesichts der gestiegenen Impfnachfrage in die Defensive. Vor allem wegen zusätzlicher Dosen für Kinder kann Budapest die Nachfrage nicht länger allein befriedigen. Länder, die nicht am Impfstoff-Anschaffungsprogramm teilnehmen, riskieren bei künftigen Lieferungen leer auszugehen.

Ministerpräsident Viktor Orban kündigte in seinem regulären Radiointerview am Freitagmorgen an, dass die ersten Impfstoff-Lieferungen für fünf- bis elfjährige Kinder am 20. Dezember Ungarn erreichen werden. Die Ampullen enthalten ein Drittel der Dosen für Erwachsene, die aktive Substanz ist die gleiche. Laut Orban habe Ungarn den Zugriff auf rund zwei Millionen Impfstoffe.

Die Ankündigung Orbans war eine Überraschung, denn derzeit sind nur die Impfstoffe von BioNTech-Pfizer für die Impfung von Kindern zugelassen. Ungarn war aber im Mai der gemeinsamen EU-Anschaffung von Impfstoffen des deutsch-amerikanischen Produzenten demonstrativ ferngeblieben - als einziges EU-Land. Zur Begründung hatte es geheißen, Ungarn habe selbst ausreichend Impfstoffe gelagert und brauche keine Hilfe der EU. Außerdem klagte Budapest, die BioNTech-Pfizer-Impfstoffe seien überteuert. Stattdessen ist Ungarn das einzige EU-Mitglied, das auch auf den chinesischen Hersteller Sinopharm und den russischen Sputnik V vertraute.

Das im Mai vereinbarte - und immer noch geltende - Anschaffungsprogramm der EU sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten bis 2023 Optionen auf insgesamt 1,8 Milliarden Dosen von BioNTech-Pfizer erhalten. Dazu gehören auch die speziell für Kinder entwickelten Ampullen. Darüber war die ungarische Regierung indes schon vor Monaten informiert.

Am Ende gab Budapest klein bei und gesellte sich wieder zu allen anderen EU-Staaten. Auf eine schriftliche Anfrage von Euronews bestütigte Kommissionssprecher Stefan De Keersmaecker diesen Sachverhalt. Für weitere Details "kontaktieren Sie bitte die ungarischen Behörden."

Nach Euronews-Informationen bat die ungarische Regierung bereits im September, dem gemeinsamen Anschaffungsprogramm doch noch beizutreten. Dieser Bitte wurde von Brüssel und den übrigen Mitgliedsstaaten im Europäischen Rat stattgegeben. Ungarn kann nun also doch Impfstoffe von BioNTech-Pfizer beziehen. Wie viele Dosen Budapest bestellte, war zunächst nicht klar. Auf eine Anfrage von Euronews verwies das zuständige ungarische Ministerium lediglich auf die Radio-Erklärung von Viktor Orban.

Journalist • Stefan Grobe

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