EU-Korruptionsskandal: Tarabellas Anwalt stellt Befangenheitsantrag gegen Ermittlungsrichter

Der belgische EU-Abgeordnete Marc Tarabella, eine der Haupt-Figuren im Korruptionsskandal
Der belgische EU-Abgeordnete Marc Tarabella, eine der Haupt-Figuren im Korruptionsskandal Copyright European Union, 2021.
Von Stefan GrobeJorge Liboreiro
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Der Anwalt des in den Korruptionsskandal verwickelten Europaabgeordneten Marc Tarabella hat die Entlassung des belgischen Ermittlungsrichters beantragt, der die Untersuchung des Cash-for-Favours-Systems leitet, bei dem es um angebliche Barzahlungen aus Katar und Marokko geht.

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Der Anwalt des in den Korruptionsskandal verwickelten Europaabgeordneten Marc Tarabella hat die Entlassung des belgischen Ermittlungsrichters beantragt, der die Untersuchung des Cash-for-Favours-Systems leitet, bei dem es um angebliche Barzahlungen aus Katar und Marokko geht, um das Europäische Parlament zu beeinflussen.

Tarabella, der früher der sozialistischen Fraktion des Parlaments angehörte, wurde letzte Woche festgenommen und wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Korruption und Geldwäsche angeklagt.

Sein Anwalt Maxim Töller behauptet, der Ermittlungsrichter Michel Claise sei voreingenommen und habe gegen Tarabellas Unschuldsvermutung verstoßen, indem er annahm, Tarabella habe seine politischen Positionen zu Katar geändert, nachdem die angeblichen Bestechungen begonnen hatten.

Katar und Marokko haben jegliches Fehlverhalten energisch bestritten.

„Der Richter (Michel Claise) scheint die strittigen Tatsachen, die Gegenstand der von ihm geleiteten Ermittlungen sind, offensichtlich als selbstverständlich anzusehen. Das ist ein Problem“, sagte Töller in einer Erklärung, die Euronews vorliegt.

„Der Ermittlungsrichter hat keine Finanzanalyse durchgeführt, was ziemlich beunruhigend ist."

Tarabella, der bis vor kurzem Teil der parlamentarischen Delegation für die Beziehungen zur Arabischen Halbinsel war, hielt im November eine kurze Rede, in der er die Arbeitsreformen Katars im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft verteidigte und den „einseitigen negativen Diskurs“ gegen das Golfland kritisierte.

Im folgenden Monat stimmte er für eine Befreiung von der Visumpflicht für katarische und kuwaitische Bürger, ein Dossier, das seitdem auf Eis gelegt wurde.

Später stellte sich heraus, dass Tarabella eine Arbeitsreise, die er 2020 nach Katar unternahm, nicht gemeldet hatte.

In seiner Erklärung sagte Töller, dass keiner dieser Tatsachen ein Beweis für Korruption sei und betonte, dass Tarabella die Arbeit von Menschenrechtsgruppen seit langem unterstütze.

„Dennoch kann der Richter in diesem Stadium auf jeden Fall solche Vorurteile über die Schuld des Beschwerdeführers nicht hegen und teilen. Seine Rolle muss es sein, absolute Unparteilichkeit zu wahren und die Waage der Gerechtigkeit zwischen allen Parteien gleich zu halten, mit dem einzigen Ziel, die Wahrheit zu finden", sagte Töller.

 „Offensichtlich ist dies nicht mehr der Fall. Es besteht ein starker Verdacht der Befangenheit des Ermittlungsrichters, der ihn zur Erfüllung seines Auftrags ungeeignet macht."

Die belgische Bundesanwaltschaft wollte sich zu den Vorwürfen Töllers nicht äußern. 

Das Büro sagte, der Antrag werde von einem separaten Richter analysiert und könne vor einem Berufungsgericht landen.

Michel Claise bleibt vorerst der leitende Ermittlungsrichter, sagte ein Sprecher gegenüber Euronews. Seine Erkenntnisse werden dann der Staatsanwaltschaft zur Fortsetzung des Rechtsverfahrens übergeben.

Ermittlungen weiten sich weiter aus

Tarabella ist nach der griechischen Europaabgeordneten Eva Kaili, ihrem Lebensgefährten Francesco Giorgi, dem ehemaligen Europaabgeordneten Pier Antonio Panzeri und dem NGO-Direktor Niccolò Figà-Talamanca die fünfte Person, die im Rahmen der erweiterten Ermittlungen festgenommen und strafrechtlich angeklagt wurde.

Kaili, Giorgi und Panzeri sind immer noch im Gefängnis, während Figà-Talamanca freigelassen wurde.

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Panzeri hat mit den belgischen Behörden einen Plädoyer-Deal unterzeichnet, in dem er seine Beteiligung an Bestechung zugibt und sich verpflichtet, „enthüllende" Details über das Cash-for-Favour-Programm zu teilen.

Belgischen Medien zufolge hat Panzeri gestanden, Tarabella 120.000 Euro in bar in mehreren Raten im Zusammenhang mit der Arbeit des letzteren zu Fragen zu Katar übergeben zu haben – eine Behauptung, die von Tarabellas Anwalt entschieden zurückgewiesen wurde.

Ein weiterer sozialistischer Abgeordneter, Andrea Cozzolino, wurde letzte Woche in Italien festgenommen und kämpft nun gegen einen Auslieferungsbefehl.

Die Polizeieinsätze bei Tarabella und Cozzolino wurden erst möglich, nachdem das EU-Parlament Anfang dieses Monats mit großer Mehrheit für die Aufhebung ihrer parlamentarischen Immunität gestimmt hatten, die sie vor Inhaftierung und Strafverfahren schützt.

Die Festnahme von Eva Kaili erforderte diesen Schritt nicht, da sie Berichten zufolge auf frischer Tat ertappt wurde, der einzige Fall, der die automatische Aufhebung der Immunität auslöst.

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