Wie Forscher mit einem Videospiel gegen Demenz kämpfen

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Von Euronews
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Fast zweieinhalb Millionen Menschen haben bereits "Sea Hero Quest" gespielt: Gefragt ist unter anderem ein guter Orientierungssinn.

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Auf den ersten Blick ist es nur ein Videospiel – doch mit Sea Hero Quest wird zugleich die Demenzforschung vorangebracht. Gefragt sind ein guter Orientierungssinn, Geschicklichkeit und die passende Navigationsstrategie.

Fast zweieinhalb Millionen Menschen haben sich dieser Herausforderung bereits gestellt und der Wissenschaft nebenbei riesige Datenmengen verschafft.

Hugo Spiers, Neurowissenschaftler am University College in London, erläutert: “Die Spieler steuern ein kleines Boot: Sie fahren auf einem Fluss entlang und müssen dann eine Leuchtrakete zum Ausgangspunkt zurückschießen. Es geht also um den Orientierungssinn: Wo kam ich gleich noch mal her? Und es wird die Genauigkeit mit Hilfe von acht Fragen gemessen. Wer das gut kann, beantwortet alle richtig und wer damit Schwierigkeiten hat, begeht hier Fehler. Die Leute geben ihr Alter an und durch die Altersangaben und ihre Leistungen können wir herausfinden, ob sich die Leistung mit zunehmendem Alter ändert. Wir erkennen, dass die Spieler umso genauer sind, je jünger sie sind.”

Die Geschichte, die mit dem Videospiel erzählt wird, handelt von einem Kapitän, der einst mit seinem Sohn über die Weltmeere segelte, mittlerweile aber immer mal wieder Erinnerungslücken hat. Der Sohn will dem alten Seebären helfen, die Erlebnisse von einst aufleben zu lassen. Hinter der Geschichte steckt ein konkreter Forschungsansatz:

“Wenn ein Diagnoseinstrument entwickelt worden ist, können die Mediziner durch einen Test erkennen, wie gut der Orientierungssinn eines Menschen ist. Sie können das dann mit den Ergebnissen von 2,4 Millionen Menschen vergleichen, um sagen zu können, wie der Orientierungssinn der Person einzuschätzen ist: Ob sie sehr gut abschneidet oder mit ihrer Leistung eher am unteren Rand einzuordnen ist”, so Spiers.

Um sicher durch die Hindernisse und Unwägbarkeiten des Spiels zu navigieren, wird gewissermaßen vor dem inneren Auge eine Karte gezeichnet. Das geschieht in einem Abschnitt des Gehirns, dessen Leistungsfähigkeit bei Demenzkranken oft zuallererst zurückgeht. Mit jedem Spieler wächst die größte Demenzstudie der Welt ein wenig weiter.

“Dass Zehntausende dieses Spiel nutzen, bringt die Forschung voran. Solche Datenmengen zu gewinnen, wie es durch das Spiel geschieht, würde im Labor Hunderte von Jahren dauern. Es ist ganz wichtig, dass es hier um Forschung geht, denn nur die Forschung kann eine Behandlungsmethode hervorbringen”, so Hilary Evans, Leiterin von “Alzheimer’s Research”.

Die Forscher betonen, das Videospiel diene nicht dazu, Demenz zu diagnostizieren. Der hier besonders geforderte Orientierungssinn sei letztlich nur eine Komponente – aber eben eine wichtige.

Spiers sagt: “Das ist eine Information von vielen, die Medizinern helfen können, eine Diagnose zu stellen. Es ist das erste bekannte Alzheimer-Symptom. Die Patienten sagen: Ich wusste nicht, dass ich meinen Orientierungssinn verloren habe. Es ist für die Mediziner von großem Nutzen, wenn sie ein Messinstrument haben, um festzustellen, wie jemand in dieser Hinsicht abschneidet.”

Nach Angaben des University Colleges in London umfasst die zweitgrößte vergleichbare Studie eine Stichprobe von 599 Personen – ein Bruchteil der 2,4 Millionen Menschen, die bereits Sea Hero Quest gespielt haben.

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