Selbstfahrend: Wenn das Auto das Lenkrad übernimmt

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Von Euronews
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Europas Forscher und Autokonzerne basteln am selbstfahrenden Auto - vor allem drei Aspekte sind zu berücksichtigen

Das Auto von morgen: Der Fahrer kann die Hände vom Lenkrad lassen, aufs Smartphone schauen, Zeitung lesen – und sein Fahrzeug fährt autonom weiter. Für selbstfahrende Autos wird ein Boom erwartet. Umso interessanter ist es also für Europas Autokonzerne, marktfähige Modelle zu entwickeln.

Mit 70 km/h ohne Hände am Steuer

Wir fahren mit 70 Stundenkilometern auf der Autobahn und niemand hält das Lenkrad. Das Auto fährt automatisch. An diesem Prototyp testen die Volvo-Ingenieure bei Göteburg ihre jüngste Autopilot-Technologie unter realen Verkehrsbedingungen. Forschungsingenieur Daniel Tidholm: “Das Auto weiß genau über die umgebenden Fahrzeuge Bescheid. Es hält immer den Sicherheitsabstand zum Auto vor uns ein, überwacht stets den Verkehr. Deshalb fühle ich mich sicherer, als wenn ich selbst lenken würde.”

Selbes Szenario bei Audi in Wolfsburg. Der Prototyp wird unter ähnlichen Bedingungen getestet. Er erkennt eigenständig die Verkehrslage und bietet dem Fahrer oder der Fahrerin an, auf den Autopiloten umzuschalten, wenn die Situation es erlaubt. VW-Forschungsingenieurin Birthe Finkendey: “Sobald alle Voraussetzungen gegeben sind, das heißt, wenn ich nicht schneller als 130 km/h fahre, wenn ich Fahrbahnmarkierungen habe, und keine wilden Manöver fahre, dann bietet sich hier auf meinem Display (HMI, Human-Machine Interface) der Autopilot an, gibt mir ein Zeichen, dass er bereit ist, und dann drücke ich die beiden Knöpfe am Lenkrad und aktiviere ihn damit.”

Sensoren, Kameras, Radar – und das “Gehirn” im Kofferraum

Diese selbstfahrenden Autos werden im Rahmen des von der Europäischen Union unterstützten Forschungsprojekts AdaptIVe entwickelt. Sie können ihr Tempo dem Verkehr anpassen, die Spur halten – oder auch wechseln – und Überholmanöver durchführen. Die Automatik übernimmt das Fahren aber noch nicht komplett. In einer Notfallsituation kann der Wagen schnell wieder manuelle Kontrolle verlangen – der Fahrer muss also in Bereitschaft bleiben.

#AFP-Video: Selbst ist das #Auto – mit #Google und Co. #Detroit#selbstfahrendhttps://t.co/dyiDBbt0U8

— AFPTV Deutschland (@AFPTVdeutsch) 9 January 2017

Die Fahrzeuge sind mit Sensoren, Kameras und Radar ausgestattet. Die Signale werden im Bordcomputer verknüpft, der dem Autopiloten meldet, was zu tun ist. Drei Aspekte spielen eine Rolle: Die Technik des Autos selbst, das Zusammenspiel mit anderen Autos – und das Verhalten des Fahrers. Der Bordcomputer, das “Gehirn” des Autos, und weitere automatische Steuerungstechnik sind im Kofferraum des Prototyps untergebracht. Noch nimmt die Technik ganz schön viel Platz ein – für kommerzielle autonome Autos werden kompaktere und kostengünstigere Varianten nötig sein.

.VolvoCarGroup</a>&#39;s Henrik Lind told me how self-driving cars will "hook up" to other cars, assembling into fascinating car trains <a href="https://twitter.com/hashtag/Futuris?src=hash">#Futuris</a> <a href="https://t.co/br0sApqDsg">pic.twitter.com/br0sApqDsg</a></p>&mdash; Denis Loctier (loctier) 28 March 2017

Probleme noch im Stadtverkehr

Während die autonomen Fahrzeuge auf Autobahnen schon recht gut funktionieren, haben sie im komplexen Stadtverkehr noch ihre Schwierigkeiten. Künftig werden sie auch untereinander kommunzieren müssen, um den Verkehr besser zu meistern. Und sie sollen Signale intelligenter Verkehrsinfrastruktur am Straßenrand beherzigen können. VW-Forscher und AdaptIVe-Projektkoordinator Aria Etemad: “Ich bin überzeugt, dass man im Stadtverkehr nicht nur allein auf das einzelne Auto und seine Sensoren setzen kann. Man muss mit der Umgebung verbunden sein. Das heißt, dass künftig an Kreuzungen viele Sensoren angebracht sein könnten, vielleicht Laserscanner und so etwas, die beobachten, was an der Kreuzung passiert, wie viele Fußgänger über die Straße gehen zum Beispiel. Und diese Informationen werden dann an das Auto weitergegeben, damit dieses mehr Infos hat als nur von seinen eigenen Sensoren.”

Left turn in a city is “basically a nightmare for an automated vehicle”, highways much easier — Aria Etemad, vwgroup_en</a> researcher <a href="https://twitter.com/hashtag/Futuris?src=hash">#Futuris</a> <a href="https://t.co/9hJXZ8E6Jr">pic.twitter.com/9hJXZ8E6Jr</a></p>&mdash; Denis Loctier (loctier) 28 March 2017

.Tesla</a> muss einen ersten tödlichen <a href="https://twitter.com/hashtag/Unfall?src=hash">#Unfall</a> mit einem <a href="https://twitter.com/hashtag/selbstfahrend?src=hash">#selbstfahrend</a>&#39;em Auto einräumen: <a href="https://t.co/fOPQiTczit">https://t.co/fOPQiTczit</a> <a href="https://t.co/5JfyGtvn6r">pic.twitter.com/5JfyGtvn6r</a></p>&mdash; DW | Wirtschaft (dw_wirtschaft) 1 July 2016

Es wird aber noch Jahre und viel Forschung brauchen, damit kooperatives, koordiniertes Fahren in der Stadt Wirklichkeit werden kann. Die Ingenieure an der Pariser Elitehochschule Mines ParisTech entwickeln Softwareprogramme für selbstfahrende Autos, damit diese ihre Manöver aufeinander abstimmen können und der Verkehrsfluss verbessert wird. Mines ParisTech-Wissenschaftler Arnaud de La Fortelle: “Das Problem ist, dass es einen Widerspruch zwischen zwei Zielsetzungen gibt: Je schneller ich fahre, desto unsicherer fahrere ich. Und je sicherer ich sein will, desto langsamer fahre ich. Und das ist nicht effizient. Die Frage ist also, wie kann man beides gleichzeitig erhöhen? Und dafür braucht man nicht nur gute Kommunikationssysteme, sondern auch gute Algorithmen.”

Niedlich ist er ja, der #Sedric von Volkswagen</a> <a href="https://t.co/zpnHZcFSf4">https://t.co/zpnHZcFSf4</a> <a href="https://twitter.com/hashtag/selfdrivingcar?src=hash">#selfdrivingcar</a> <a href="https://twitter.com/hashtag/selbstfahrend?src=hash">#selbstfahrend</a> <a href="https://twitter.com/hashtag/auto?src=hash">#auto</a> <a href="https://twitter.com/hashtag/vw?src=hash">#vw</a></p>&mdash; Mobility Mag (MobilityMagDE) 22 March 2017

Die Forscher tüfteln an Computersimulationen. Selbstfahrende Autos passieren zum Beispiel eine Kreuzung und stimmen sich per Signal aufeinander ab. In der Realität könnten dabei aber Kommunikationsprobleme auftreten. Auch das beziehen die Forscher in ihre Modelle mit ein.

“Elch-Test” für den Menschen im autonomen Auto

Und wie reagiert der Mensch im autonomen Auto? Je mehr das Fahrzeug ihm abnimmt, desto größer ist das Risiko, dass der Fahrer sich mit anderem beschäftigt, dem Smartphone zum Beispiel. Ist er dann aber noch in der Lage, im Notfall doch wieder einzugreifen? In Göteburg simulieren die Volvo-Forscher dies in einem virtuellen Laster. Mikael Söderman: “Wir messen, wie schnell der Fahrer reagiert, wenn er aufgefordert wird, wieder die Kontrolle zu übernehmen, aber auch, auf welche Art er reagiert – ob er das Steuer wacklig übernimmt, und was für Bremsmuster er hat.” Normalerweise werden diese Experimente mit echten Lkw-Fahrern durchgeführt. Simulationsexperte Christer Lundevall: “Wenn man vorher in diesem Szenario noch nicht gefahren ist und plötzlich melden sie einem – guck mal, der Hubschrauber da – oder plötzlich steht ein Elch auf der Straße – upps – dann ist man wirklich überrascht.”

Söderman: “Wir untersuchen auch, was passiert, wenn der Fahrer sich mit etwas anderem beschäftigt, zum Beispiel, wenn er auf seinem Smartphone ein Spiel spielt.” Wenn der Fahrer trotz mehrmaliger Warnung nicht auf den Alarm reagiert, sollte ein fortschrittliches autonomes Auto in der Lage sein, entweder selbst die Gefahr zu umfahren oder sicher anzuhalten.

Die Interaktion zwischen Mensch und Maschine steht weit oben beim europäischen Forschungsprojekt AutoNet2030. Die Wissenschaftler an der Nationalen Technischen Universität in Athen arbeiten an einer grafischen Benutzeroberfläche, damit autonome und herkömmliche Autos sicher Seite an Seite fahren können.

Projektkoordinator Angelos J. Amditis: “Die Fahrer in einem gemischten Verkehrssystem stehen vor neuen Anforderungen, die verbesserte Schnittstellenlösungen erfordern. Unser Ziel ist, dem Fahrer alle nötige Information zur Verfügung zu stellen – in einer einfachen, schnellen Darstellung, damit er überblicken kann, was passiert, akkurate Anweisungen bekommt und kohärent mit anderen Fahrzeugen agiert.” Eine solche Schnittstelle würde den Fahrern nicht-autonomer Autos einige Daten aus dem Datenaustausch der koordinierten selbstfahrenden Wagen weitergeben. Dies könnte generell den Verkehrsfluss verbessern.

Die Kontrolle an Maschinen und Computerprogramme abzugeben, kann Stress bereiten. Deshalb entwickeln auch Psychologen die Schnittstelle mit. Ingenieur Panagiotis Pantazopoulos: “Das Vertrauen zu erhöhen, ist eine der großen Herausforderungen bei der Automatisierung der Autos.”

Grün, Rot, Blau: Farbiges Licht im Auto zeigt Gefahren an

Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig gehen die Entwickler noch einen Schritt weiter: Sie setzen farbiges Licht im selbstfahrenden Auto rund um den Fahrer ein. Die Farbe verändert sich je nach Verkehrssituation. DLR-Forscherin Anna Schieben: “Wir nutzen verschiedene Farbcodierungen. Besonders im manuellen Modus nutzen wir Grün und Rot: Grün für frei, alles ok. Rot für Achtung, gefährlich. Wir nutzen hier Blau als Farbe eines hohen Komforts, dass der Fahrer versteht, die Automation ist absolut in Ordnung, fährt, wie sie fahren soll.”

Der Simulator erstellt ein Panoramabild der Straße und überrascht die Testperson mit riskanten Manövern anderer Autofahrer oder Baustellen. Dank des LED-Streifens rund um das Armaturenbrett sind Warnsignale kaum zu übersehen. DLR-Forscher Johann Kelsch: “Das ambiente Display ist um den Fahrer herum angeordnet, und das hilft ihm, auch wenn er sich nicht gerade auf die Fahraufgabe konzentriert, wenn er zum Beispiel automatisch fährt und eine Zeitung liest, dass dieses Display, das im Raum verteilt ist, ihn wieder dort abholt, wo er gerade hinguckt. Und das ist ein großer Vorteil, den wir in dieser Technologie sehen.” Durch den Farbwechsel im Auto ist das System auch leicht und schnell zu verstehen.

Da die autonomen Autos dank der technischen Fortschritte zunehmend sicher, effizient und leicht nutzbar werden, erwarten Ingenieure und Forscher, dass sie in zehn bis fünfzehn Jahren ganz normal ins Stadtbild gehören werden.

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