Die EU visiert Vorreiterrolle bei Innovationen an

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Von Julian GOMEZ
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In einer Pilotphase will der Europäische Innovationsrat Orientierung für das Nachfolgeprogramm des EU-Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizon 2020“ nach 2020 geben. Ziel dieses Bottom-Up-Förderformats ist es, Innovationen in der EU gezielt zu unterstützen und dadurch neue Märkte mit großem Wachstumspotenzial innerhalb und auch außerhalb Europas zu schaffen. Darüber hinaus sollen bestehende Innovationsökosysteme verstärkt werden. Drei darüber geförderte Projekte stellen wir hier vor:

Können Wellen Strom erzeugen?

Euronews-Reporter Julián López Gómez: "Die Plattform, die dort hinter mir im Atlantik schwimmt, ist bekannt als "Der Pinguin". Sie kann durch Wellenbewegungen Energie erzeugen. Und wie Sie in dieser Reportage sehen werden, waren Design, Konstruktion und Wartung voller Höhen und Tiefen."

Wasser bedeckt 75 Prozent der Erdoberfläche, d.h. Wellenenergie hat ein enormes Potenzial. Und die Orkney-Inseln sind ein Wellenparadies. Deshalb wurde dort ein Prototyp installiert und getestet, der Wellenbewegungen in Energie umwandelt:

"Wenn die Welle auf die Plattform trifft, beginnt der asymmetrische Rumpf sich zu drehen. Im Rumpfinneren befindet sich eine exzentrische Masse, die der Rumpfbewegung zu folgen beginnt. Und diese Bewegung ist mit einem Generator gekoppelt, der ebenfalls anfängt, sich zu drehen. Auf diese Weise wird die Wellenbewegung in eine kontinuierliche Rotation innerhalb des "Pinguins" umgewandelt", erklärt Timo Lotti von Wello Oy.

Der Prototyp ist in 50 Meter Tiefe auf dem Meeresgrund verankert. Er wurde im Frühjahr 2017 installiert. David Cousins von Wello Oy: "Im vergangenen Winter hatten wir Wellen von bis zu 18 Metern. Und längere Perioden mit bis zu zehn Metern hohen Wellen, es gab keine Probleme."

Unterwasserkabel leiten die gewonnene Energie zu einer Station, wo sie gespeichert und später ins lokale Netz eingespeist wird. Lisa Mackenzie vom European Marine Energy Centre: "Dieser Standort ist in der Lage, sieben Megawatt Strom zu bewältigen. Jedes hier ankommende Kabel kann bis zu einem Megawatt aufnehmen. Wichtig für die Entwickler ist, dass sie mit der Stromeinspeisung in die Netze eine Rendite für die während der Testphase produzierte Strommenge erwirtschaften können."

Das gesamte System wird von der lokalen Universität aus gesteuert. Mittels Glasfaser sendet der "Pinguin" Daten an die Steuerungsingenieure. David Cousins: "An Bord des Pinguins gibt es zwischen 40 und 50 Instrumente, die wir schnell auslesen können. Wir bekommen bestimmte Informationen von den Daten. Wir arbeiten zum Beispiel mit normalen Beschleunigungssensoren, die uns sagen, was der Rumpf tut, wie er beschleunigt und in welche Richtung."

Laut den Forschern werden mit dem Pinguin im Energiesektor die Karten neu gemischt - der Markt der Wellenenergie wird auf rund 74 Milliarden Euro geschätzt.Timo Lotti: "Wenn all diese Quellen und Technologien einmal voll in Gebrauch sind, wird sich nicht nur Europa, sondern die ganze Welt völlig verändern."

Das Projekt ist nur eines von unzähligen, die von der Initiative des Europäischen Innovationsrates finanziert werden, um die vielversprechendsten Innovationen der Europäischen Union zu fördern.

85 Prozent des Produktivitätswachstums in modernen Industrieländern sind das direkte Ergebnis von Innovationen. Doch trotz dieser Erkenntnis geben europäische Unternehmen immer noch weniger für Forschung und Entwicklung aus als weltweite Wettbewerber. Wenn der Anteil der Scale-ups (die Übertragung vom Labor auf die Großanlage) in Europa dem der USA entsprechen würde, würden in 20 Jahren bis zu einer Million neue Arbeitsplätze geschaffen werden und das BIP der EU würde um 2.000 Milliarden Euro wachsen. Unter anderem deshalb stellt der Europäische Innovationsrat 2,7 Milliarden Euro für Forschungen zur Verfügung.

Lettland startet mit hybriden Lokomotiven in die Zukunft

Eine weitere dieser zukunftsweisenden Innovationen steckt kurioserweise in dieser 30 Jahre alten Lokomotive. Wir sind in Riga, Lettland, wo diese alte Diesellokomotive eine Auffrischung erhalten hat; sie wurde zusätzlich für den Betrieb mit Erdgas ausgerüstet. Die Forscher wollen mit ihrem Projekt dazu beitragen, die europäische Eisenbahnindustrie auf die richtige Schiene der wirtschaftlichen Entwicklung zu setzen.

Innerhalb weniger Tage wurden die rund 25 mechanischen Komponenten installiert, mit denen die Lokomotive von Diesel auf Erdgas umgestellt wurde. Laut den Forschern reduziert das komplexe Netzwerk innovativer Geräte die Kohlenstoff- und Stickstoffemissionen um 15 bis 20 Prozent. Nikolay Volevvon der Digas Group: "Die Gas-Diesel-Plattform besteht aus sehr unterschiedlichen Komponenten. Angefangen bei einem Gasspeicher- und Gasreduzierungssystem. Es gibt auch eine elektronische Lösung, um die Versorgung mit Diesel- und Gaskraftstoff zu verwalten, sowie eine Telemetrie-Plattform. Erwähnenswert sind auch die Sicherheitssysteme, die den Brandschutz und die Gaslecksuche beinhalten."

Das System ist so konzipiert, dass die Betreiber ihre Nachrüstungsinvestitionen in etwa drei Jahren amortisieren können - hauptsächlich aufgrund niedrigerer Dieselkosten. Digas Group-Chef Petr Dumenko: "Duale Treibstoff-Technologien tragen den Herausforderungen der Bahnindustrie in punkto Kraftstoffkosten und Umweltfragen Rechnung: Die Treibstoffkosten machen bis zu 50 Prozent der Betriebskosten des Bahnbetriebs aus. Mit dem Ersatz von Dieselkraftstoff durch Erdgas kann man bis zu 40 Prozent an Kraftstoffkosten sparen."

Der Betrieb von hybriden Diesel-Erdgas-Lokomotiven ist anspruchsvoll: Die Motoren sind beispielsweise anfällig für einen erhöhten Verbrennungsdruck und erhöhte Verbrennungstemperaturen. Die Ingenieure mussten ausgefeilte mechanische und softwaretechnische Lösungen entwickeln. Oleg Golevych, Digas Group: _"Das Telemetriesystem hat eine Frühwarnfunktion für kritische Situationen. Diese Daten helfen uns, die Wartungszeit zu reduzieren und den Einsatz anderer Lokomotiven effizienter zu gestalten. Das System verfügt auch über eine Plattform für künstliche Intelligenz, um eventuelle Probleme mit den Motoren zu erkennen und anzugehen, die mit anderen Mitteln nicht bemerkt würden."

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Die aktuellen Diesellokomotiven sind mit ineffizienten Motoren ausgestattet. Eine vollständige Elektrifizierung der Eisenbahnen in Lettland würde hohe langfristige Investitionen erfordern. Für den lettischen Eisenbahnvorstand sind hybride Lokomotiven ein vielversprechender und kosteneffizienter Ausgangspunkt, um die Branche auf eine wettbewerbsfähige Zukunft vorzubereiten. Vorstandsvorsitzender Edvīns Bērziņš: "Wir stehen nicht nur im harten Wettbewerb mit dem Verkehr auf der Straße, sondern auch mit anderen Eisenbahnunternehmen. Deshalb müssen wir mit Sicherheit in neue, innovative Technologien investieren, die uns einen Vorsprung verschaffen und uns wettbewerbsfähiger machen."

Analysegerät steigert Effizienz von Biomasse-Kraftwerken

Und abschließend schauen wir uns an, wie man die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Kraftwerke verbessern kann. Ein schwedische Unternehmen nutzt Holzspäne als Biomasse; 100.000 Tonnen geschreddertes Holz werden hier jedes Jahr zur Energieerzeugung verwendet. Derzeit wird eine innovative Technologie getestet, um die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu verbessern.

Das Biomasse-Kraftwerk versorgt eine Stadt mit 20.000 Einwohnern mit Wärme und Warmwasser.

Das geschredderte Holz ist von sehr unterschiedlicher Qualität: Ein Teil sind Rindenspäne. Daneben gibt es Wurzel- oder Astspäne. Oft haben die Späne einen niedrigen Energiewert. Manchmal sind sie zu nass. Und es gibt noch weitere Probleme erklärt Tommy Kindblom von Norrtälje Energi: "Das hier ist ein Beispiel für ein Problem, mit dem wir zu tun haben können. Was Sie hier sehen ist Restasche nach der Verbrennung von Holzspänen voller Schmutz, Sand oder Steine. Die Asche dieser Holzspäne wird zu einer Art Glas, das die Funktion unseres gesamten Systems beeinträchtigen kann. Das zwingt uns zu kostspieligen Wartungsarbeiten und kann sogar zu einer Unterbrechung unserer Energieproduktion führen, da wir die Verbrennung stoppen müssen, um den Kessel zu reinigen."

Europäische Forscher haben in der Anlage diesen Biokraftstoffanalysator installiert. Innerhalb einer Minute kann das Gerät den Feuchtigkeits- und Aschegehalt der Holzspäne, ihren Energiegehalt sowie das Vorhandensein von Sand oder Steinen abschätzen. Normalerweise braucht ein Labor mehrere Tage, um diese Daten auszuwerten. Karl Wejke von Mantex: "Das Gerät hat einen ökonomischen Nutzen: Sie können die Qualität des Biokraftstoffs überprüfen und bezahlen genau dafür. Man bezahlt das, was der Lkw einem bringt. Außerdem nutzt es der Umwelt, das es weniger Emissionen und weniger Asche gibt, wenn man einen hochwertigeren Biokraftstoff benutzt. Und es fällt weniger Wartung an, wenn man weniger Steine, Sand und Schmutz in den Kesseln hat. Das bedeutet weniger Verschleiß."

Eine der größten Herausforderungen für die Forscher war die Kalibrierung der Holzspäne, damit das Analysegerät genaue und zuverlässige Daten liefert.

Das Analyse-System basiert auf Röntgenstrahlen: Damit kann man Materialien wie Sand oder Steine identifizieren, weil sie eine höhere Dichte als Holz haben. Mantex-Mitarbeiter Ralf Torgrip:

"Holzreste können alles Mögliche enthalten. Das reicht von normalen Holzspänen bis hin zu Dreck. All das zu kalibrieren ist kompliziert, denn man muss sehr unterschiedliche Materialien kalibrieren. In diesem Labor hier bekommen wir die richtigen Proben, um diese Messungen durchzuführen."

Der nächste Entwicklungsschritt ist laut den Forschern, das Analysegerät an Förderbändern zu installieren, für eine schnellere Kontrolle größerer Mengen an Biomasse. Und niedrigere Betriebskosten könnten zu günstigeren Energiepreisen führen: "Mit dem Analysegerät können wir zwischen 100.000 und 150.000 Euro jährlich einsparen, da wir mehr Energie produzieren und unsere Wartungsarbeiten reduzieren", so Tommy Kindblom.

Laut den Forschern kann diese Analysetechnologie auch für andere Biomasse-Rohstoffe wie Reisschalen oder Getreidestrohhalme eingesetzt werden.

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