Sozialer Aktionsplan für Europa: Arbeitsplätze schaffen und erhalten

Mit Unterstützung von The European Commission
Sozialer Aktionsplan für Europa: Arbeitsplätze schaffen und erhalten
Copyright euronews
Copyright euronews
Von Naomi Lloyd, Fanny Gauret, Sabine Sans
Diesen Artikel teilen
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Die EU bringt ihr „soziales Regelwerk“ auf den neuesten Stand und ebnet den Weg für ein sozial starkes Europa.

**Was passiert, wenn die während der Pandemie geleisteten Unterstützungsmaßnahmen zum Erhalt von Arbeitsplätzen auslaufen? Wie sieht eine wirksame aktive Beschäftigungsförderung nach der COVID-19-Krise aus? Das ist Thema dieser Folge von Real Economy. Wir beleuchten die drei Kernziele des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte und die EASE-Empfehlung der Europäischen Kommission - vorgestellt im März 2021. Am 7. Und 8. Mai findet der EU-Sozialgipfel in Porto statt. Fanny Gauret hat in der italienischen Region Apulien Unternehmer getroffen, die vom Europäischen Sozialfonds bei der Unternehmens-Gründung unterstützt werden. In der Folge entstanden neue Job- und Geschäftsmöglichkeiten - dank der Produktion einer hochmodernen Handprothese und Ökoverpackungen für regionale Delikatessen.
**

Aktive Beschäftigungsförderung nach der COVID-19-Krise

Beschäftigungsprogramme in ganz Europa haben Millionen Menschen in Arbeit gehalten. Was passiert, wenn sie auslaufen?

Die Europäische Union strebt ein "starkes soziales Europa" nach der Pandemie an. Der Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte enthält drei Kernziele, die bis 2030 erreicht werden sollen.

  1. Mindestens 78 Prozent aller Erwachsenen sollen einen Arbeitsplatz haben.
  2. Mindestens 60 Prozent sollen jedes Jahr an Fortbildungen teilnehmen.
  3. Die Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen soll um mindestens 15 Millionen sinken.

Gelder aus dem Konjunkturfonds und dem Europäischen Sozialfonds + sollen das finanzieren. Die Kommission spricht sich in ihrer EASE-Empfehlung dafür aus, dass die Länder neue Arbeitsplätze schaffen, indem sie Unternehmer unterstützen und Menschen in neuen Fertigkeiten ausbilden, um Jobs auch im wachsenden grünen und digitalen Sektor zu fördern.

Wie stellt man sicher, dass es genügend Jobs für alle gibt und Arbeitnehmer die richtigen Fähigkeiten für die Jobs der Zukunft haben?

Wie kann man Unternehmer optimal bei der Gründung eines Unternehmens unterstützen? Im italienischen Apulien gibt ein Projekt des Europäischen Sozialfonds jungen Unternehmern mit einer innovativen Idee Hilfe bei der Geschäftsplanung und einen Gründungszuschuss. Euronews-Reporterin Fanny Gauret hat einige von ihnen getroffen.

Der digitale Wandel verändert auch im Süden Italiens, in der ländlichen Region Apulien die Arbeitslandschaft. Um neue Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, bietet das PIN-Projekt, das vom Europäischen Sozialfonds kofinanziert wird, jungen Talenten vor Ort die Möglichkeit, ein innovatives Unternehmen zu gründen.

Maschinenbauingenieur Giovanni Zappatore steht kurz davor, die Adam's Hand auf den Markt zu bringen: eine sehr bewegliche bionische Hand, die mithilfe künstlicher Intelligenz gesteuert wird. 30.000 Euro und betriebswirtschaftliche Unterstützung halfen ihm, sein Hightech-Start-up zu gründen.

"Das PIN-Projekt war für uns sehr wichtig", sagt der Geschäftsführer & Gründer von BionIT Labs. _"In seinem Rahmen erhielten wir die Mittel, um die ersten Maschinen zu kaufen, mit denen wir die Prototypen von Adam's Hand produziert haben. Viele der jungen Leute, die mit mir studiert haben, sind in den Norden gezogen, um Arbeit zu finden. Wir haben einige von ihnen zurücklocken können. Darüber sind wir sehr glücklich." _

Mit einem Gesamtbudget von rund 17 Millionen Euro hat das PIN-Projekt mehr als 500 innovative Projekte wie das von Giovanni Zappatore gefördert. Heute beschäftigt er 20 Mitarbeiter:

"Wir arbeiten in einem Hightech-Sektor, für den es wichtig ist, sich kontinuierlich weiterzubilden, sowohl in Bezug auf Soft- als auch auf Hard-Skills, und auch immer wieder auf nationale und internationale Innovationen zu achten."

Der Jungunternehmer peilt den internationalen Markt an und hofft mit Adam’s Hand das Leben vieler Menschen zu verbessern.

Ein sozial starkes Europa

Ein gerechterer und besser zugänglicher Arbeitsmarkt, das ist eines der Ziele der europäischen Säule sozialer Rechte, die auch den grünen Wandel unterstützt .

Ein vielversprechender Sektor für Laura Pirro und ihre Geschäftspartner. Mit der Idee, Landwirtschaft und Design zu verbinden, kehrten die drei freischaffenden Architekten in ihre Region zurück. Dank des PIN-Projekts konnten sie eine Firma gründen, die ökologische wiederverwendbare Verpackungen entwirft. Sie mussten sich Managementfähigkeiten aneignen und sich den aktuellen Arbeitsbedingungen anpassen:

"Dank des PIN-Projekts, dank der neuen Tools, die wir entwickelt haben, wie z. B. eine Internetseite, die unseren neuen sozialen Netzwerken gewidmet ist, die sehr interaktiv sind - können wir uns direkt mit unseren Kunden austauschen", so die Gründerin von DDuMstudio. Heute haben sie Kunden in ganz Italien.

Jedes Jahr unterstützt der Europäische Sozialfonds 10 Millionen Menschen wie die beiden in ihrem beruflichen Werdegang. Weiterbildung ist wichtig, um den digitalen und grünen Wandel zu bewältigen, meint der Wirtschaftswissenschaftler Andrea Garnero:

"Die Art der Qualifikationen, die von Arbeitnehmern und Unternehmen verlangt werden, werden sich ändern. Man wird sich mehr auf Technologien stützen, man wird mehr von zu Hause aus arbeiten", so der Arbeitsmarktexperte bei der OECD. "Den Mitgliedsstaaten kommt eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, Unternehmen und Arbeitnehmer bei diesen Übergängen zu begleiten, sie brauchen Fortbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten."

Das ist ein Blick in die Zukunft Europas, wenn die Beschäftigungsprogramme auslaufen.

Interview mit dem EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte

Europas Engagement für soziale Rechte steht auch im Fokus des Sozialgipfels - mit den Staats- und Regierungschefs der EU – im portugiesischen Porto. Euronews-Reporterin Naomi Lloyd sprach mit  dem europäischen Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte Nicolas Schmit.

Euronews-Reporterin Naomi Lloyd:

Herr Kommissar, vielen Dank, dass Sie unser Gast sind. Was sind Ihre Ziele für den Sozialgipfel in Porto?

Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Arbeit und soziale Rechte:
_Zunächst ist es ein sehr wichtiges Signal. Das Treffen an sich ist schon eine Botschaft. Die Menschen sind ängstlich, sie fürchten, dass es Kürzungen geben, dass es eine große Umstrukturierung geben wird. Aber wir senden die Botschaft, dass diese Krise keine Krise der Kürzungen bei den sozialen Diensten und der sozialen Infrastruktur sein wird. Wir brauchen wirtschaftliche Entwicklung. Und wir brauchen die soziale Dimension des Zusammenhalts in unseren Gesellschaften.
_

Euronews:

In der EASE-Empfehlung spricht sich die Kommission für die Schaffung von Arbeitsplätzen aus sowie für den Übergang von Arbeitsplätzen in andere Sektoren. Wie wird das in der Praxis funktionieren?

Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Arbeitsplätze und soziale Rechte:
Das geschieht im Prozess des Auslaufens der Beschäftigungsprogramme. Für diese neuen Übergänge, auch im grünen und digitalen Sektor, brauchen wir eine neue Art oder eine sehr aktive Arbeitsmarktpolitik, - und das ist das Ziel von EASE : Menschen zu helfen, die Vorteile der Umbrüche zu nutzen, sie mit Fortbildungen zu unterstützen. Aber auch, wenn nötig, mit Einstellungssubventionen, um neue oder bereits bestehende Unternehmen zu ermutigen, Leute einzustellen.

Euronews:

_Eines der Kernziele des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte ist, dass 60 Prozent der Erwachsenen jedes Jahr an einer Ausbildung teilnehmen sollten. Wie soll das konkret funktionieren? _

Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte:
Zunächst liegt es an den Unternehmen, ihre Mitarbeiter umzuschulen oder weiterzubilden. Wir müssen also die Unternehmen dabei unterstützen, und sie müssen auch diejenigen umschulen, die am wenigsten qualifiziert sind, denn auch ihre Arbeitsplätze ändern sich. Es gibt die Auffassung, dass 90 Prozent aller Jobs eine digitale Komponente haben. Wenn man also zum Beispiel im Baugewerbe arbeitet, muss man auch Kompetenzen im digitalen Bereich haben, um im Baubereich eine Chance zu haben. Der zweite Punkt ist, dass wir die Berufsausbildung neu ausrichten müssen, Lernen am Arbeitsplatz und mehr theoretische Ausbildung. Die Kommission will diese Strategien auf der Ebene der Unternehmen, auf der Ebene der Regionen zusammen mit den öffentlichen Arbeitsverwaltungen unterstützen. Wir brauchen diese umfassende Qualifizierungsstrategie.

Cutter • Sebastien Leroy

Weitere Quellen • Produktion: Camille Cadet; Kamera Brüssel: Pierre Holland & Jorne Van Damme; Kamera Italien: Giampiero Gandolfo & Andrea Turri; Motion Design: NEWIC https://www.agence-newic.com/

Diesen Artikel teilen

Zum selben Thema

Sozialgipfel von Porto ist ein Anfang: Gerechtigkeit muss finanziert werden