Wie Nordmazedonien mit EU-Hilfe auf die Beine kommt

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Wie Nordmazedonien mit EU-Hilfe auf die Beine kommt
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Von Naomi Lloyd
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Das kleine Land auf dem Balkan will sich wirtschaftlich erholen und sich auf den Weg nach Europa machen. Dazu gab es Hilfsgelder von der EU - aber nicht ohne Bedingungen.

In dieser Woche befassen wir uns in "Real Economy" mit den Makrofinanzhilfen der EU, d. h. den finanziellen Soforthilfen, die Nachbarländern in Krisenzeiten gewährt werden, um ihre Wirtschaft zu stabilisieren. Zuletzt erhielt die Ukraine 1,2 Milliarden Euro aus Solidarität mit dem ukrainischen Volk.

Makrofinanzhilfen (MFA) werden hauptsächlich in Form von Darlehen mit sehr günstigen Konditionen und niedrigen Zinssätzen gewährt. Um das Geld zu erhalten, müssen die Länder ein Finanzierungsprogramm mit dem International Währunfsfonds IWF unterzeichnen, die Bedingungen für die Achtung der Menschenrechte und die Korruptionsbekämpfung erfüllen und demokratische, wirtschaftliche und staatliche Reformen durchführen.

Unser Team reiste nach Nordmazedonien, einem EU-Beitrittskandidaten, der 160 Millionen Euro an Finanzhilfe erhalten hat, um die Wirtschaft des Landes nach der Covid-Pandemie zu stabilisieren. Ministerpräsident Dimitar Kovačevski spricht mit uns über die Reformen, die seine Regierung durchgeführt haben, um die finanzielle Hilfe zu erhalten.

Vor allem für junger Leute ist die Jobsituation schwierig. Unser Reporter Guillaume Desjardins hat einige von ihnen getroffen.

Die Entlassung zahlreicher Angestellter in Nordmazedonien hat eine doppelte Auswirkung: auf der einen Seite weniger Steuereinnahmen, auf der anderen Seite ein starker Anstieg der Sozialausgaben. Darüber hinaus sind die ausländischen Direktinvestitionen zurückgegangen, was die Finanzlage des Landes stark verschlechtert hat. Die Jugendarbeitslosenquote in Nordmazedonien war seit 2005 stetig gesunken, doch 2020 wird sie wieder ansteigen.

Marija Sepetovska ist 23. Die Personalberaterin konnte dank der EU-Jugendgarantie, die von der Agentur für Arbeit des Landes eingerichtet wurde, einen Arbeitsplatz finden: „Natürlich war es eine stressige Zeit für den Berufseinstieg in der Zeit der Pandemie, vor allem für junge Leute. Ich werde aber immer zuversichtlicher, vor allem, weil es viele Programme gibt, die unser Land unterstützen.“

Aber die Situation ist nicht für alle von Marijas Freunden gleich: "Für mich war es sehr einfach, aber leider ist das bei vielen anderen mazedonischen Jugendlichen nicht der Fall. Einige von ihnen haben es sehr viel schwerer, Jobs zu finden. Es ist also immer noch nicht alles gut hier."

Ein Schlüssel zur MFA: Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit

Während die erste Tranche der MFA als Soforthilfe überwiesen wurde, musste Nord-Mazedonien für die zweite Tranche eine Reihe von Bedingungen erfüllen, darunter die Einrichtung einer Abteilung für Jugendarbeitslosigkeit.

Goran Petkovski, Leiter der Abteilung für europäische Integration beim Arbeitsamt Nordmazedoniens, erklärt uns die Rolle der Mitarbeiter seiner Einheit: „Sie beteiligen sich zunächst an der Entwicklung der aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen im Rahmen des operativen Plans und an der Frage, wie wir junge Men-schen mit diesen aktiven Marktmaßnahmen besser ansprechen können. Sie sind auch für die Koordinierung der Arbeitsplätze von Jugendberatern innerhalb des örtlichen Arbeitsamtes und natürlich für die Überwachung und Berichterstattung der Jugendgarantie verantwortlich.“

Die 160 Millionen Euro Finanzhilfe haben der Wirtschaft Nordmazedoniens über die Krisensituation hinweggeholfen, aber einer der anderen Vorteile der Hilfe ist langfristiger Natur, sagt Shenaj Hadzimustafa, Professorin an der Südosteuropäischen Universität in Skopje: „Das Geld wurde für diesen Zeitraum benötigt, um einen Teil des Haushalts- und Zahlungsbilanzbedarfs zu finanzieren. Aber auf der anderen Seite sind es die Reformen, die Bestand haben und sich positiv auf das Land auswirken werden. Ich denke also, dass diese Reformen nicht nur kurzfristig, sondern auch mittel- und langfristig ihre Wirkung entfalten werden.“

Der europäische Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni erläutert die Auswirkungen des Programms auf die Grenzen der EU. Während die Makrofinanzhilfe in ihr viertes Jahrzehnt ihres Bestehens eintritt – mit zuletzt 1,2 Milliarden Euro für die Ukraine – beschreibt der EU-Wirtschaftskommissar die Auswirkungen des Programms an den Grenzen der EU: „Natürlich haben wir ein Interesse an der Stabilität in der Region. Stabilität für die Migration, Stabilität für den Frieden, und so weiter. Und schließlich haben wir ein enormes Interesse als Handelspartner, denn die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind im Großen und Ganzen die wichtigsten Handelspartner all dieser Länder.“

Wie funktioniert die Makrofinanzhilfe (MFA)? - ein Crashkurs

Makrofinanzhilfe ist die Bezeichnung für die finanzielle Soforthilfe der EU für Nachbarländer, um deren Wirtschaft zu stabilisieren.

In den letzten 30 Jahren gab es 77 Makrofinanzhilfen im Wert von 16 Milliarden Euro, mit denen 27 Ländern geholfen wurde. Die jüngste war eine Hilfe in Höhe von 1,2 Milliarden Euro für die Ukraine.

Die Makrofinanzhilfe wird hauptsächlich in Form von Darlehen mit sehr günstigen Konditionen und niedrigen Zinssätzen gewährt. Um das Geld zu erhalten, müssen die Länder ein Finanzierungsprogramm mit dem Internationalen Währungsfonds IWF unterzeichnen, die Bedingungen für die Achtung der Menschenrechte und die Korruptionsbekämpfung erfüllen und demokratische, ökologische und politische Reformen durchführen.

Das übergeordnete Ziel ist es, Stabilität und Wohlstand über die EU hinaus zu sichern.

Was die MFA für das Land bedeutet - ein Interview mit dem Ministerpräsidenten

Naomi Lloyd, Euronews: Herr Ministerpräsident, vielen Dank, dass Sie hier bei „Real Economy“ zu Gast sind.

Dimitar Kovačevski, Ministerpräsident von Nordmazedonien: Vielen Dank für Ihren Besuch und für die Möglichkeit, bei Euronews zu Gast zu sein.

Euronews: Inwieweit hat die makrofinanzielle Hilfe der EU dem Land geholfen?

Dimitar Kovačevski: Die Makrofinanzhilfe der EU hat uns sehr geholfen, nicht nur aus der Perspektive einer rei-nen Finanzhilfe, sondern auch bei der Fortsetzung der Reformen, die wir im Bereich der Verwaltung der öffentlichen Finanzen und in anderen Bereichen begonnen haben. Aber es war auch ein klares Signal an die anderen internationalen und finanziellen Institutionen und Geber, mit denen wir zusammenarbeiten, dass wir in Krisenzeiten eine stabile Wirtschaftspolitik betreiben.

Euronews: Wie schwierig war es, diese Reformen umzusetzen?

Dimitar Kovačevski: Der Kampf gegen Kriminalität und Korruption hat Früchte getragen, denn wir haben unsere Position in den internationalen Transparency-Berichten verbessert. Wir haben uns in Ländern umgeschaut, in denen demokratische Verhältnisse herrschen, denn in der Vergangenheit gab es bei uns Defizite bei den demokratischen Verfahren. Über die jüngsten Entwicklungen sind wir sehr, sehr froh.

Euronews: Wie stellen Sie sicher, dass die Reformen nicht hier aufhören, sondern auch in Zukunft vollständig umgesetzt werden?

Dimitar Kovačevski: Wir haben dafür gesorgt, dass wir uns mit den Institutionen der Europäischen Union und der Europäischen Kommission regelmäßig abstimmen und Bericht erstatten. Wir haben auch viel an der Umsetzung interner Mechanismen im Land und in den öffentlichen Institutionen gearbeitet, um sicherzustellen, dass diese Reformen durchgeführt werden.

Euronews: Jetzt ist Nordmazedonien ein Kandidat für den Beitritt zur EU. Der nächste Schritt sind die Beitrittsgespräche. Wie hoffnungsvoll sind Sie, dass diese bald beginnen werden?

Dimitar Kovačevski: Nordmazedonien hat das klare Ziel, ein vollwertiges Mitglied der euro-atlantischen Verbände zu werden. Letztes Jahr haben wir den 30. Jahrestag unserer Unabhängigkeit gefeiert. Aber wir haben noch immer nicht mit Verhandlungen begonnen. Leider gab es im letzten Jahr Probleme, die uns von der früheren bulgarischen Regierung auferlegt wurde. Mit den beiden neuen Regierungen haben wir einen Dia-log begonnen, und zusammen mit dem bulgarischen Premierminister hatten wir bereits ein Treffen in Skopje, um das Vertrauen wiederherzustellen.

Journalist • Frank Weinert

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