Kunst und Kriminalität: Die dunkle Seite des Antiquitätenhandels

Kunst und Kriminalität: Die dunkle Seite des Antiquitätenhandels
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Von Guy Shone, Laila Humairah, Cyril Fourneris
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In dieser The-Exchange-Folge werfen wir einen Blick auf den 50-Milliarden-Dollar-Markt für Kunst und Antiquitäten. Der Handel floriert, auch mit Raubkunst. Macht der illegale Kunsthandel die Branche kaputt?

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Der weltweite Kunst- und Antiquitätenhandel ist eine Multimilliarden-Dollar-Industrie. Der 50-Milliarden-Dollar-Markt treibt auch den illegalen Handel mit gestohlenen Antiquitäten an. Der Handel mit archäologischen Funden unterscheidet sich stark von anderen Schwarzmarktindustrien, da es sich um unersetzliche Kulturgüter handelt. Eine von Sammlern geschätzte Seltenheit, was die Raubkunst und Handel äußerst lukrativ macht. Der UNESCO zufolge hat der illegale Handel mit Kulturgütern einen Wert von 10 Milliarden Dollar pro Jahr. Ein Teil dieser Gewinne fließt in die Finanzierung von Kriegen und den weltweiten Terrorismus. Laut Kritikern sind die Strafen für die Beteiligung am illegalen Handel mit Antiquitäten nicht hart genug, um abzuschrecken.

Normalerweise betrachtet man Kunstwerke oder antike Artefakte in Museen. Es gibt aber auch vermögende Sammler, die Millionen zahlen, um exklusive Stücke in ihrem Wohn- oder Arbeitszimmer auszustellen.

Kunst- und Antiquitätensammlungen haben weltweit einen Wert von 50 Milliarden Dollar (45 Milliarden Euro). Doch egal, ob es sich um ein seltenes Gemälde oder eine einzigartige Skulptur handelt, der Kunstmarkt hat leider auch eine hässliche Seite - und das ist der illegale Handel.

Man schätzt, dass der illegale Kunsthandel etwa 5 % der gesamten Branche ausmacht. Das erscheint wenig und doch ist es ein hartnäckiges und wachsendes Problem, das die Kunstwelt zunehmend in Verruf bringt.

Während der Pandemie stand die Welt still, aber der Schwarzmarkt für Antiquitäten war aktiver denn je und brachte in nur zwei Jahren 10 Milliarden Dollar (9 Milliarden Euro) ein. Organisationen wie die UNESCO und INTERPOL weisen darauf hin, dass das Geld allzu oft nicht bei den Menschen ankommt, deren Lebensunterhalt von der Entdeckung von Kulturschätzen abhängt, und dass beunruhigende Summen zur Finanzierung krimineller Aktivitäten abgezweigt werden.

Unbekannte Kulturgüter

Die UNESCO, die UN-Agentur für Kultur und Bildung, ist seit Jahrzehnten führend in den weltweiten Bemühungen um die sichere Bewahrung des kulturellen Erbes.

Ernesto Ottone Ramirez, stellvertretender Generaldirektor für Kultur bei der UNESCO, erklärte gegenüber Euronews, dass die Entdeckung neuer Kulturerbestätten und Kunstwerke es schwieriger mache, ihre Echtheit zu ermitteln.

"Seit 20 oder 30 Jahren hat sich in einigen Teilen des Marktes eine enorme Verschiebung vollzogen, die fünf Prozent des Marktes ausmacht, mit einem riesigen Geldvolumen, das nun in den Handel mit Antiquitäten fließt. Viele dieser Stätten gehören zum Weltkulturerbe, und es gibt vieles, was wir nicht kennen. Und der Grund dafür ist sehr konkret- all diese Stätten, die noch nicht bekannt sind oder noch erforscht werden, sind nirgendwo eingetragen, es handelt sich um Altertümer, von deren Existenz wir nichts wissen."

Hartes Durchgreifen gegen Antiquitätenkriminalität

Gestohlene Antiquitäten werden weltweit verkauft, man braucht ein internationales Netzwerk an Strafverfolgungsbehörden. An diesem Punkt kommt INTERPOL ins Spiel. Die Organisation hat eine eigene Abteilung, die sich der Bekämpfung von Verbrechen gegen Kulturgüter widmet.

Laut der internationalen Agentur für Verbrechensbekämpfung ist die Welt mit einer noch nie dagewesenen Plünderung von Kulturgütern aus kriegsgebeutelten Ländern konfrontiert. Wenn diese Artefakte dann bei Sammlern oder Museen ankommen, ist es schwer zu erkennen, ob sie illegal entwendet wurden.

Um dem entgegenzuwirken, hat INTERPOL eine Smartphone-App namens ID-Art ins Leben entwickelt, die bei der Identifizierung dieser sogenannten "Blutantiquitäten" helfen kann.

"Da es sich um ein globales Phänomen handelt, müssen die Länder zusammenarbeiten. Die Rolle von INTERPOL besteht in erster Linie darin, unsere Mitgliedsländer und unsere Spezialeinheiten in diesem Bereich zu unterstützen", erklärt Corrado Catesi, Leiter der INTERPOL-Einheit Kunstwerke.

"Mit der mobilen Anwendung ID-Art kann man feststellen, ob ein Objekt in unserer Datenbank enthalten ist. Wenn das Objekt auftaucht, bedeutet das, dass es gestohlen wurde. Der besondere Clou ist ein roter Knopf, mit dem man den gefundenen Gegenstand an INTERPOL melden kann.

ID-Art ist ein perfektes Werkzeug für Polizei- und Zollbeamte, Kunstsammler, die breite Öffentlichkeit oder Künstler. In Spanien und Rumänien haben Spezialeinheiten dank der App bereits Kunstgegenstände wiedergefunden", sagt Catesi.

Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit

UNESCO und INTERPOL schärfen das Bewusstsein für das Problem und klären Kunstsammler und die Öffentlichkeit über gestohlene Kulturgüter auf. Was kann man sonst noch tun, um dagegen vorzugehen?

Deborah Lehr von Antiquities Coalition vertritt die Auffassung, dass der Diebstahl von Kulturgütern einem Einbruch gleichkommt und härter bestraft werden muss als bisher.

"Wir brauchen eine Aufwertung der internationalen Rechtsstruktur. Diese Verstöße müssen als Verbrechen eingestuft und folglich mit harten Strafen belegt werden. Der Kauf von gestohlenen Gütern oder was an einer archäologischen Stätte oder in einem Museum passiert, ist mit Einbrüchen vergleichbar, die Strafen dafür müssen verschärft werden, denn oftmals finanziert dieses Geld das organisierte Verbrechen, und es ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit."

Trotz der Pandemie floriert die weltweite Kunst- und Antiquitätenindustrie mit mehr Verkäufen und Auktionen als je zuvor. Und obwohl der illegale Handel nur einen kleinen Teil des Marktes ausmacht, hat er das Potenzial, den Ruf großer Interessengruppen, darunter Kunstsammler und viele der weltweit führenden Museen, zu schädigen.

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