Russlands Oligarchen grämen sich um Auslandsvermögen

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Von Euronews
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Die Angst vor neuen US-Sanktionen treibt reiche Russen um. Ihre brennende Frage: Sollten sie im Ausland gehortete Vermögen in der Heimat in Sicherheit bringen?

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Wegen möglicher neuer US-Sanktionen überlegen reiche Russen, ob sie im Ausland gehortete Vermögen in der Heimat in Sicherheit bringen sollen. Manche scheinen sich bereits zu diesem Schritt entschlossen zu haben, obwohl er ebenfalls erhebliche Risiken birgt. “Es gibt Informationen, wonach eine Reihe von Leuten ihre ausländischen Barguthaben zurückbringen wollen”, sagte ein Manager einer großen russischen Staatsbank, der namentlich nicht genannt werden will nach Medienberichten ("Reuters"). Wohlhabende Personen aus dem inneren Kreis um Präsident Wladimir Putin hätten bereits kleinere Fremdwährungsbeträge auf heimische Banken transferiert. Einem Finanzmarkt-Insider zufolge verbuchen auch Vermögensverwalter neue Mittelzuflüsse aus dem Ausland.

NEUES SANKTIONSGESETZ

Für Unruhe sorgt ein neues Sanktionsgesetz in den USA. Damit sollen die Strafmaßnahmen wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland 2014 verschärft werden. Vorgesehen ist, bis Anfang 2018 - und damit nur wenige Wochen vor der russischen Präsidentschaftswahl - eine Schwarze Liste aufzustellen. Russische Oligarchen fürchten Reisebeschränkungen und Kontensperrungen im Ausland.

Verlässliche Daten über russische Auslandsvermögen gibt es nicht. Aber ohne Frage geht es um sehr viel Geld. Nach Schätzung des Ökonomen Gabriel Zucman von der Universität Berkeley verfügten russische Staatsbürger im Jahr 2014 in Steueroasen über Finanzvermögen von rund 200 Milliarden Dollar (170 Milliarden Euro). Die Summe entspricht einem Zehntel von Russlands damaliger Wirtschaftsleistung.

Auch eine Rückführung von Geldern in die Heimat wäre für die Oligarchen mit Gefahren verbunden. Ihnen drohen nicht nur Ermittlungen wegen Steuervergehen und ein Verlust wichtiger Geschäftsgeheimnisse an die Behörden. Ihr Vermögen hinge künftig auch stark von den wirtschaftlichen und politischen Unabwägbarkeiten in Russland ab.

Zur Zeit liegen in Offshore-Gebieten mindestens 8% der Finanzvermögen wohlhabender Menschen aus der ganzen Welt - dieser Betrag entspricht 10% des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das schätzen Experten des National Bureau of Economic Research (NBER) in ihrem neuen Bericht "Wer besitzt Vermögen in Steuerparadiesen? Makroökonomische Beweise und Implikationen für globale Ungleichheit "(11/09/2017). Russland gehöre nun zu den  Top-5-Ländern mit dem größten Anteil an Finanzaktiva in Offshore-Gebieten, heißt es in der NBER-Studie. Reiche Russen halten in Steuerparadiesen Vermögen, die fast 50% des BIP des Landes entsprechen. Darüber liegen nur Saudi-Arabien, Venezuela und die Vereinigten Arabischen Emirate.

JEDE MENGE RISIKEN

Hinzu kommt die Aussicht auf eine schwache Rendite. Bankguthaben auf Fremdwährungen werfen nur knapp zwei Prozent ab, während es in der Landeswährung derzeit zwischen sieben und acht Prozent sind. Vor einem Umtausch scheuen aber viele wohlhabende Russen zurück, weil ein Einbruch des Rubelkurses ihre Vermögen entwerten würde.

Wie aber lassen sich ausländische Devisen gewinnbringend im eigenen Land anlegen? Eine Möglichkeit wäre, dass die Regierung Anleihen in Fremdwährungen begibt, die relativ attraktive Zinsen abwerfen. Diese Idee kursiert bereits unter reichen Russen ("Reuters"). Ein entsprechendes Angebot des Kreml würde den Zufluss der Auslandsgelder beschleunigen, sagte der ranghohe Staatsbanker.

Doch bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass der Vorschlag im Finanzministerium ernsthaft geprüft wird. In dessen Umfeld wird er vielmehr negativ bewertet. “Das ist Unsinn”, sagte ein Insider. Präsident Putin versuchte in der Vergangenheit seine vermögenden Landsleute davon zu überzeugen, dass sie ihre Gelder aus Steueroasen nach Hause holen. Doch der Erfolg war mäßig. Ein entsprechendes Gesetz aus dem 2014 löste mitunter den gegenteiligen Effekt aus: Es veranlasste manche Oligarchen, der Heimat ganz den Rücken zu kehren.

su mit Reuters

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