Jetzt ist es zu spät für die Warnung

Video. Goldgräberstadt abgebrannt

Vier Tote, 228 Quadratkilometer Mondlandschaft - und eine jahrhundertalte Goldgräbersiedler, die es nun nicht mehr gibt... In dürren Zahlen ausgedrückt reiht sich das kalifornische Megafeuer von Klamath River ein in die immer länger werdende Liste von Riesenwaldbränden, die der menschengemachte Klimawandel mit brutaler Hand quer über den Planeten Erde säht, todbringende Feuerblumen anfachend auf ausgedörrter Erde, in ausgetrockneten, wasserlosen Wäldern wütend...

Vier Tote, 228 Quadratkilometer Mondlandschaft - und eine jahrhundertalte Goldgräbersiedler, die es nun nicht mehr gibt... In dürren Zahlen ausgedrückt reiht sich das kalifornische Megafeuer von Klamath River ein in die immer länger werdende Liste von Riesenwaldbränden, die der menschengemachte Klimawandel mit brutaler Hand quer über den Planeten Erde säht, todbringende Feuerblumen anfachend auf ausgedörrter Erde, in ausgetrockneten, wasserlosen Wäldern wütend...

Halten wir einen Moment inne bei diesen beiden Sätzen: Die Goldgräberstadt Klamath River gibt es nicht mehr. Den Wald um Klamath River gibt es nicht mehr. Was bedeutet das?

Nachruf auf eine Goldgräberstadt

Klamath River war nicht Tokio oder Paris, eher Ortschaft als Kleinstadt - aber eben ein Ort mit Geschichte. Der Fluss, der der Siedlung ihren Namen gab, war Jagdgebiet der Indianerstämme Hupa, Karuk, Modoc und Yurok, die in dem Wildwasser Lachs und Forellen fingen. 

Als in den Jahren 1848 bis 1855 der kalifornische Goldrausch Abenteurer, Kleinkriminelle, Glücksritter und Goldgräber in die Gegend trieb, bauten sie Dämme, veränderten den Flußlauf - und vernichteten damit die Lebensgrundlage der Stämme, denn die Lachse kamen nun nicht mehr zum Laichen den Flußlauf hinauf.

In Klamath River entstand eine Siedlung, in dessen Gebiet nicht nur Gold geschürft, sondern auch Quecksilber und Zinnober abgebaut wurden. Schnapsschmuggler und Schwarzbrenner nutzten die Minenstollen als Lager für Fässer voll hochprozentigen Feuerwassers. Fallensteller und Jäger durchstreiften die Urwälder rings um Klamath River, erlegten Elche, Schwarzbären, Enten und Gänse. 

Vergrämt, verbrannt, verkohlt

Bis zum Ausbruch der Flammenhölle vor wenigen Tagen galten die Wälder hier als die wildreichsten ganz Kaliforniens, voller Wachteln, Waschbären, Weißkopfadler und Wiesel, Stinktiere und Stachelschweine, Berglöwen, Blaureiher und Biber, Rotluchse und Rotwild. 200 Vogelarten nisteten in den mächtigen Bäumen oder im Unterholz. Der Fluß war Heimat zahlreicher Kröten- und Froscharten. 

Wie lange wird es dauern, bis sich die Natur hier wieder regeneriert haben wird? Wann wird das Wild zurückkommen? Kommt es überhaupt zurück? Hat das Flammeninferno gar irreparable Schäden angerichtet? Für Antworten ist es heute, wo das Feuer immer noch nicht völlig gelöscht ist, noch zu früh.  

Es ist vorbei

Ja, es gibt irreparable Schäden im Landkreis Siskiyou. Es gibt Tote. Niemand kann heute mit Sicherheit sagen, wieviele. Mindestens vier Menschen starben in den Flammen, das wissen die Behörden. Die kommenden Tage werden zeigen, ob es mehr sind. Noch sind die Suchtrupps unterwegs - dort, wo sie hinkönnen. 1300 Feuerwehrleute kämpfen einen verzweifelten, an manchen Tagen aussichtslosen Kampf gegen die Flammenwand. 

Für einen Ort ist es nun vorbei, völlig vorbei. Klamath River, einst das Zuhause von 200 Menschen, ist abgebrannt. 

Der sture Roger und sein Sohn

Lebt nun wirklich niemand mehr in Klamath River? Doch, es gibt zwei Menschen, die sich von der Flammenhölle nicht in die Flucht schlagen lassen wollten, in geradezu selbstmörderischer Sturheit ihr kleines Fleckchen Erde, ihr kleines Haus verteidigten: der 80jährige Roger Derry und sein Sohn.

Seit 40 Jahren leben Vater und Sohn in Klamath River, die beiden kennen jedes der 200 Gesichter hier beim Namen und persönlich. Jetzt sind sie alle weg, die Nachbarn, abgereist über Hals und Kopf, evakuiert... und ihre Häuser sind verbrannt. Manche der Behausungen waren einfache Hütten oder Wohnwagenhäuser. Aber in Klamath River gab es auch Häuser mit einem Jahrhundert Geschichte im Gebälk, "einige der ältesten Gebäude sind nun verschwunden", sagt Roger. Der alte Mann hofft darauf, dass seine Nachbarn zurückkommen, alles wieder so aufbauen, wie es früher einmal war, "aber das wird Zeit kosten".

Alles ging so schnell

Was Roger und seinen Sohn immer noch wundert, ist die wahnsinnige Wucht des Waldbrandes, der sich - angefacht von heftigen Sturmböen - in nur wenigen Stunden von einem kleinen Feuer zu einem nicht mehr zu kontrollierenden Flammeninferno wandelte.

Mehrere tausend evakuierte Menschen aus dem Katastrophengebiet bleiben vorerst in ihren Notquartieren, hundert Gebäude brannten bis auf die Grundmauern ab - aber auch dies ist nur eine erste, vorläufige Bilanz.   

Es ist nicht das erste Mal, dass ganze Ortschaften im amerikanischen Westen einem Flammenmeer zum Opfer fallen. In den US-Bundesstaaten Montana, Idaho, Kalifornien und Nebraska vernichteten Megabrände Dörfer und Siedlungen: Vor vier Jahren zerstörte eine Feuerwalze in der Sierra Nevada die Kleinstadt Paradise. 85 Menschen starben.

Und die Wissenschaftler? Die können nur wiederholen, was sie bereits seit Jahren sagen und veröffentlichen: in den vergangenen drei Jahrzehnten wurde der US-amerikanische Westen wärmer und trockener. So wird es weitergehen. Extremwetterereignisse werden sich häufen. Waldbrände werden auch in den kommenden Jahren wüten, immer öfter, immer wilder, immer tödlicher.

Wie ein Schneidbrenner

Roger Derry und sein Sohn Rodger hatten rings um ihr Heim sämtliches Unterholz beseitigt, weggeschnitten, in der Hoffnung, so das Feuer auf Abstand halten zu können. Roger und Rodger hatten mehr Glück als viele ihrer Nachbarn. "Als das Feuer über den Hügelkamm kroch und sich hinunter auf den Ort wälzte, war es wie ein Schneidbrenner", erzählt Roger. "Nichts konnte es stoppen." 

Das Postgebäude, das Gemeindezentrum, Geschäfte, eine Wohnwagensiedlung, feste und mobile Häuser in der Nachbarschaft verbrannten. Klamath River ist nun ein Ruinenfeld.

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