Weniger Gesundheitskosten dank gutem Arzt-Patienten-Dialog

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Was passiert, wenn Ärzte und Patienten gemeinsam den Behandlungsplan besprechen – was hilft es, was sind die Herausforderungen? Euronews-Reporter

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Was passiert, wenn Ärzte und Patienten gemeinsam den Behandlungsplan besprechen – was hilft es, was sind die Herausforderungen? Euronews-Reporter Jeremy Wilks hat recherchiert:

“Ich bin in Cardiff in Großbritannien, um einen der wichtigsten Trends in der Gesundheitsversorgung zu beleuchten – bekannt unter dem Namen ‘gemeinsame Entscheidungsfindung’. Gemeint ist damit der Prozess der Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient, um die besten Ergebnisse zu erzielen. In der Theorie hört sich das toll an, aber was passiert in der Praxis? Lassen wir uns kompetent beraten.”

Wir beginnen wir mit einer Studie der Cardiff University zu einem Fragebogen, der den Dialog zwischen Doktor und Patient bei einer Krankschreibung verbessern soll. Laut der Allgemeinärztin ergeben sich dadurch neue Erkenntnisse über den Patienten:

“Am Anfang waren wir nicht sehr begeistert von diesem Fragebogen, es ist eine Menge Papierkram, man versinkt darin, aber wir sagten zu, ihn zu testen. Dann waren wir überrascht, welche Wechselwirkungen sich daraus ergeben. Manchmal sind es so einfache Sachen wie, dass der Patient meint, nicht schwer heben oder tragen zu können. Also können wir ihm ein Attest schreiben mit der Befreiung im nächsten Monat vom Heben oder Tragen schwerer Sachen”, so Dr. Ceri Walby.

Das klingt vielleicht simpel, aber Allgemeinärzte haben selten diesen Einblick, warum eine Person nicht arbeitet und was ihre Genesung beschleunigen könnte. Professor Debbie Cohen leitet die Studie. Sie betont, wie die Fragenauswahl des Arztes das Verständnis für den Patienten verbessern kann:

“Die zwei wichtigsten Fragen für Hausärzte bei Gesprächen mit ihren Patienten über ihre Gesundschreibung sind, wie wichtig es ihnen ist, wieder zur Arbeit zu gehen und wie sicher sie sind, dass sie es können. Vielleicht sind sie sehr zuversichtlich, wieder arbeiten zu können, aber es ist ihnen nicht wirklich wichtig. Dann sind die Fragen ganz anders, als wenn sie sagen: ‘Mir ist es wirklich wichtig, wieder zu arbeiten, aber wissen Sie was? Ich traue mich nicht vor die Tür, ich habe nicht das Zutrauen, rauszugehen.”

Die britische Regierung will Patienten mehr in die Entscheidungsfindung bei gesundheitlichen Fragen einbeziehen. Eine Herausforderung in einem Land, in dem mehr als 660.000 Patienten pro Tag behandelt werden und fast ein Viertel der Bevölkerung an einer chronischen Krankheit leidet. Und das sind nicht die einzigen Probleme:

Euronews-Reporter Jeremy Wilks: ‘England steht unter Druck bei den Ausgaben für die Gesundheitsversorgung, so wie viele andere europäische Länder auch. Wie kann man angesichts einer derartig angespannten Haushaltslage das Konzept der gemeinsamen Entscheidungsfindung anwenden? Diese Frage habe ich einem führenden Experten des nationalen Gesundheitsdienstes gestellt.”

Der ehemalige Hausarzt Alf Collins vom National Health Service England (Nationaler Gesundheitsdienst) hat ein besonderes Interesse an dem Konzept:

“Warum sollten wir das nicht umsetzen wollen? Warum sollten wir die Menschen nicht dabei miteinbeziehen und dabei unterstützen, Entscheidungen über ihre Gesundheit zu treffen? Es ist der richtige Weg. Im Hinblick auf die finanzielle Situation gibt es Hinweise darauf, dass sich Personen, die Anteil an den Entscheidungen über ihre Gesundheitsversorgung haben, in der Regel für weniger invasive, weniger teure Verfahren entscheiden, für weniger riskante Verfahren. Aber das stärkste Argument aus finanzieller Sicht ist, dass wir wirklich Gesundheits- und Pflegedienste anbieten sollten, die informierte Patienten wollen, anstatt solche, von denen wir denken, dass sie sie brauchen. So sollten wir unser Geld ausgeben.”

In Cardiff wird beispielhaft klar, dass sich etwas verändert: Ton und Inhalt des Arzt-Patienten-Gesprächs haben sich weiterentwickelt. Dr. Walby sagt:

“Waren wir bisher vielleicht sehr diktatorisch und sagten, das ist ihre Behandlung, das ist die einzige Option, gehen heute die meisten Entscheidungen bis hin zu der Frage: ‘Wollen Sie Schmerzmittel oder nicht?’ auf eine gemeinsame Entscheidungsfindung mit dem Patienten zurück.”

An der Cardiff University ist eine weitere Studie zur gemeinsamen Entscheidungsfindung im Bereich der Arbeitsmedizin in Planung.

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