CDU/CSU: Jein zur Obergrenze

CDU/CSU: Jein zur Obergrenze
Von Euronews
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CDU und CSU beraten vor möglichen Koalitionsgesprächen mit Grünen und FDP in Berlin über eine inhaltliche Neuausrichtung. Die CSU fordert eine Rückbesinnung auf konservative Positionen.

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CDU und CSU sind sich offenbar beim Thema Obergrenze für Flüchtlinge nähergekommen. Ein Kompromisstext, über den in Berlin beraten wird, könnte die Zahl von maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr enthalten.

Das berichtet die dpa unter Berufung auf Teilnehmerkreise. Außerdem wird offenbar eine EU-weite Lösung angestrebt.

Unklar ist allerdings, was die Aufnahme der Zahl genau bedeutet, denn gleichzeitig hieß es, auch künftig soll kein Asylsuchender an den deutschen Grenzen abgewiesen werden. Wer Asyl beantrage, erhalte weiterhin ein ordentliches Verfahren.

Den Berichten zufolge sollen weiters neu in Deutschland ankommende Asylbewerber künftig in speziellen Aufenthaltszentren bleiben, bis über ihre Verfahren entschieden ist.

Das sieht der Entwurf für die Einigung von CDU und CSU auf Regeln für die Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland vor, der der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Sonntagabend vorlag.

Verfahren für neu ankommende Asylbewerber sollen nach den Plänen der Unionsschwestern in “Entscheidungs- und Rückführungszentren” gebündelt werden. Vorbild seien entsprechende Einrichtungen in den bayerischen Städten Manching und Bamberg sowie im baden-württembergischen Heidelberg.

Die Asylbewerber sollen demnach bis zur Entscheidung über ihren Antrag dort bleiben. Die notwendigen ausländerrechtlichen Entscheidungen sollen in diesen Einrichtungen getroffen werden. Falls Anträge abgelehnt werden, sollten die Betroffenen aus diesen Einrichtungen zurückgeführt werden.

Im Entwurf für die Einigung wird zudem die Forderung untermauert, die Liste der sicheren Herkunftsländer zu erweitern. Dies gelte mindestens für Marokko, Algerien und Tunesien.

Speziell das Thema Asyl gilt zwischen den Schwesterparteien als strittig. Während die Kanzlerin eine Obergrenze ablehnt, ist CSU-Chef Horst Seehofer dafür.

Der fordert zudem eine Rückbesinnung auf konservative Positionen. Dafür hat er einen Zehn-Punkte-Plan (siehe unten) nach Berlin mitgebracht, darin geht es unter anderem um Leitkultur, um gesunden Patriotismus und um eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen.

CDU und CSU wollen sich auf gemeinsame Positionen einigen, um in die Koalitionsgespräche mit FDP und Grünen gehen zu können. Die Grünen lehnen eine Obergrenze strikt ab.

Merkel hatte am Samstag bei der Jungen Union angekündigt, Gespräche über eine Jamaika-Koalition aufzunehmen. Die JU hatte angesichts des Wahldebakels ebenfalls ein konservativeres Profil gefordert und eine personelle Neuaufstellung verlangt.

Grandioser #DLT17 mit ehrlichen Diskussionen und super Ergebnissen. Vielen Dank an alle Gäste und Helfer! #DLT17https://t.co/Ba2hGYnxYV

— JU Deutschlands (@Junge_Union) 8. Oktober 2017

Zuspruch für CSU</a>-Position: Mehrheit der Deutschen für <a href="https://twitter.com/hashtag/Obergrenze?src=hash&ref_src=twsrc%5Etfw">#Obergrenze</a>! <a href="https://t.co/sdxIBnrcBw">https://t.co/sdxIBnrcBw</a></p>— CSU (CSU) 6. Oktober 2017

Das ist der Zehn-Punkte-Plan der CSU im Wortlaut

“Die Bundestagswahl 2017 war eine Zäsur. Für unser Land und für die Union. Wer jetzt “weiter so” ruft, hat nicht verstanden und riskiert die Mehrheitsfähigkeit von CDU und CSU. Die Union war nie nur ein Kanzlerwahlverein. Sie hat bis heute die Politik in Deutschland wie keine andere politische Kraft geprägt. Weil sie die politische Mitte mit der demokratischen Rechten vereint hat. Will die Union weiterhin Taktgeber für das gesamte bürgerliche Lager sein, muss sie ihren angestammten Platz Mitte-Rechts ausfüllen. Zehn Gründe, warum die Union dem Land das schuldig ist:

1. Weil die Menschen eine bürgerlich-konservative Politik wollen. Seit dem 24. September ist klar: Es gibt keine linke Mehrheit mehr. Die Wähler setzen auf die Werte und Prägung des Landes, wollen Recht und Ordnung, wünschen Sicherheit und Wohlstand für alle. Das war immer Markenkern der Union. Und das muss immer Unionspolitik bestimmen!

2. Weil wir kein politisches Vakuum entstehen lassen dürfen. Wenn bis auf die CSU alle etablierten Parteien links der Mitte wahrgenommen werden, dann ist das ein Problem. CDU und CSU müssen im Parteiensystem gemeinsam auf derselben Seite und für bürgerliche Überzeugungen stehen. Für liberale und christlich-soziale ebenso wie für konservative.

3. Weil wir die Spaltung der Gesellschaft überwinden müssen. Wir dürfen die Antwort auf die zentralen Konfliktlinien nicht den Extremen von links und rechts überlassen. Denn die Antworten werden nicht schwarz-weiß sein. Eine bürgerliche-konservative Politik muss das tun, was andere nicht schaffen: zusammenführen statt spalten.

4. Weil bei der Modernisierung alle mitkommen müssen. Die Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sind gewaltig. Viele Menschen fühlen sich abgehängt – kulturell und sozial, aber auch politisch. Es ist die Stunde der Union, alle mitzunehmen. Wir können Veränderungen nicht verbieten oder sie einfach laufen lassen. Aber wir müssen sie gestalten.

5. Weil man bei großen Aufgaben auch an die kleinen Leute denken muss. Deutschland hat viel Verantwortung in Europa und der Welt übernommen. Aber es darf nie der Eindruck entstehen, dass die eigene Bevölkerung zu kurz kommt. Bürgerliche Politik ist, sich gerade auch für die Anliegen der kleinen Leute einzuspreizen: bei Rente und Pflege ebenso wie bei Mieten und Jobs.

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6. Weil zu Offenheit und Freiheit auch Obergrenze und Leitkultur gehören. Grenzenlose Freiheit macht Angst. Und Angst ist der größte Feind einer offenen Gesellschaft. Deshalb brauchen wir eine bürgerliche Ordnung der Freiheit: das heißt einen durchsetzungsfähigen Staat, eine klare Begrenzung der Zuwanderung und einen Richtungspfeil für die Integration.

7. Weil gesunder Patriotismus und Liebe zur Heimat wichtig sind. Wir können stolz sein auf das, was Deutschland in den letzten 70 Jahren erreicht hat. Die Werte und Prägung unserer Heimat sorgen für Identität und Zusammenhalt. Nur wer der eigenen Sache sicher ist, kann anderen offen und tolerant begegnen. Dagegen müssen wir klarmachen: Wer Kreuze abnehmen, Schweinefleisch verbannen und Martinsumzüge in Lichterfest umbenennen will, ist nicht tolerant, sondern betreibt gefährliche Selbstverleugnung.

8. Weil es die konservative Stimme braucht gegen Denkverbote und Meinungspolizei. Genauso gefährlich wie ein radikaler Populismus von rechts ist der blinde Populismus gegen rechts. Alles, was nicht im Geist der Alt-68er steht, gilt als rechts und damit schlecht. Debatte muss wieder in der ganzen Breite stattfinden, nicht nur hinter vorgehaltener Hand oder in den Meinungshöhlen im Internet. Das ist das beste Rezept gegen Radikalisierung.

9. Weil wir uns nur so von der AfD erfolgreich abgrenzen können. Die radikalisierte AfD ist keine Alternative für Deutschland, sondern eine Alternative zur NPD. Die Union darf sich niemals damit abfinden, dass sich rechts von ihr eine solche Partei breitmachen kann. Wir müssen die AfD knallhart bekämpfen – und um ihre Wähler kämpfen.

10. Weil inzwischen selbst der Zeitgeist konservativ ist. Normalerweise sieht der Konservative den Zeitgeist eher skeptisch. Doch heute ist das Konservative das neue Moderne. Anders gesagt: Konservativ ist wieder sexy. Denn wer will nicht das bewahren, was uns wirklich wichtig ist: unsere Art zu leben (sicher und frei!), unseren Wohlstand und den gesellschaftlichen Frieden.”

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