Vom schweren Überleben in Kolumbien: "Eine Mahlzeit pro Tag"

Vom schweren Überleben in Kolumbien: "Eine Mahlzeit pro Tag"
Von Euronews
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Trotz der Entwaffnung der FARC-Rebellen bleibt die Situation für viele in Kolumbien problematisch.

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Quibdó, Hauptstadt des Departements Chocó im Nordwesten Kolumbiens. Eine Region, die besonders unter dem jahrelangen Konflikt zwischen der FARC-Guerilla und der Regierung litt. Ein Jahr nach dem Friedensabkommen und der Entwaffnung der FARC-Rebellen kommt die Region immer noch nicht zur Ruhe. Diomedes Isarama floh jüngst aus seiner Gemeinde, nachdem sein Sohn, der Gouverneur eines Indio-Reservats, getötet worden war: von der letzten großen Guerilla-Gruppe ELN, der sogenannten Nationalen Befreiungsarmee.

Diomedes Isarama erklärt:

"Wir haben Angst, denn sie haben unseren Sohn Aulio getötet. Die Leute sagen hier, dass sie alle umbringen werden. Das hört man hier überall."

Die ELN entschuldigte sich offiziell: Man habe den Mann nur verhören wollen, doch er habe einen Rebellen angegriffen. Für die Regierung ein Bruch der Waffenruhe, die mit der ELN im Oktober bis Mitte Januar vereinbart worden war. Nach dem Mord ist die ganze Familie nach Quibdó geflohen.

Der Bruder Peregrino Isarama meint:  

"Wir überleben, wir haben eine Unterkunft, aber manchmal essen wir nur einmal am Tag."

Rebellengruppen, kriminelle Banden und Paramilizen stoßen in das Vakuum, das die FARC hinterließ. Die anhaltende Gewalt, auch die in den Städten trieb im vergangenen Jahr mehr als 50.000 Kolumbianer in die Flucht. Allein in Chocó, wo die Mehrheit der Bevölkerung in Armut lebt, um die 10.000.

Natalia Machado floh aus Medellín, nachdem sie von einer kriminellen Gang bedroht worden war.

"Sie behaupten mir gegenüber, dass sie mich nicht bedrohen würden, aber ich merkte, dass einer der Jungen in der Nachbarschaft plante, mich umzubringen. Sie klopften an meine Haustür. Und ich konnte hören, wie sie sagten - wenn wir die gekriegt hätten, hätten wir sie zusammengeschlagen."

Der Grund, warum sie umgebracht werden sollte, sei gewesen, dass sie versucht habe zu verhindern, dass der Junge mit seinen zwölf Jahren von den Guerillas rekrutiert wird.

Natalia Machado erklärt weiter:

"Es ist hart, denn man sieht immer wieder Jungen Drogen verkaufen, an der Ecke stehen, Erpressungsgelder einkassieren. Das ist alles Wirklichkeit! Es ist sehr hart, denn es gibt da unsichtbare Grenzen, die man nicht überschreiten darf, sonst riskiert man sein Leben."

Natalia gab ihren Job auf und kämpft darum, sich und ihren behinderten Sohn durchzubringen.

"Wirtschaftlich stehe ich miserabel da. Wir leben in sehr schwierigen Verhältnissen. Wenn wir Frühstück haben, gibt es kein Mittagessen, wenn wir zu Mittag essen, gibt es kein Abendessen. Eine Mahlzeit pro Tag - das ist unsere Lage."

Das Friedensabkommen in Kolumbien verringerte zwar die Zahl der Morde, beendete aber nicht völlig den bewaffneten Konflikt. Es scheint mehr gezielte Morde zu geben, denen insbesondere politische Aktivisten und Indigene zum Opfer fielen. Die Zahl solcher Morde ist vor allem dort unverhältnismäßig hoch, wo die FARC einst besonders aktiv war.

euronews-Reporter Héctor Estepa:

"Der Rückzug der FARC aus Gebieten wie in Chocó hat zur gewaltsamen Reorganisation der verbleibenden bewaffneten Gruppen geführt. Die Angriffe auf Gemeindeoberhäupter sind besonders besorgniserregend. Héctor Estepa aus Quibdó für Euronews”.

Die UN-Mission in Kolumbien überwacht die Entwaffnung der FARC-Rebellen - auch in der Region der Reportage.

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