Dieselverbot: Exportiert Deutschland die Luftverschmutzung nach Osteuropa?

Autos vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig
Autos vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Copyright REUTERS/Fabrizio Bensch
Von Julika HerzogChris Harris
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Das deutsche Dieselverbot könnte dazu führen, dass das Luftverschmutzungsproblem einfach nach Rumänien, Bulgarien und in andere osteuropäischen Länder exportiert wird, das befürchten zumindest Experten.

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Das deutsche Dieselverbot könnte dazu führen, dass das Luftverschmutzungsproblem einfach nach Rumänien, Bulgarien und in andere osteuropäischen Ländern exportiert wird, das befürchten zumindest Experten. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in der vergangenen Woche den deutschen Städten grünes Licht gegeben, den umweltschädlichsten Dieselfahrzeugen ein Fahrverbot zu erteilen.

Hamburg kündigte bereits an, es werde Ende April mit der Umsetzung der Grenzwerte beginnen. Und auch Stuttgart und Düsseldorf sind aufgefordert worden, die Verbote anzugehen. Viele weitere deutsche Städte sollen folgen.

Experten sagen, dass die deutschen Autobesitzer als Gegenreaktion auf die kommenden Dieselverbote ihre Autos logischerweise verkaufen werden.

Julia Poliscanova, Luftqualitätsexpertin bei Transport & Environment, erklärte Euronews, dass die ausrangierten Diesel-Pkw aus Deutschland wahrscheinlich einen Weg nach Rumänien, Bulgarien, Polen und Tschechien finden werden: "Wenn Sie ein relativ neues Dieselauto haben und es nichts mehr wert ist - und Sie wissen, dass Sie damit in ein paar Wochen nicht mehr in die Innenstädte fahren können, um zum Beispiel einkaufen zu gehen - was werden Sie dann wohl tun? Alle werden versuchen, diese Autos loszuwerden", so Poliscanova. "Das ist etwas, das man gerade an Millionen und Abermillionen von umweltschädlichen Fahrzeugen beobachten kann."

Das deutsche Verbot ist die jüngste Episode eines weltweiten Rundumschlags gegen Diesel-Autos, der sich seit dem Abgas-Skandal beim Automobilhersteller Volkswagen 2015 noch beschleunigt hat.

Paris, Madrid und Athen kündigten an, dass sie ebenfalls planen, Dieselfahrzeuge bis 2025 aus ihren Stadtzentren zu verbannen, Rom sogar ein Jahr vorher. Der Bürgermeister von Kopenhagen will bereits im nächsten Jahr mit den Restriktionen beginnen. Frankreich und das Großbritannien werden neue Benzin- und Dieselfahrzeuge bis 2040 verbieten.

Aber während die Dynamik ganz im Sinne der Bekämpfung der Luftverschmutzung in den großen Städten Westeuropas Fahrt aufnimmt, stehen Dieselverbote laut Poliscanova in den zentralen und östlichen Teilen der EU noch gar nicht auf der Tagesordnung: "In Ost- und Mitteleuropa gibt es weder Umweltzonen noch Dieselverbote. Deswegen könnte es dazu kommen, dass all diese Dieselfahrzeuge - die jetzt viel weniger wert sind und die die Westeuropäer nicht mehr benutzen wollen - jetzt als Gebrauchtwagen nach Mittel- und Osteuropa verschifft werden und Städte wie Sofia und Prag auf Jahre hinaus verschmutzten werden."

Die Experten fordern deswegen Präventionsmaßnahmen: "Wir sind der Meinung, dass evaluiert werden sollte, welche Maßnahmen ergriffen werden können, damit andere Städte in Osteuropa diese Gebrauchtwagen nicht zulassen oder nur zulassen, nachdem sie repariert oder modernisiert wurden", so Poliscanov.

Polen, dem im vergangenen Monat offiziell mitgeteilt wurde, dass es gegen die EU-Luftqualitätsnormen verstoßen hat, verfügt über einige der am stärksten verschmutzten Städte des ehemaligen Ost-Blocks. Dazu gehört unter anderem Krakau, wo die höchste Feinstaubbelastung (PM10) durch Dieselmotoren gemessen wurde.

Agnieszka Warso-Buchanan, Anwältin bei Client Earth, hatte gehofft, dass das Dieselverbot in Deutschland die Entwicklung sauberer Verkehrszonen in Polen befördern könne. Aber: "Wir befürchten jedoch, dass uns eher die negativen Folgen bald treffen werden; der zunehmende Import von Dieselfahrzeugen, die vom deutschen Markt genommen werden, und dadurch eine Zunahme der Luftverschmutzung in den innenstädten der polnischen Städte", erklärt Warso-Buchanan.

Umweltschützer in Rumänien machen sich ebenfalls Sorgen über die Auswirkungen des deutschen Verbots: "Dies ist definitiv glaubwürdig", bestätigt Carla Donciu, PR-Managerin bei Greenpeace Rumänien, gegenüber euronews.

"Vier von fünf Autos, die im vergangenen Jahr in Rumänien zugelassen wurden, waren Gebrauchtwagen, Autos, die die Umwelt verschmutzen, Autos, die zum ohnehin schon höllischen Verkehr von Bukarest, der fünftgrößten Stadt der Welt, beitragen. Außerdem haben wir keine Umweltsteuer für Autos, was Rumänien zu einem Paradies für alte und umweltverschmutzende Autos macht."

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