Durch die anhaltend warmen Temperaturen steigt auch die Durchschnittstemperatur der Meere. Hat diese Veränderung Konsequenzen für die Natur?
Es ist Urlaubszeit in Europa! Die freie Zeit verbringt ein Großteil der Touristen am Meer - sei es Nord- und Ostsee, Mittelmeer oder auch am Atlantik. Denn was gibt es erfrischenderes als ein Bad im kühlen Nass?
Allerdings wärmen sich auch die Meere mit den steigenden Temperaturen in Nordeuropa weiter auf. Hat das warme Wasser negative Auswirkungen auf die Natur?
Ja, sagt Hans-Martin Füssel, Klimaexperte der Europäischen Umweltagentur (EEA).
In wärmeren Gewässern können sich durch Wasser übertragenen Krankheiten einfacherer verbreiten. Auch sogenannte Totzonen, wo weniger Sauerstoff das Überleben der Meeresbewohner bedroht, bilden oder vergrößern sich.
"Die besorgniserregendsten Auswirkungen des Anstiegs der Meerestemperatur gibt es in den tropischen und subtropischen Zonen", so Dr. Füssel. "Insbesondere Korallenriffe haben eine sehr schlechte Langzeitperspektive."
"Während der Hitzewellen 2016 und 2017 in Australien ist beispielsweise die Hälfte des Great Barrier Reefs weggestorben", fügte er hinzu. "Wir laufen Gefahr, die meisten Korallenriffe der Welt in diesem Jahrhundert zu verlieren."
Wie stark sind die Meerestemperaturen gestiegen?
Einige der europäischen Meere waren in den vergangenen Jahren wärmer als je zuvor, so die neuesten Zahlen aus dem EWR.
Das Mittelmeer und die Nordsee erreichten im Jahr 2014, dem letzten Jahr, für das Zahlen vorliegen, Rekordtemperaturen. Seit Beginn der systematischen Temperaturmessung um 1870 waren sie nie wärmer.
Auch andere regionale Meere in Europa haben in den letzten Jahren Rekordtemperaturen erreicht.
Die folgenden Bilder zeigen, wie sich die Meerestemperaturen in Europa seit 2014 vom langjährigen Durchschnitt unterscheiden.
Orange-, Rot- und Rosatöne deuten auf überdurchschnittlich warmes Wasser hin. Blau und Lila heben das Gegenteil hervor.
Aber sie zeigen nur eine Momentaufnahmet, die Meeresoberflächentemperaturen im Juli der letzten fünf Jahre.
Sie können auf das Video oben klicken, um eine vollständige Animation zu sehen.
2018
2017
2016
2015
2014
Wodurch wird der Temperaturanstieg verursacht?
"Haupttreiber sind zweifellos die Emission von Treibhausgasen, allen voran Kohlenstoffdioxid, das bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe freigesetzt wird, und eine Reihe anderer Gase wie Methan und Stickoxide", so Dr. Füssel.
"Die meisten menschlichen Aktivitäten tragen zu einem gewissen Grad zum globalen Klimawandel bei - das sind Energieverbrauch und -produktion, Verkehr und Landwirtschaft, insbesondere die Fleischproduktion.
Welche Auswirkungen haben steigende Meerestemperaturen?
Höhere Temperaturen haben verheerende Auswirkungen auf die Korallenriffe in tropischen Gebieten, aber auch in Europa sind die Auswirkungen erheblich.
Fischwanderung
Wir haben eine große Wanderung von Fischen und Meereslebewesen nach Norden beobachtet. Wenn sich die Temperaturen verschieben, findet man zunehmend subtropische Arten in europäischen Gewässern.
Die Fänge von Kaltwasserfischen wie Kabeljau und Schellfisch haben sich in einigen Teilen Europas seit den 80er Jahren halbiert, während Fische, die wärmeres Wasser bevorzugen, wie Rotbarben und Seehecht, nach Angaben des EWR um 250 % zugenommen haben.
"Wenn die Menschen auf einheimischen Fisch angewiesen sind, werden sie dort eine Veränderung bemerken, aber es gibt offensichtlich viel internationalen Handel mit Fisch, der diese Effekte ausgleicht", sagte Füssel.
"Es sind eher die Produzenten, Fischer und die lokalen Gemeinschaften, die die Veränderungen spüren, nicht unbedingt die Verbraucher."
Durch Wasser übertragene Infektionen
Höhere Meerestemperaturen im Ostseeraum begünstigen die Vermehrung sogenannter Vibrio-Bakterien.
Das Landesamt für Gesundheit in Mecklenburg-Vorpommern riet am Montag Menschen in Risikogruppen davon ab, in der Ostsee zu baden. Gefährlich könnte das Bad für sehr alte Menschen, Leberkranke, Diabetiker oder Alkoholabhängige sowie anderen alle Menschen mit angeschlagenem Immunsystem.
Totzonen im Meer
Die wärmeren Meerestemperaturen werden auch die Zahl der sauerstoffarmen oder "Totzonen" in Europa erhöhen, so der EWR.
Dies sind Gebiete, in denen es am Meeresboden nicht genug Sauerstoff gibt, um das Leben im Meer zu unterstützen. Die Ostsee ist einer der drei größten Totzonen der Welt.
Die sauerstoffarmen Zonen sind seit Anfang des 20. Jahrhunderts von 5.000 auf 60.000 km2 angestiegen.
Der Stickstoff im Düngerabfluss aus der Landwirtschaft ist die Hauptursache, aber die wärmere See verschärft das Problem.