Jesidin (19) trifft IS-Peiniger - Was tut die deutsche Justiz?

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Von Johannes PleschbergerEmma Beswick
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Ein jesidisches Mädchen wird versklavt, entkommt nur knapp, findet Asyl in Deutschland – und trifft hier ihren Peiniger wieder. Wir haben beim Generalbundesanwalt nachgefragt, was jetzt unternommen wird.

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Eine vom sogenannten "Islamischen Staat" (IS) als Sklavin verschleppte Jesidin flieht tausende Kilometer nach Deutschland, um ihrem Peiniger zu entgehen. Plötzlich trifft die mittlerweile 19-Jährige ihn in Baden Württemberg auf der Straße wieder.

Über zehn Wochen lang "jeden Tag missbraucht"

Aschwak Talo erzählte der kurdischen Nachrichtenseite „Basnews“, dass das IS-Mitglied Abu Human sie für 100 Dollar am Sklavenmarkt gekauft hatte, nachdem sie zuvor verschleppt worden war. "Er hat mich über zehn Wochen lang jeden Tag missbraucht“, berichtete die junge Frau von ihrer Gefangenschaft. Sie war damals 15 Jahre alt.

Wiedersehen mit IS-Peiniger in Schwäbisch-Gmünd: "Ich weiß, in welcher Straße du wohnst"

Doch Aschwak schaffte es zu entkommen und kam als Flüchtling nach Baden Württemberg, wo sie dann in Schwäbisch-Gmünd lebte und zur Schule ging. Doch der Alptraum war nicht vorbei: Eines Tages war sie mitten auf der Straße in Deutschland ihrem ehemaligen Peiniger wiederbegegnet. Aus Angst vor ihm ist sie daraufhin wieder nach Kurdistan (Nord-Irak) zurückgekehrt, erzählte sie im Gespräch mit Euronews.

Abu Human sei plötzlich vor ihr gestanden und habe sie sofort erkannt. Er habe zu ihr gesagt: "Ich weiß auf jeden Fall, dass du Aschwak bist und ich weiß, mit wem du lebst, in welcher Straße du wohnst und in welche Schule du gehst."

Komplett terrorisiert war Aschwak daraufhin zur deutschen Polizei gegangen, um den IS-Verbrecher anzuzeigen. Aber die Polizei habe nichts unternommen und deshalb sei sie zurück in den Irak geflüchtet, sagte die 19-Jährige.

In einem Youtube-Video hat Aschwak von ihren schrecklichen Erlebnissen berichtet:

Wie ist so etwas möglich? Interview mit Generalbundesanwalt-Sprecherin

Euronews hat beim zuständigen Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof nachgefragt, wie es möglich sei, dass jemand, wie der von Aschwak beschriebene IS-Peiniger, in Deutschland frei herumlaufen könne?

Frauke Köhler (Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof):

"Die junge Frau kam fünf Tage nach dem von Ihr geschilderten Vorfall zur Polizei. Die Kollegen haben den Fall aufgenommen und bearbeitet. Anhand der Schilderungen der Zeugin ist es nicht gelungen, eine konkrete Person zu identifizieren. Auch dem genannten Namen (Abu Hamam) konnte keine reale Person zugeordnet werden. Nichtsdestotrotz führen wir die Ermittlungen wegen Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuches weiter. Die Bundesanwaltschaft hätte die Zeugin gerne ergänzend befragt. Allerdings war die Zeugin bereits aus Deutschland ausgereist, als die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen hatte."

"Hochheitsbefugnis endet an deutschen Grenzen"

Haben Sie versucht, sie zu kontaktieren, sie anzurufen?

Köhler: "Als Staatsanwaltschaft ist die Bundesanwaltschaft an Recht und Gesetz gebunden. Sie erhebt Beweise daher entsprechend den Vorschriften der Strafprozessordnung. Ihre Befugnisse sind auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Will die Bundesanwaltschaft Beweise im Ausland erheben, muss sie dies im Wege der Rechtshilfe tun. Das heißt, sie muss die ausländischen Strafverfolgungsbehörden bitten, ihrerseits die erbetenen Beweise vor Ort zu erheben."

Wurde dieser Schritt bereits unternommen?

Köhler: Zu laufenden Ermittlungen äußere ich mich nicht.

"Ich hatte so viel Angst": Aschwaks Flucht zurück nach Kurdistan

Eigentlich wäre Aschwak lieber in Deutschland geblieben. "Ich war so froh, dass ich in Deutschland leben durfte, ich habe Deutsch gelernt. Aber als ich den Mann gesehen habe, konnte ich nicht mehr in Deutschland bleiben. Ich hatte so viel Angst, ich konnte nicht mehr in Deutschland bleiben", sagte die junge Jesidin im Euronews-Gespräch.

Auch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg hat unterdessen auf Twitter bestätigt, dass es in dem Fall ermittle.

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