Wer verdient wie viel? Hier legen Schweizer ihre Gehälter offen

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Von Stephanie Burnett
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Wie viel verdient ein Küchenchef, ein Ingenieur oder eine Sozialarbeiterin in der Schweiz? Um die Ungleichheit und unfaire Behandlung bei Löhnen zu bekämpfen veröffentlichen immer mehr Schweizer ihren Monatslohn.

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Haben wir uns nicht alle schonmal gefragt, wie viel unsere Chefs oder Mitarbeiter verdienen? In der Schweiz gibt es jetzt vielleicht einen Weg, das herauszufinden.

Die Schweizer Gewerkschaft Unia hat eine Website ins Leben gerufen, auf der Arbeitnehmer ihre Gehälter veröffentlichen können. Die Website zeigdeinenlohn.ch, ging letzte Woche online . Mehr als 500 Personen haben das Angebot  angenommen und ihre Daten veröffentlicht. Wegen des starken Interesses stürzte die Website am Mittwoch sogar zeitweise ab.

Personen, die Informationen veröffentlichen, kommen aus verschiedenen Sektoren. David ist 28 Jahre alt, Maler und gibt an, 5.400 Schweizer Franken (rund 4.730 Euro) zu verdienen. Thomas ist 56-jähriger Küchenchef bei der Migros in Zürich und verdient eigenen Angaben nach 4.780 CHF (4.186 Euro).

Tine ist Krankenschwester in einer Reha in Zürich und verdient im Alter von 42 Jahren 6.600 Schweizer Franken, 5.780 Euro. Alex ist Projektleiterin, 47 Jahre alt und verdient 10.000 CHF monatlich, das entspricht rund 8.750 Euro. Ein Anwalt gibt an rund 15.000 CHF (13.140 Euro) zu verdienen.

Wie es funktioniert

Die Benutzer müssen einen Vornamen, eine Berufsbezeichnung, die Branche, in der sie arbeiten, ob sie Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigte sind, Geschlecht, Alter und ein Foto von sich selbst hochladen.

Es gibt andere Bereiche, die optional sind, einschließlich des Namens des Unternehmens, für das sie arbeiten. Das einzige Risiko, das Teilnehmer in Betracht ziehen sollten, ist, ob Ihre aktuellen oder früheren Verträge eine Geheimhaltungsklausel über Gehaltsinformationen enthalten. Die möglichen Konsequenzen muss jeder für sich abwägen.

Ein Versuch, das Tabu zu brechen

Nicole Niedermüller, Kommunikationsleiterin von Unia, sagte Euronews, dass in der ganzen Schweiz Menschen - von Freunden bis zu Ehepartnern - nicht darüber diskutieren, wie viel sie bezahlt werden.

"Es ist ein großes Tabu für die Schweizer, über Gehälter zu reden. Wir versuchen, dieses Tabu mit der Website zu brechen", sagte sie.

Es ist dieser Mangel an Bewusstsein und Transparenz, der zu Ungleichheit in der Schweiz führt.

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Hunderte Schweizer veröffentlichen ihre GehälterZeig deinen Lohn!

Transparenz für Gleichberechtigung?

Unia hofft, dass die Website ein Gespräch über Gehälter ins Rollen bringt und sowohl Männern als auch Frauen eine bessere Vorstellung davon vermittelt, wie viel Geld Menschen in der gleichen Rolle und mit ähnlichem Arbeitsaufwand verdienen. Damit hat die Gewerkschaft Lohndiskriminierung den Kampf angesagt.

"Wenn man nicht weiß, was der Kollege verdient, ist es für einen Chef einfacher, ungleiche Gehälter zu zahlen", sagte Niedermüller. "In der Schweiz ist es ein großes Problem, dass es keine Gleichheit bei den Löhnen gibt."

"Frauen verdienen 20% weniger als Männer"

Diese Zahl wird durch eine Analyse des Statistischen Bundesamtes von 2014 gestützt, wonach Frauen im privaten Sektor 19,5 % geringer bezahlt werden als Männer. Wenn man sowohl den privaten als auch den öffentlichen Sektor im Jahr 2016 zusammenfasst, liegt das Gefälle bei 12 %.

Aber nicht nur Frauen werden bei Gehältern diskriminiert denn auch Ausländer - und Männer - werden diskriminiert, sagt Niedermüller.

"Es gibt Unterschiede zu dem, was Schweizer und Ausländer verdienen", sagte sie. "Schweizer Männer, die Vollzeit arbeiten, bekommen mit hoher Wahrscheinlichkeit bessere Löhne."

Was ist das Gesetz zur Lohngleichheit?

Das Gleichstellungsgesetz, das die "Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern" zum Ziel hat, ist seit 1996 in der Schweizer Verfassung verankert. Doch Rechtsgruppen, einschließlich Unia, argumentieren, dass die Regierung mehr tun muss, um das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu schließen.

Im Mai verabschiedete der Senat einen Gesetzentwurf, der Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern verpflichtet, alle vier Jahre eine Analyse der Geschlechtergerechtigkeit durchzuführen und die Ergebnisse zu veröffentlichen.

Aber nicht nur der Kampf gegen Lohndiskriminierung sei ein Vorteil der angestoßenen Diskussion, sagte Niedermüller.

"Es hat einen großen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen, wenn Sie sehen können, was Ihre Mitarbeiter und Vorgesetzten verdienen. Man kann sehen, ob es ein gerechtes System ist."

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Wenn sie sich fair behandelt fühlen, "fühlen sich Menschen am Arbeitsplatz sicherer, sie bleiben länger im Unternehmen und sind zudem produktiver."

Die Ergebnisse einer Studie von PricewaterhouseCooper unterstützen Niedermüller. Wie das Schweizer Parlament zu Beginn des Jahres mitteilte kommt die Beratungsfirma zu dem Schluss, dass Lohnfairness "nachweislich ein höheres Mitarbeiterengagement fördert, den Wertbeitrag des Unternehmens für potenzielle Talente verbessert, das Reputationsrisiko verbessert und auch die Mitarbeiterbindung verbessert".

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