Nach Wahlschlappe: Ciudadanos-Vorsitzender Rivera tritt zurück

Die Chefs von VOX und PP jubeln - doch stärkste Kraft bleiben Sanchez' Sozialisten
Die Chefs von VOX und PP jubeln - doch stärkste Kraft bleiben Sanchez' Sozialisten
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Von Marta Rodriguez MartinezAlexandra Leistner
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Zum vierten Mal in vier Jahren wählen die Spanier ein neues Parlament. Wir fassen zusammen welche vier Themen dabei eine Rolle spielen.

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Nach der heftigen Wahlschlappe der liberalen spanischen Partei Ciudadanos, ist der Parteivorsitzende Albert Rivera zurückgetreten. Die Partei verlor bei der Abstimmung am Sonntag 47 Mandate und hat künftig nur noch 10 Sitze im Parlament.

Bei der Parlamentswahl hatte wie erwartet keine Partei eine absolute Mehrheit erreicht.

Die Sozialisten von Pedro Sanchez lagen aber deutlich vorne. Nachdem fast alle Stimmen ausgezählt wurden, erklärte die Wahlbehörde, dass PSOE auf rund 28 Prozent kam. Damit verpasste Sanchez aber wie bereits im April die ersehnte Mehrheit.

Die konservative Volkspartei PP erreichte rund 20,82 Prozent der Stimmen. Pablo Casado freute sich über das gute Abschneiden seiner PP und bedankte sich bei seinen Anhängern. Er nutze aber auch klare Worte und sagte, es könne nicht sein, dass das Land von persönlichen Interessen Sanchez' geleitet sei.

Im Wahlkampf hatte er mit Steuersenkungen gelockt. Von seinem erzkonservativen Kurs war er aber abgeweicht.

VOX wird drittstärkste Kraft

Die Rechtspopulisten konnten zulegen und kommen mit 15,09 Prozent als drittstärkste Kraft ins Parlament. Das entspricht 52 Sitzen. VOX war erst im April in das Madrider Parlament eingezogen. In Murcia und Ceuta, der spanischen Enklave in Marokko, ist VOX sogar stärkste Kraft. In beiden Städten leben viele Migranten.

"Das spanische Volk ist mit uns endlich auch ordentlich im Parlament vertreten", erklärte Santiago Abascal, der Chef der Rechtspopulisten. Es sei eine politische Alternative geschaffen worden durch diesen Wahlabend und mit dem Ergebnis sei er mehr als zufrieden.

Puigdemont und andere Politiker, die sich für die Abspaltung Kataloniens stark machen, nannte er Kriminelle.

Verlierer

Das Linksbündnis Unidas Podemos (UP) muss einen Rückschlag verkraften und kam auf rund 9,8 Prozent.

Politikverdruss

Die Wahlbeteiligung lag unter der vom vergangenen April: 69,90 Prozent gaben ihre Stimme am Sonntag ab, vor sieben Monaten hatten noch 71,76 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. 37 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.

Ob die 139 Millionen schwere Wahl eine Veränderung bringt, ist dazu alles andere als sicher. Während der vergangenen Jahre sind in Spanien Reformen, wie etwa im Sexualstrafrecht, wegen des Patts nicht verabschiedet worden.

Ist nach der Wahl vor der Wahl?

In der politische Blockade Spaniens ist vorerst kein Ende in Sicht. Eindeutige Wahlergebnisse hatten sich vor allem die Sozialisten von Pedro Sanchez gewünscht. Jetzt ist die PSOE zwar klar vorne, wieder hat sie die Regierungsmehrheit aber verfehlt, wieder müssen Koalitionspartner gefunden werden - ein Prozess, der in der Vergangenheit scheiterte.

Man wolle die "Sackgasse" jetz aber verlassen, so der Ministerpräsident nach der Wahl. Er wolle eine Regierung bilden, die fortschrittlich ist und nach vorne blickt und von den Sozialisten geleitet wird.

Wie könnte die Regierungsbildung aussehen? Eine große Koalition aus PP und Sozialisten wäre die rechnerisch einzig denkbare Lösung, um auf die 176 Sitze für eine absolute Mehrrheit zu kommen. Diese Lösung hatten die Parteichefs vor der Wahl ausgeschlossen.

Gespräche zwischen Podemos und den Sozialisten für eine Minderheitenregierung wären eine Möglichkeit von der vermutet wird, dass Sanchez genau das tun wird. Am Freitag hatte er angekündigt, innerhalb von 48 Stunden einen Plan zur "Beendigung der Blockade" vorzulegen. Allerdings müssten die anderen Parteien eine solche Regierung dulden, und ihr Segen ist Sanchez alles andere als sicher.

Katalonien - das Zünglein an der Waage

Der Streit um die Unabhängigkeit Kataloniens hatte im Fokus der Wahl gestanden. Straßenkämpfe, brennende Autos und eingeschlagene Fensterscheiben hatten zu einer verhärteten Haltung der politischen Parteien gegenüber Separatisten begeitragen.

Wie sich die Parteien diesbezüglich positionierten, entschied für einige ganz klar ihr Abschneiden. Für Cuidadanos beispielsweise war die Wahl ein Trauerspiel, sie hatten sich zuvor für einen harten Kurs gegen Separatisten eingesetzt. Auch innerparteiliche Streitigkeiten kosteten die Partei Sitze: Von 57 Mandaten ist sie auf 10 Mandate abgestürzt.

Die Katalanen im Parlament könnten auch bei den neuen Sondierungsgesprächen eine wichtige Rolle spielen.

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Zersplitterung der Parteien

Mehrere kleine Parteien ziehen erstmals ins Parlament ein, darunter die neue linke Bewegung Más País (Mehr Land).

In Katalonien lag die republikanische und antikapitalistische Linke ERC vor den Sozialisten, und wurde sogar die fünftgrößte Partei im Land. Die Partei hat drei Sitze im Parlament. Die Mitglieder haben angekündigt, alles abzulehnen und blockieren zu wollen, was von der spanischen Regierung kommt.

Sitzverteilung im Parlament

Das spanische Parlament hat insgesamt 350 Sitze. Nach Wahlergebnissen gehen 120 Sitze an PSOE, 88 an die PP, VOX kommt auf 52 Mandate, Podemos 26, Republikanische Linke Kataloniens ERC 13, Ciudadanos auf 10 und mit JxCAT sind die spanischen Separatisten zudem durch 8 Abgeordnete vertreten.

Historisch gibt es in Spanien eigentlich keine Koalitionen. Vor der Zersplitterung waren entweder PP oder die Sozialisten an der Macht.

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