Wie funktionieren die Parlamentswahlen in Frankreich?

Der Palais-Bourbon, der Sitz des französischen Parlaments Assemblée Nationale in Paris.
Der Palais-Bourbon, der Sitz des französischen Parlaments Assemblée Nationale in Paris. Copyright AP Photo
Von Euronews mit AFP, AP
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Die Parlamentswahlen in Frankreich finden in zwei Runden am 12. und 19. Juni statt. Wie funktioniert das Wahlsystem?

Die Parlamentswahlen in Frankreich finden in zwei Runden am 12. und 19. Juni statt.

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Wie funktioniert das Wahlsystem?
Welche Rolle spielen die 577 Abgeordneten?

MEHRHEITSWAHLRECHT

Die Wahl erfolgt nach dem Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen.

Wenn im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten mehr als 50 % der Stimmen erhält, sind die beiden Erst- und Zweitplazierten automatisch für einen zweiten Wahlgang qualifiziert. Diejenigen, die mehr als 12,5 % der registrierten Wähler erreichen - auch auf dem dritten oder vierten Platz - können sich ebenfalls im zweiten Wahlgang behaupten.

Im zweiten Wahlgang ist derjenige gewählt, der die meisten Stimmen erhält, unabhängig von der Wahlbeteiligung.

In der Fünften Republik - so wird Frankreich aktuelles republikanisches System der Regierung bezeichnet -  wurde stets das Mehrheitswahlrecht mit zwei Wahlgängen angewandt, außer bei den Parlamentswahlen von 1986, bei denen das Verhältniswahlrecht galt. 

DIE KANDIDATEN

Um zu kandidieren, können sich volljährige Kandidat:innen in einem Wahlkreis ihrer Wahl aufstellen lassen und nicht nur in dem Wahlkreis, in dem sie selber als Wähler:in registriert sind. Es ist jedoch nur eine einzige Kandidatur möglich.

Seit einem Gesetz aus dem Jahr 2014, das erstmals 2017 angewandt wurde, ist es für Parlamentarier nicht mehr möglich, ihr Mandat mit einem lokalen Exekutivamt zu kombinieren (Bürgermeister:in, stellvertretende:r Bürgermeister:in, Präsident:in des Departements usw.).

Bei diesen Parlamentswahlen treten in der ersten Runde 6.293 Kandidat:innen gegeneinander an.

DIE WAHLKREISE

Die Einteilung der Wahlkreise basiert auf der Verteilung der Sitze innerhalb der Departements nach Bevölkerungsgruppen, deren Stärke auf 125.000 Einwohner:innen festgelegt ist. Für jede weitere Bevölkerungsgruppe von 125.000 Einwohner:innen wird ein zusätzlicher Abgeordneter zugeteilt.

Departements mit weniger als 125 000 Einwohnern verfügen nur über einen Abgeordneten.

DIE WÄHLER

Um wählen zu können, muss man:

  • die französische Staatsangehörigkeit besitzen.
  • 18 Jahre oder älter sein.
  • in die Wählerlisten eingetragen sein.
  • Laut Statistikinstitut Insee sind 48,7 Millionen Wähler:innen in die Wählerlisten eingetragen.

DIE SCHEIDENDE NATIONALVERSAMMLUNG

Die Zusammensetzung der scheidenden Nationalversammlung (insgesamt 577 Sitze) sieht wie folgt aus:

  • 345 Sitze für La République en marche (LREM) von Präsident Emmanuel Macron und ihre Verbündeten MoDem und Agir.
  • 100 Sitze für die Republikaner Les Républicains (LR)
  • 28 Sitze für die Fraktion der Sozialistischen Partei (Parti Socialiste)
  • 19 Sitze für die Partei UDI (Mitte-Rechts)
  • 18 Sitze für die Fraktion Libertés et territoires (Mitte)
  • 17 Sitze für La France Insoumise (LFI) von Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon
  • 15 Sitze für die Kommunistische Partei (Parti communiste)
  • 25 Abgeordnete gehören keiner Fraktion an, darunter 7 vom rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen oder verwandte Parteien.
  • 10 Sitze sind zudem aufgrund von Rücktritten oder Unvereinbarkeiten mit anderen Mandaten vakant

Etwa 40% der Abgeordneten sind weiblich

Die Abgeordneten werden für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt.

DIE ROLLE DER NATIONALVERSAMMLUNG

Die Abgeordneten vertreten die gesamte Nation und nicht nur ihre Wähler:innen. Sie müssen ihre Entscheidungen im Hinblick auf das allgemeine Interesse treffen.

Zusammen mit dem Senat verfügt die Nationalversammlung über die gesetzgebende Gewalt, d. h. sie macht Gesetze und kontrolliert die Regierung. Bei Meinungsverschiedenheiten über einen Gesetzestext mit dem Oberhaus, das derzeit von der Rechten dominiert wird, haben die Abgeordneten das letzte Wort.

Die Parlamentarier können Gesetzesvorschläge und Änderungsanträge einreichen und prüfen die Gesetzesentwürfe der Regierung.

Sie kontrollieren die Arbeit der Regierung durch mündliche oder schriftliche Anfragen, Untersuchungsausschüsse oder Informationsmissionen. Außerdem sind die Abgeordneten für die Bewertung der öffentlichen Politik zuständig.

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Der Misstrauensantrag gegen die Regierung ist die wichtigste Waffe der Abgeordneten und unterliegt genauen Regeln. Um die Regierung zu stürzen, muss ein Misstrauensantrag mit einer absoluten Mehrheit von mindestens 289 Stimmen verabschiedet werden.

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