Welcher Kurs gegen die Inflation? Schon einen Monat nach Amtsantritt müssen die konservative britische Premierministerin Liz Truss und ihr Kabinett doch der harschen Kritik nachgeben.
Doch keine Steuersenkungen für Reiche in Großbritannien: Der britische Finanzminister hat die spektakuläre Kehrtwende an diesem Montagmorgen angekündigt. In der Sendung "Today" auf BBC Radio 4 sagte Kwasi Kwarteng, er habe sich nach Gesprächen mit Abgeordneten und Wählern dazu entschlossen, weil er die Diskussion darüber als "große Ablenkung" von den anderen in seinem Plan vorgesehenen Maßnahmen empfunden habe.
Die geplante Senkung der 45 Prozent-Steuer für Briten und Britinnen, die mehr als 150.000 Pfund (mehr als 170.000 Euro) verdienen auf 40 Prozent wird jetzt fallen gelassen.
Auf die Frage, warum Liz Truss die Abschaffung des 45%-Steuersatzes für Reiche noch am Vortag verteidigt habe, antwortete der Finanzminister, er habe mit ihr gesprochen, nachdem er gesehen habe, wie viel Aufmerksamkeit die Steuersenkungen erregt haben. "Wir haben zugehört, was die Leute sagen", sagt er.
Mit wütenden Slogans und Pappmache-Figuren von Premierministerin Liz Truss, ihrem Wirtschaftsminister Jacob Rees-Mogg, der stellvertretende Regierungschefin Therese Coffey und Innenministerin Suella Braverman hatten Aktivistinnen und Aktivisten in Birmingham gegen die britische Regierung protestiert. Dort fand am Wochenende der Jahreskongress der Konservativen Partei im International Convention Center statt. Viele Menschen in Großbritannien fühlen sich nach Ansicht der Organisatorinnen und Organisatoren der Proteste von der britischen Regierung übergangen - oder gar missachtet.
Wirtschaftsminister Rees-Mogg konnte das Treffen der Tories nur unter Polizeieskorte erreichen. Vor dem Tagungsort verbrannten Protestiernde demonstrativ ihre Stromrechnungen. Andere kündigten auf Banderolen an, sie wollten und würden ihre hohen Energierechnungen nicht bezahlen. "Can't pay, won't pay, don't pay" war einer der Slogans.
Weniger als einen Monat nach dem Amtsantritt von Liz Truss stand ihr sogenannter "Mini-Haushalt" im Kreuzfeuer der Kritik.
Finanzminister Kwasi Kwarteng hatte Ende September ein "Mini-Budget" angekündigt, um den steigenden Lebenshaltungskosten und der Inflation von fast 10% etwas entgegenzusetzen. Darin enthalten waren neben direkten Beihilfen für Energierechnungen auch erheblichen Steuersenkungen für die Reichsten. Nicht nur Linke und Verbraucherverbände protestierten, die Finanzmärkte befürchteten zudem eine Explosion der britischen Schulden.
Einen Teil des Mini-Budgets hat die Regierung jetzt zurückgenommen. Die Steuern für Reiche werden nicht gesenkt.
Die neue Tory-Chefin Liz Truss beharrte zunächst darauf, dass ihr umstrittener Mini-Haushalt Großbritannien zu wirtschaftlichem Wachstum zurückführen werde, während das Land schon seit Jahren gegen eine hohe Inflation und drohende Rezession zu kämpfen hat.