Evakuiert oder verschleppt? 5000 Zivilisten pro Tag verlassen Cherson

Aus Cherson evakuiert: Ein Mädchen mit ihrem Hund nach der Ankunft in Dschankoj auf der Krim.
Aus Cherson evakuiert: Ein Mädchen mit ihrem Hund nach der Ankunft in Dschankoj auf der Krim. Copyright AP
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Von Euronews mit dpa, afp
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In Cherson wurden die schwersten Artilleriegefechte seit Tagen gemeldet. Russland steht zunehmend unter Druck und evakuiert Menschen aus der Region. Kiew befürchtet Verschleppungen gegen den Willen der Menschen.

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Die Lage der russischen Besatzer in Cherson verschlechtert sich. Die ukrainischen Truppen stehen offenbar kurz vor der Rückeroberung. Russland evakuiert nach eigenen Angaben jeden Tag mehr als 5000 Zivilisten aus der Region. 

Cherson: Evakuierung oder Verschleppung?

Um das zu untermauern veröffentlichte Moskau Bilder von russischen Soldaten, die Autofahrer über den Fluss Dnipro leiten. Die Ukraine dagegen spricht von „Verschleppung“ der Menschen - gegen deren Willen.

Die Gegenoffensive der Ukrainer rund um Cherson kommt offenbar voran. Am Samstag wurden die schwersten Artilleriegefechte seit Tagen gemeldet.

Oleksandr Schtupun, Sprecher des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte, sagt: "Der Feind erleidet rund um Cherson weiter Verluste. Am 3. November wurde ein Schlepper in der Nähe der Ortschaft Antoniwka zerstört. Zwei weitere Boote wurden beschädigt und müssen repariert werden. Auch eine Kolonne der Besatzer wurde getroffen. Sie warteten auf eine Überfahrt nahe der Ortschaft Olhiwka. Genaue Informationen über Verluste in den Reihen der feindlichen Truppen werden derzeit noch gesammelt.“

Artilleriegefechte im Süden und Osten der Ukraine

Moskau verbreitete auch Bilder, die angeblich die Zerstörung ukrainischer Stellungen durch russische Kampfhubschrauber zeigen. Kiew wiederum gibt an, in den letzten 24 Stunden 600 feindliche Soldaten getötet zu haben. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen und weichen stark von den offiziellen Verlautbarungen aus Moskau ab.

Bei neuen Kämpfen im Osten und Süden der Ukraine sollen sich die Truppen Moskaus und Kiews mit schwerer Artillerie beschossen haben. Das geht aus den Militärangaben der ukrainischen und russischen Seite hervor. Die ukrainischen Kämpfer hätten in den Gebieten Luhansk und Donezk russische Stellungen vernichtet, hieß es in Kiew.

In Moskau teilte das russische Verteidigungsministerium mit, dass "ukrainische Angriffe" in den Gebieten Donezk, Luhansk und Cherson zurückgeschlagen worden seien. Die Ukraine hatte immer wieder angekündigt, sich die von russischen Truppen besetzten Gebiete zurückzuholen.

ISW: Putin will Mobilmachung verdeckt fortsetzen

Unabhängige Experten halten eine verdeckte Fortführung der Mobilmachung für Russlands Krieg in der Ukraine für wahrscheinlich. Jüngst von Präsident Wladimir Putin unterzeichnete Dekrete deuteten darauf hin, dass die Teilmobilmachung entgegen russischer Behauptungen keine ausreichende Truppenstärke erzielt habe, hieß es in einem Bericht der Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) mit Sitz in Washington. 

Dafür spreche auch, dass Putin bislang kein Dekret unterzeichnet hat, das die Ende September ausgerufene Mobilmachung offiziell beendet. Der Kreml hatte am Dienstag erklärt, dass die Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten für den Kriegsdienst in der Ukraine abgeschlossen sei.

London: Russische Rekruten bekommen so gut wie keine Ausbildung

Das russische Militär ist nach Ansicht britischer Experten durch den Angriffskrieg in der Ukraine mit der Ausbildung neuer Rekruten überfordert. Das geht aus dem täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London hervor. 

Demnach hatte Moskau bereits Schwierigkeiten, Training für die etwa 300.000 bei der Teilmobilisierung eingezogenen Reservisten zu organisieren. Das Problem dürfte sich den Briten zufolge für die regelmäßig im Herbst eingezogenen etwa 120.000 Wehrpflichtigen noch verschärfen.

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