"Floating": Massage fürs Gehirn

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Von Euronews
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Eine neue Entspannungstechnik

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Neulich bei einer Einladung zum Abendessen: “Erzählt doch mal von den Dates, die ihr in letzter Zeit hattet”, sagte einer der Gäste. Ich bereitete mich schon darauf vor, die üblichen traurigen Tinder-Geschichten zu hören, wurde aber eines Besseren belehrt. Denn einer der Gäste berichtete von einem wirklich originellen Erlebnis: Er wurde zum “Floating” eingeladen, also zum Schwimmen, oder sich treiben lassen. Seine Verabredung hatte ihn zu einem “Sinnesentzug” im “Float Lab” hier in Los Angeles eingeladen. Dort wurde er in einer dunklen, stillen Kammer eingeschlossen, wo er zwei Stunden von der Schwerkraft befreit wurde, getragen von über 450 Kilogramm Salzwasser. Der Sinn des Ganzen? Von jeglicher Ablenkung befreit, konnte er sich von der Gedankenlast befreien.

Da ich ein abenteuerlustiger Mensch bin, musste ich das natürlich selbst ausprobieren. Gleich am darauffolgenden Tag machte ich einen Termin. Man erzählte mir, die Wasserkammern seien hygienisch einwandfrei, sauber, sicher und das Erlebnis bezahlbar. “Ja, ja”, sagte ich ungeduldig am Telefon, als die technischen Details aufgezählt wurden, “aber was erwartet mich?” Daraufhin folgte am anderen Ende der Leitung zunächst nur Stille. “Erwartungen führen nur zu Enttäuschungen”, sagte die Stimme. “Kommen Sie einfach vorbei.”

Frustriert über diese rätselhafte Antwort, beschloss ich, alleine zu dem Termin zu gehen. Ich war unsicher, was ich erwarten sollte und es war mir zu riskant, ein Date mitzunehmen. Vor Ort bekam ich eine charmante Einweisung: Wenn der Zeitschalter angeht, könnte ich eine Kabine betreten, in der ich mich duschen könnte. Anschließend könnte ich die etwa 1,5 Meter breite, 2,40 Meter lange und zwei Meter hohe Schwebekammer betreten. Mir war kalt und ich bildete mir ein, dass ich durch Kameras beobachtet wurde (was natürlich nicht der Fall war). Auf Zehenspitzen stieg ich in den Wassertank und zog die riesige Tür ins Schloss, bis sie einrastete.

Von einer absoluten Stille und Dunkelheit umgeben, legte ich mich auf’s Wasser, das Gesicht nach oben und den Blick dahin, wo ich das Dach vermutete. Ich stellte mir vor, im Weltraum zu sein, weil ich etwas völlig Unbekanntes erlebte. Auf einmal schaltete sich mein Verstand aus, wie, als hätte jemand auf einen Resetknopf in meinem Gehirn gedrückt.

Die Seance dauerte zwei Stunden. Nach etwa vier Minuten hatte ich mich an die ungewohnte Situation gewöhnt und begann, mich tiefenzuentspannen. E-Mails, SMS, zwischenmenschliche Probleme und Verpflichtungen waren in eine Welt gebannt, die ich hinter mir gelassen hatte. Ich fühlte mich wie ein Embryo im Bauch der Mutter. Selbst wenn ich wollte, hätte ich mich nicht mit dem Stress befassen können. Die Isolation war befreiend. Endlich hatte ich nur Zeit für mich. Ein wahrer Luxus in einer Zeit, in der Ablenkung allgegenwärtig ist, die Gedankenschleife endlos und private Momente selten. Ich begann, auf spielerische Art und Weise, meine Sinne zu entdecken. Um mich an das Gefühl der Schwerelosigkeit zu gewöhnen, bewegte ich meinen Körper von einem Ende der Kammer zum anderen. Ich lauschte dem ohrenbetäubenden Lärm meines eigenen Atems. Anscheinend gibt es Menschen, die in der Wasserkammer einschlafen, aber dafür bin ich zu neurotisch. Ich blieb eine Stunde und 45 Minuten lang – versuchen Sie mal, eine Minute lang mit geschlossenen Augen dazusitzen, und Sie werden sehen, wie lang die Zeit werden kann. Am Ende fühlte ich mich gleichzeitig unbeschreiblich schwer und leicht und außerdem sehr müde.

Jede und jeder erlebt das “Floating” anders. Manche Menschen können dadurch Stress oder Angstgefühle reduzieren, einen besseren Schlafrhythmus finden, ihren Blutdruck normalisieren, ihr Konzentrationsvermögen verbessern, ihre Kreativität steigern, Schmerzen lindern oder sich einfach von einem Jetlag erholen. Nachdem sich das Müdigkeitsgefühl gelegt hatte, beschloss ich, dass ich nicht müde war, sondern einfach nur entspannt, ein unbekanntes Gefühl. Floating ist wie eine Massage fürs Gehirn. Ein Luxus, den man sich öfter gönnen sollte.


Gastautorin: Lauren Fleishman @Lafleish

Kurzbio: Lauren Fleishman ist TV-Drehbuchautorin und lebt in Los Angeles. Sie ist zudem Gründerin der Werbeagentur L.A.F. Creative.

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