Ukraine am Scheideweg

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Von Euronews
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2011 hätte das Jahr der Entscheidung werden sollen für die Zukunft der Ukraine, der Abschluss der Verhandlungen über das lang ersehnte bilaterale Freihandelsabkommen. Die Unterschrift sollte auf dem EU-Ukraine-Gipfel im Dezember erfolgen. Doch nun gefährdet die ukrainische Innenpolitik den Zeitplan, der Prozess gegen die ehemalige Ministerpräsidentin Julia Timoschenko wegen angeblicher Korruption, den EU-Vertreter als Schauprozess werten. Das Thema dominierte auch die Gespräche auf dem jüngsten Yalta European Strategy Treffen, das Spitzenvertreter aus Wirtschaft und Politik auf der Krim zusammenführte. “Wir verhandeln über ein Assoziierungsabkommen und sind bereits ein gutes Stück vorangekommen. Doch das hängt auch von den Erfolgen ab, die die Ukraine Tag für Tag beim Respekt der Grundrechte und Freiheiten leistet, das bedeutet auch im Gerichtssaal”, betont

EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle.

Timoschenko wird vorgeworfen, 2009 beim Abschluss von Erdgasverträgen mit Russland ihre Vollmachten überschritten und der Ukraine wirtschaftlichen Schaden zugefügt zu haben. Den Vorwurf, der Prozess sei politisch motiviert weist Präsident Janukowitsch zurück. Besagte Verträge sollen neu ausgehandelt werden, auf partnerschaftlicher Basis, versteht sich. Skeptisch zeigt sich der Oppositionspolitiker Arseniy Yatsenyuk. Der ehemalige ukrainische Finanzminister und Parlamentssprecher glaubt, die Ukraine habe Moskau gegenüber wichtige Trumpfe verspielt. “Wir wollen keinen Rabatt und kein Gratisgas, sondern faire Bedingungen, statt Russland Geschenke zu machen, wie in den vergangenen anderthalb Jahren.”

Russische Vertreter blieben dem Treffen in Jalta fern. Stattdessen brachte man auf dem zeitgleich in Sotschi stattfindenden Wirtschaftsforum ein Abkommen über den Bau der sogenannten Südstrom-Pipeline unter Dach und Fach. Sie soll künftig russisches Erdgas nach Europa liefern, ohne dabei die Ukraine zu durchqueren. Für das traditionelle Transitland Ukraine, eine erschreckende Aussicht. Europäische Vertreter raten der Ukraine deswegen, die Erdgas-Abhängigkeit zu drosseln. “Die künftige Wirtschaft der Ukraine wird der vieler anderer europäischer Staaten gleichen”, so der schwedische Außenminister Carl Bildt. “Mit den Säulen Verarbeitung, Dienstleistung, Handel, Tourismus, Verkehr und auch etwas Erdgas. Aber nicht in demselben Maß, wie heute.”

Die Ukraine scheint zerrissen zwischen den strategisch wichtigen europäischen Ambitionen und dem Streben nach Engieunabhängigkeit, und muss sie sich obendrein dem Vorwurf der Missachtung von Grundrechten stellen. Ob das Land die wichtigen Reformen auf dem Weg zur Demokratie durchsetzen kann, wird sich zeigen.

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