Alle Macht den Angestellten

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Von Euronews
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Jedes Jahr wechseln in Europa mehr als 450.000 Unternehmen den Eigentümer. Ein Umbruch, den fast ein Drittel der betroffenen Unternehmen nicht überlebt. Was also tun, um diese Sterblichkeit zu senken? Die Übernahme von Firmen durch ihre Angestellten hat sich vielerorts bewährt.

Nach 25 Jahren an der Spitze seines Geschäfts fasste Jean-Paul Haspot im Jahr 2004 den Entschluss, seine Firma zu verkaufen. Doch, die Geschäftsideen potentieller Käufer gefielen ihm nicht. Monsieur Haspot wählte daher die Gründung einer SCOP nach französischem Recht, einer Art Genossenschaft. Sein ehemaliger Produktionsleiter ist heute Leiter des Unternehmens. “Ich musste einen neuen Chef suchen, nur so konnte eine Übernahme gelingen. Ich habe ein Drittel der Übergabekosten selbst übernommen”, so Altbesitzer Jean-Paul Haspot.
Damals stimmten 80 Prozent der Angestellten der Überführung in eine Kooperative zu. Jeder Beschäftigte zeichnete Anteile von mindestens 1500 Euro. Zweieinhalb Jahre blieb Monsieur Haspot noch im Unternehmen, um alles in die richtigen Bahnen zu leiden. Dann wage er den Rückzug. Sein Nachfolger Loïck Anger leitet heute die Genossenschaft. “Dem Unternehmen ging es gut. Und seit der Übernahme konnten wir unseren Umsatz verdoppeln. Heute machen wir etwa 10 Millionen Euro im Jahr. Auch die Zahl der Angestellten hat sich verdoppelt auf einhundert Mitarbeiter. Und all das mitten in der Krise”, weiß Anger. Monsieur Haspots Unternehmen hat unter der Selbstverwaltung durch die Mitarbeiter nicht gelitten. Im Gegenteil. Die Genossenschaft wird durch einen Vorstand geführt. Dessen Entscheidungen müssen vom Verwaltungsrat abgesegnet werden.

Genossenschaften bieten in Europa heute mehr als 5,4 Millionen Arbeitsplätze, Tendenz steigend. Wer in Nantes oder irgendwo sonst in Westfrankreich ein Unternehmen in eine Genossenschaft überführen möchte, kann sich Hilfe holen. Die “Union Régionale des SCOP de l’Ouest”, ein Dachverband von Genossenschaften, begleitet die nötigen Schritte. “Die Übernahme durch die Mitarbeiter reduziert das Bankrottrisiko um die Hälfte. Ein Grund: Das Know-How bleibt im Unternehmen und gibt Kunden und Mitarbeitern Sicherheit”, so Unionsmitarbeiterin Marie Brentot. Der Dachverband vermittelt den Angestellten das nötige Wissen, um als Anteilszeichner mitreden zu können. “Wir wollen, dass die Beschäftigten Co-Unternehmer werden. Sie sollen lernen, Bilanzen zu lesen, rechtliche Grundlagen zu verstehen”, so Brentot weiter. Nur so könne man als Anteilseigner selbstständig Entscheidungen treffen.

Und was sind dabei die Schlüssel zum Erfolg? Unternehmensgründer Jean-Paul Haspot spricht aus Erfahrung: “Eine angemessen lange Übergangsphase, ein von allen Seiten akzeptierter Geschäftsführer und ständige Kommunikation untereinander – sagen, was man tut und tun, was man sagt!”

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