Europass: Arbeitssuche in Coronazeiten

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Europass: Arbeitssuche in Coronazeiten
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Von Efi KoutsokostaFanny Gauret
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DIe EU-Kommission hat eine neue Online-Plattform gestartet, um Arbeitssuchende dabei zu unterstützen, in ganz Europa einen Job oder eine Weiterbildung zu finden.

Die Arbeitslosigkeit in Europa könnte sich laut Schätzungen im nächsten Jahr verdoppeln. Wie unterstützt Europa Arbeitssuchende in Zeiten der Coronakrise? Gerade junge Arbeitnehmer und Saisonarbeiter haben es derzeit schwer, Arbeit zu finden. Die EU-Kommission hat die Europass-Plattform eingeführt, um Europäer bei der Karriereplanung in der gesamten EU zu unterstützen. Darüber sprechen wir mit dem EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte Nicolas Schmit. Das ist das Thema in dieser Real Economy-Folge.

Was ist der Europass?

Der Europass bringt europäische Arbeitssuchende und Arbeitgeber in der gesamten EU zusammen. Seine neue und verbesserte Version wurde am 1. Juli gestartet. Der neue Europass zielt darauf ab, den Europass-Lebenslauf und andere Qualifikationsinstrumente für das digitale Zeitalter zu vereinfachen und zu modernisieren.

Nutzer können ein persönliches Profil auf der Online-Plattform erstellen, um ihre Fähigkeiten sowie ihre Ausbildungs- und Arbeitserfahrungen zu dokumentieren. Arbeitssuchende können relevante Dokumente in ihrer persönlichen Online-Bibliothek speichern und ihre Weiterbildungs- und Arbeitsgesuche verfolgen.

Sie können auch einen Link zu ihrem Online-Profil mit Arbeitgebern, Personalvermittlern und Arbeitsvermittlungsdiensten teilen, um Unterstützung und Beratung für ihre Karriere zu erhalten. Und sie haben Zugang zu Informationen über Lernen und Arbeiten in Europa. Die meisten Europass-Benutzer gibt es in Italien, Portugal, Rumänien und Spanien.

Was bringt der Europass jungen Arbeitnehmern?

Die Internationale Arbeitsorganisation hat vor den ernsthaften Auswirkungen gewarnt, die die Pandemie auf die sogenannte Lockdown-Generation haben könnte. Wir haben junge Leute gefragt, ob sie von den Maßnahmen auf EU-Ebene profitieren und ob die EU ihrer Meinung nach mehr tun könnte.

"Um sich an den digitalen Fortschritt auf den Arbeitsmarkt und bei der Arbeitssuche anzupassen, hat die Europäische Union Anfang Juli die Europass-Plattform gestartet", so euronews-Reporterin Fanny Gauret. "Dort können Europäer online ihre Fähigkeiten und Qualifikationen präsentieren, um einen Arbeitsplatz oder eine Ausbildung in ganz Europa zu finden."

Die euronews-Reporterin trifft Lehrlinge und junge Hochschulabsolventen in Ostfrankreich, in der Nähe von Deutschland. Wie werden sie bei der Arbeitssuche unterstützt?

Eine Kooperative bietet eine Ausbildung im Grünen an. Die Ausbilder verwenden seit mehreren Jahren die Europass-Werkzeuge, um den Kompetenzerwerb zu dokumentieren und Lebensläufe zu erstellen, die in ganz Europa verwendet werden können. Der Landschaftsgärtner-Lehrling Sami Roux meint: "Der Europass-Lebenslauf macht es mir leichter, eine Arbeitsstelle zu finden, vor allem in Deutschland. Dort gibt es mehr Nachfrage. Auf dem Lebenslauf kann der Arbeitgeber sofort sehen, welche Kompetenzen ich hier im Unternehmen erworben habe."

Schlüsselkompetenz Mobilität

Mobilität ist laut Arbeitsämtern eine Schlüsselkompetenz: Sie erhöht die Anzahl der Angebote und sie wird besonders von Personalvermittlern nachgefragt. Hugo Bregeras, ein Student des Chemieingenieurwesens, konnte aufgrund des Lockdowns sein Praktikum in Deutschland nicht antreten. Er fand etwas im Bereich Permakultur in seiner Region. Er ist davon überzeugt, dass zusätzliche Fähigkeiten ihm dabei helfen, sich von anderen abzuheben:

"Hier lerne ich fachübergreifende Dinge, die bei der Arbeitssuche immer geschätzt werden, wie Teamarbeit oder Probleme zu lösen. Mobilität ist sehr wichtig: Das ist eine Kompetenz, die man unbedingt in seinem Lebenslauf hervorheben muss - das macht den Unterschied. Alle Ingenieure sprechen Englisch, also muss man eine andere Sprache beherrschen, sonst findet man schwer Arbeit. "

Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation hat seit Beginn der Epidemie jeder sechste junge Europäer seinen Arbeitsplatz verloren. Wer jetzt eine Arbeit sucht, ist vom Einstellungsstopp betroffen. In Metz trifft die Reporterin eine junge Deutsche, die es ins Ausland zog. Sie hat gerade eine Arbeit im Personalwesen in Frankreich gefunden.

"In dieser Covid-19-Periode war es sehr schwierig, eine Stelle zu finden", erzählt Franziska Bulle. "Ich hatte das Glück, etwas zu finden. Mein Arbeitgeber sagte mir später, dass ich die Stelle bekommen habe, weil mein Lebenslauf sie überzeugt hätte, er habe sehr gut meine Kompetenzen herausgestellt."

In ganz Europa können Europass-Benutzer auf der neuen Plattform direkt nach einer Ausbildung oder einem Arbeitsplatz suchen. Es bleibt abzuwarten, ob es gute Angebote geben wird.

EU-Kommissar Nicolas Schmit im Interview: Arbeitssuche im digitalen Zeitalter

In Brüssel trifft euronews-Reporterin Efi Koutsokosta den EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte Nicolas Schmit.

Euronews:
Herr Kommissar, vielen Dank, dass Sie unser Gast sind. Es gibt eine neue Europass-Plattform. Was sind die neuen Elemente?

Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte:
Es ist ein neues Online-Portal, das sehr breit aufgestellt ist. Es ist ziemlich einfach zu handhaben. Unser Leben wird immer mehr vom Digitalen beeinflusst, das hat auch die Krise bestätigt. Daran muss sich auch die Arbeitssuche anpassen, die Suche nach einer Weiterbildung in ganz Europa. Denn wir fördern die Freizügigkeit der Menschen in Europa. Es gibt so viele Möglichkeiten, vielleicht nicht in meinem Heimatland, aber anderswo. Man muss den Menschen erleichtern, diese Möglichkeiten zu finden. Das Gleiche gilt für Arbeitgeber, die Menschen mit bestimmten Fähigkeiten suchen. Außerdem kann man nach einer Fortbildung suchen, um seine Karriere voranzubringen.

Euronews:
Anscheinend haben es junge Arbeitnehmer und Saisonarbeiter derzeit am schwierigsten. Kann man von einer "Lockdown"-Generation sprechen, verglichen mit der verlorenen Generation in der vorangegangenen Krise?

Nicolas Schmit:
Das müssen wir verhindern. Wir müssen alles tun, damit es nicht zu einer "Lockdown"-Generation kommt. Es besteht die Gefahr, dass Berufseinsteiger die Hauptopfer dieser ganz besonderen und einzigartigen Krise sein werden. Mehr als die Hälfte derer, die zum Beispiel in Spanien ihren Arbeitsplatz verloren haben, sind junge Menschen unter 35 Jahren. Selbst in Deutschland ist die Zahl der Jugendlichen, die sich arbeitslos gemeldet haben, inzwischen auf über 250.000 gestiegen. Das ist ein großes Risiko, und deshalb müssen wir schnell reagieren.

Euronews:
Können Sie konkrete Angaben zu den Maßnahmen machen? Sie haben den Mindestlohn erwähnt. Bereits vor der Krise gab es einen Vorschlag dazu. Ist es an der Zeit, die Mitgliedstaaten dazu zu drängen, sich auf europäischer Ebene zu diesem Thema zu einigen?

Nicolas Schmit:
Ende September, Anfang Oktober wird die EU-Kommission ihren Vorschlag dazu vorlegen. Wir können den Aufschwung nicht auf Lohndumping aufbauen, auf Menschen, die trotz Arbeit arm sind. Wir können nicht Menschen, die in dieser Krise sehr oft die schwierigsten Arbeiten verrichtet haben, das Recht auf einen angemessenen Lohn verweigern. Es ist also wirklich an der Zeit, diese Debatte über Löhne in Europa zu führen, insbesondere über Mindestlöhne, aber auch über das Recht auf Tarifverhandlungen. Meiner Meinung nach müssen auch Tarifverhandlungen gefördert und gestärkt werden.

Der Übergang in das neue digitale Zeitalter beginnt mit den Werkzeugen, die wir dafür haben. Und der Europass will eines davon sein.

Journalist • Efi Koutsokosta

Cutter • Nicolas Coquet

Weitere Quellen • Kamera Belgien: Bruno Lapierre, Pierre Holland; Kamera Frankreich: Christophe Obert; Motion Design: NEWIC (www.agence-newic.com)

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