Inklusion gelingt mit Bildung und Arbeitsmöglichkeiten

Mit Unterstützung von The European Commission
Real Economy
Real Economy Copyright euronews
Copyright euronews
Von Naomi LloydFanny Gauret, Sabine Sans
Diesen Artikel teilen
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

In dieser Real-Economy-Folge geht es um die Arbeitsplatz-Barrieren, die Menschen mit Behinderungen überwinden müssen.

In dieser Real-Economy-Folge geht es um die sozialen und arbeitsmarktbezogenen Rechte von Menschen mit Behinderungen. Welche Arbeitsplatz-Barrieren müssen Menschen mit Behinderungen in Europa überwinden? Zwei Berichte zeigen, wie sich Frauen in Spanien und Polen erfolgreich im Arbeitsmarkt integriert haben. Aber nur gut die Hälfte der Menschen mit Behinderungen haben einen Arbeitsplatz. Die EU-Kommissarin für Gleichstellung Helena Dalli spricht über Maßnahmen auf europäischer Ebene.

Der Aktionsplan der Europäischen Säule sozialer Rechte

Im Aktionsplan der Europäischen Säule sozialer Rechte und in der Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen forderte die Kommission die Mitgliedstaaten auf, sich Ziele zu setzen, um die Beschäftigungslücke zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen zu schließen und Ziele für die Bildung von Erwachsenen mit Behinderungen festzulegen.

Die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung im Bereich der Beschäftigung leistet zwar einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen in der Beschäftigung, auch in Bezug auf angemessene Vorkehrungen am Arbeitsplatz, doch es muss noch mehr getan werden, um bessere Arbeitsmarktergebnisse für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten.

Die Kommission hat im März 2021 eine neue Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen für den Zeitraum 2021-2030 angenommen, die mit den Zielen der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNCRPD) im Einklang steht.

Die Kommission beabsichtigt, 2022 ein Beschäftigungspaket für Menschen mit Behinderungen auf den Weg zu bringen, um die Beschäftigungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, wobei sie die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Netz der öffentlichen Arbeitsverwaltungen, den Sozialpartnern und den Organisationen von Menschen mit Behinderungen anstrebt. Die wichtigsten Aktionsbereiche sind: Stärkung der Kapazitäten von Beschäftigungs- und Integrationsdiensten, Förderung von Einstellungen und Bekämpfung von Stereotypen, Gewährleistung angemessener Vorkehrungen, Sicherstellung von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen bei chronischen Krankheiten oder Unfällen, Erkundung von hochwertigen Arbeitsplätzen in geschützten Beschäftigungsverhältnissen und Wege zum offenen Arbeitsmarkt.

Bildung und Arbeit sind wichtige Mittel zur Inklusion

In der EU gibt es schätzungsweise 87 Millionen Menschen mit Behinderungen. Viele Menschen werden wahrscheinlich im Laufe ihres Lebens mit einer Behinderung konfrontiert - sei es durch einen Unfall oder eine Krankheit. Ein Arbeitsplatz ist eine der besten Möglichkeiten, Unabhängigkeit und soziale Eingliederung zu gewährleisten - aber nur gut die Hälfte der Menschen mit Behinderungen ist erwerbstätig.

Eine Erfolgsgeschichte aus Spanien

In Spanien ist die Zahl der in den Arbeitsmarkt integrierten Menschen mit Behinderungen in den vergangenen sechs Jahren um mehr als 20 % gestiegen, vor allem dank der öffentlichen Finanzierungen und Programme.

In Madrid unterstützt die Stiftung ONCE Projekte, die dazu beitragen, das Leben von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, wie z. B. "Talento Digital", ein Programm zur beruflichen Integration, das digitale und technologische Schulungen anbietet.

Die 23-jährige Alicia Gómez Escribano hat eine Programmierausbildung bei " Talento Digital" absolviert. Die hörgeschädigte Frau hat vor kurzem ihren ersten Job als App-Testerin bekommen: "Aufgrund der Gespräche meiner Kollegen kann ich mich schlecht konzentrieren. Sie haben mich abseits gesetzt, damit ich weniger Kopfschmerzen habe, und ich habe auch einen Kopfhörer bekommen, der den Umgebungslärm reduziert", erzählt sie."

Sie arbeitet bei einem öffentlichen Unternehmen. Dort gibt es einen Plan zur sozialen Eingliederung, d.h. dass man auf die Bedürfnisse aller eingeht. Projektleiterin Ana Belén Blanco del Campo bei der Tragsa-Gruppe meint: "Der Schlüssel ist eine gute Kommunikation zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer über seine Arbeit und über seine Bedürfnisse. Das Unternehmen muss die Gesellschaft widerspiegeln, wie sie ist."

"Talento Digital" bildet Menschen mit Behinderungen in den neuen Technologien aus. In diesem Bereich gibt es viele Möglichkeiten, so der Verantwortliche für die berufliche Integration bei der Stiftung David Alonso: "Wir nutzen diese große Marktlücke, um Fachkräfte auszubilden, die genauso produktiv sind wie eine Person ohne Behinderung."

Die gesamte Gesellschaft widerspiegeln

Das in Teilen vom europäischen Sozialfonds finanzierte Programm hat 2021 mehr als 5000 junge Menschen ausgebildet und plant weitere Kurse in fortgeschrittenen Technologien. David Alonso meint: "Menschen mit Behinderungen sollten in allen Bereichen einer Gesellschaft vertreten sein."

Alicia Gómez Escribano hat ihre Karriere in einem zukunftsträchtigen Sektor begonnen, in dem sie sich integriert fühlt. Das ist eines der Ziele der Europäischen Säule sozialer Rechte: ein Leitfaden für eine gerechte und integrative Sozialpolitik in Europa.

Bildung und Entschlossenheit

Im polnischen Krakau trifft die euronews-Reporterin eine Frau, die für Gleichberechtigung am Arbeitsplatz kämpft: Monika Jankowska-Rangelov ist Leiterin Inklusion & Diversität bei State Street:

"Ich habe eine motorische Behinderung, ich wurde krank, als ich 2 Jahre alt war. Ich leide unter Dermatomyositis, eine Krankheit, die mich in meiner Bewegungsfreiheit einschränkt, und auch innere Leiden mit sich bringt", erzählt sie. Monika Jankowska-Rangelov lädt die Reporterin zu sich nach Hause ein, um mehr über ihre Universitätskarriere zu erzählen. Höhere Bildung ist eines der ersten Probleme für die Karriere von Menschen mit Behinderungen: In Europa erreichen etwa 30 % einen Hochschulabschluss, im Vergleich zu mehr als 40 % bei Menschen ohne Behinderung.

Und weiter erzählt sie: "Ich hatte das Glück, dass meine Eltern mir immer erklärt haben, dass ich mit meinem Verstand arbeiten muss, da ich nicht körperlich arbeiten kann. Ich wollte einen Abschluss an der Pädagogischen Hochschule machen, aber die war für mich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen."

Deshalb studierte sie Sprachen. Schritt für Schritt arbeitete sie sich zu ihrem Traumjob hoch. Mit ihrer Entschlossenheit überwand sie viele Hindernisse. Denn auch wenn Unternehmen für die soziale Eingliederung offen sind, ist der Verlust der Invaliditätsrente eines der Hindernisse für Menschen mit Behinderungen, einen Arbeitsplatz zu finden:

"Eine Aufhebung der Grenzen würde helfen, denn ich habe viele Ausgaben, zum Beispiel für meinen Monatsbedarf an Medikamenten", meint Monika Jankowska-Rangelov. "Und selbst mit meinem Gehalt ist es immer eine Herausforderung, alle Ausgaben zu decken."

Bessere Zugänglichkeit, finanzielle Unterstützung sowie die Umsetzung von Plänen zur sozialen Eingliederung am Arbeitsplatz: Das sind für Monika Jankowska-Rangelov Wege, um Barrieren abzubauen:

"Bildung ist der Schlüssel und das Bewusstsein aller Mitarbeiter für Inklusion, sowie behinderte Menschen als normal anzusehen. Es gibt immer mehr Menschen mit Behinderungen um uns herum, und wie ich verdienen sie beste Möglichkeiten am Arbeitsplatz, aktiv zu sein und ihr Leben in vollen Zügen zu genießen."

Maßnahmen auf europäischer Ebene

Im Europäischen Parlament geht es um die Gesetzgebung - die Richtlinie zur Gleichbehandlung im Bereich der Beschäftigung beispielsweise. Und 2021 hat die Europäische Kommission eine Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen verabschiedet, die Initiativen zur Unterstützung des Rechts auf ein unabhängiges Leben und eine gleichberechtigte Teilhabe an allen Lebensbereichen vorsieht. Über Maßnahmen auf europäischer Ebene spricht die euronews-Reporterin mit der EU-Kommissarin Helena Dalli.

Euronews-Reporterin Naomi Lloyd: Warum gibt es in Europa immer noch so viele Hindernisse für Menschen mit Behinderungen in puncto Arbeit?

Helena Dalli, EU-Kommissarin für Gleichstellung: Wo soll man anfangen? Das ist ein Problem, das wir wirklich angehen müssen. Menschen mit einer Behinderung stoßen auf so viele Probleme beim Eintritt in den Arbeitsmarkt, sogar schon früher, zum Beispiel bei ihrer Ausbildung und dem Zugang zu Bildung. Wir müssen diese Realität aus der Perspektive der übrigen Gesellschaft betrachten und uns fragen, was sie tut, um ihren Bürgern den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Arbeitgeber sollten angemessene Bedingungen für Menschen mit Behinderungen schaffen.

Euronews: Was tut die Europäische Kommission, um diese Barrieren zu beseitigen?

Helena Dalli: Es gibt die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Darin geht es um die hier angerissenen Punkte. Es gibt das Beschäftigungspaket für Menschen mit Behinderungen, in dem wir über die Notwendigkeit angemessener Vorkehrungen sprechen und darüber, wie wir Menschen mit Behinderungen ermutigen und helfen können, eine Arbeit zu finden. Und es gibt zum Beispiel die Plattform für Menschen mit Behinderungen, auf der verschiedene Organisationen vertreten sind und sich über bewährte Verfahren austauschen. Ich lege großen Wert darauf, Menschen mit Behinderungen zu treffen, denn sie sind die Experten für ihre Realität. Und wir tauschen uns mit den Sozialpartnern über das aus, was wir gelernt haben, es gibt einen ständigen Austausch.

Cutter • Silvia Lizardo

Weitere Quellen • Produktion: Camille Cadet; Kamera Spanien und Polen: Christophe Obert; Kamera Brüssel: Pierre Hollan, Jorne Van Damme; Motion Design: NEWIC https://www.agence-newic.com/

Diesen Artikel teilen

Zum selben Thema

EU-Aufbauplan: Spanien ist "Versuchskaninchen"

20 Jahre später: Wie hat der Euro unser Leben verändert?

Die EU strebt ein "starkes soziales Europa" nach der Pandemie an