Wie funktioniert der Europäische Gesundheitsdatenraum?

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Von Claudio RosminoSabine Sans
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Die Mobilität der Menschen in Europa nimmt zu. Wie stellen sich nationale Gesundheitssysteme darauf ein?

Die Mobilität der Menschen innerhalb der Europäischen Union hat in den vergangenen Jahren wieder zugenommen. In der Folge muss auch eine effiziente, grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung für alle Bürger gewährleistet werden. 

Die jüngsten Entwicklungen zeigen zwar, dass das Mobilitätswachstum während der Pandemie zum Stillstand gekommen ist. 2020 lebten 13,5 Millionen Europäer in einem anderen EU-Land, davon etwa 10 Millionen im erwerbsfähigen Alter.

Der künftige Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS) wird dabei durch den sicheren und interoperablen grenzüberschreitenden Austausch von Gesundheitsinformationen ein wichtiger Akteur sein. 

So funktioniert der Europäischen Gesundheitsdatenraum

Zwei grenzüberschreitende Infrastrukturen sind das Herzstück des Europäischen Gesundheitsdatenraums: MyHealth@EU, das bereits in Betrieb ist, und HealthData@EU.

eHealth-Experte Licínio Kustra Mano aus Brüssel erklärt die Auswirkungen auf Gesundheitssysteme und Patienten:

"MyHealth@EU bietet Mitarbeitern im Gesundheitsbereich Zugang zu wichtigen Informationen über Grenzen hinweg; beispielsweise muss ein Apotheker Zugang zu Rezepten haben, die in einem anderen Land ausgestellt wurden, ein Krankenhaus-Arzt muss Zugang zu wichtigen Informationen wie Allergien, Impfungen, früheren Krankheiten oder aktuellen Medikamente haben", so der Beauftragte für Informationssysteme bei der Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der EU.

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Licínio Kustra Mano, e-Health-Experte aus Brüsseleuronews

Grenzüberschreitender Datenaustausch

Medizinische Unterlagen werden in die Sprache des Arztes übersetzt. So kann sich jeder europäische Bürger, der durch die Europäische Union reist, behandeln lassen, als wäre er in seinem eigenen Land.

Im Rahmen von MyHealth@EU ist der Zugang zu Gesundheitsdaten über nationale Kontaktstellen (NKS) möglich, die nach und nach in allen Mitgliedstaaten eingerichtet werden, sowie über die Europäischen Koordinierungsdienste, die den Datenaustausch zwischen den Nationen vereinheitlichen.

Außerdem ist eine Sekundärnutzung für Forschung und Entwicklung sowie die politische Entscheidungsfindung geplant. Man kann aus vielen Gesundheitsdaten Nutzen ziehen. MyHealth@EU und HealthData@EU sind standardbasiert und technologieneutral. Das bedeutet, dass man die Verwendung gemeinsamer Standards anstelle von bestimmten Technologien oder Technologieanbietern fördert. 

Forscher, Einrichtungen oder Unternehmen brauchen eine Genehmigung von einer Stelle für den Zugang zu Gesundheitsdaten, die in allen Mitgliedstaaten eingerichtet werden soll. Die Genehmigung wird nur unter strengen Datenschutz- und Sicherheitsbedingungen möglich sein, und jeder Staat wird weiterhin seine eigenen Daten verwalten. "Es gibt keine zentrale europäische Datenbank mit allen Patientendaten; die Daten bleiben dort, wo sie erhoben wurden, und man kann darauf zugreifen, wenn man sie braucht", erklärt Licínio Kustra Mano.

Rezepte und Patientenübersichten sind bereits in 10 europäischen Ländern verfügbar

MyHealth@EU-Dienste wie elektronische Verschreibungen und Patientenübersichten sind bereits in 10 europäischen Ländern verfügbar. In den kommenden Jahren werden beide Dienste schrittweise in der gesamten Europäischen Union eingeführt. Gesundheitsdaten wie z. B. Laborergebnisse, Röntgen-Bilder und -berichte sowie Entlassungsbriefe werden ebenfalls verfügbar sein.

In den nächsten zwei Jahren wird eine Pilotversion von HealthData@EU die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Zugang zu Gesundheitsdaten testen. 

Das in Paris ansässige Health Data Hub leitet das Konsortium, das das Pilotprojekt durchführen wird. Diese auf die Verwaltung von Gesundheitsdaten spezialisierte französische öffentliche Einrichtung hat ein System entwickelt, in dem Patienteninformationen unter hohen Sicherheits- und Datenschutzstandards zugänglich sind. "Kein Mitarbeiter hat Zugang zu Daten, die direkt identifizierbar sind", erzählt der Wissenschaftliche Direktor Emmanuel Bacry. "Das ist eine Regel des Hubs. Die Daten sind verschlüsselt. Die Verschlüsselungscodes und das gesamte Verschlüsselungssystem befinden sich vollständig im Besitz des Hubs. Wir haben ein sehr hohes Sicherheitsniveau. Das ist ganz normal für so sensible Daten."

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Emmanuel Bacry, wissenschaftlicher Direktor des Health Data Hub in Pariseuronews

Finnland ist ein weiteres Mitglied dieses Konsortiums. Findata, die nationale Datenbehörde für den Gesundheitssektor, hat Erfahrungen mit der Beratung und dem Schutz der Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten im Rahmen von Projekten im öffentlichen Interesse. 

"Es werden niemals sogenannte direkte Identifikatoren herausgegeben, also Name, Sozialversicherungsnummer, Parameter, die Personen direkt identifizieren", sagt Findata-Direktorin Johanna Seppänen. "Die Daten werden immer pseudonymisiert, d.h. die identifizierenden Informationen werden entfernt, oder sie werden anonymisiert."

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Findata-Direktorin Johanna Seppäneneuronews

Bei den elektronischen grenzüberschreitenden Gesundheitsdiensten werden Sicherheit und Datenschutz eine entscheidende Rolle spielen, um das Vertrauen der Bürger und damit ihre Bereitschaft zur Weitergabe von Gesundheitsinformationen zu gewinnen.

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