Kinder und Vorschulbildung: Es gibt noch großen Nachholbedarf

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Von Galina Polonskaya
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Die UNESCO-Tagung über frühkindliche Betreuung und Bildung in Usbekistans Hauptstadt Taschkent macht deutlich: Auf diesem Gebiet tut sich viel, aber in vielen Ländern gibt es deutlichen Rückstand. Deshalb wurden ehrgeizige Ziele festgelegt.

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Wie kann für jedes Kind auf der Welt eine angemessene Betreuung und Vorschulerziehung sichergestellt werden? Um diese Frage ging es bei der UNESCO-Tagung über frühkindliche Betreuung und Bildung in Usbekistans Hauptstadt Taschkent.

Abordnungen der Mitgliedsstaaten sowie Fachleute aus der ganzen Welt trafen sich, um sich über Vorgehensweisen auszutauschen und Verpflichtungen einzugehen.

33 Millionen Kinder gehen nicht zur Vorschule
Stefania Giannini
stellvertretende UNESCO-Generaldirektorin für Bildung

Stefania Giannini, stellvertretende UNESCO-Generaldirektorin für Bildung, erläutert: „Ein Viertel der Weltbevölkerung im Alter von 5 bis 6 Jahren, das heißt 33 Millionen Kinder, gehen nicht zur Vorschule. Deshalb sind wir hier, um die Mitgliedsstaaten, alle Beteiligten und Gesellschaften anzustoßen, die in der Bildung tätig sind, die frühkindliche Bildung zu verwirklichen.“

Zu Beginn der Tagung besuchten die Gäste eine Ausstellung von Aufnahmen, die Vorschulkinder zeigen. Viele andere Minderjährige haben nicht die Möglichkeit eines Schulbesuchs.

„Es gibt Bereiche mit deutlicher Ausgrenzung“

Ein UNESCO-Bericht zeigt, dass frühkindliche Bildung auch in wohlhabenden Staaten oft vom Einkommen der Erziehungsberechtigten abhängt. „Ausgrenzung ist nicht gleichförmig. Es gibt Bereiche mit deutlicher Ausgrenzung, Kinder bestimmter Gruppen bleiben außen vor. In Europa trifft das zum Beispiel auf Roma-Kinder zu. Da müssen wir handeln, das muss Vorrang haben“, so die Politikanalystin Anna Cristina D'Addio.

Es besteht diesbezüglich ein großes Gefälle zwischen Ländern mit niedrigem und hohem Einkommen. Der Inder Kailash Satyarthi, seines Zeichens Kinderrechtler und Friedensnobelpreisträger, fordert die Weltgemeinschaft auf, sich stärker einzusetzen und Kinder nicht zu vergessen.

„Wir brauchen ehrlichen politischen Willen, uns selbst und allen anderen die Frage zu stellen, warum so viele Kinder außen vor gelassen werden. Wenn wir über die Kinder in Ländern südlich der Sahara und die Kinder in Ländern mit niedrigem Einkommen sprechen, stehen wir einer ernsten Krise gegenüber, einer Bildungskrise, einer Gesundheitskrise, einer Entwicklungskrise, einer Krise der Kindheit, und das kann nicht ausgeklammert werden“, betont Satyarthi.

In Krisenzeiten auch Belange der Kinder nicht vernachlässigen

Bildung in Krisenzeiten - eine weltweite Angelegenheit. Kinderrechtlerin Nour Jarrouj meint: „Wenn wir versuchen, eine Krise zu bewältigen, tun wir das nur mit Unterkünften, Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln und so weiter. Wir vergessen dabei den so wichtigen Zeitraum zwischen null und fünf Jahren, in dem wir eingreifen und sicherstellen müssen, dass die Kinder seelisch gesund sind, dass sie Raum zum Spielen und Lernen haben, dass sie sich entfalten können und eine normale Kindheit haben.“

Es ist erwiesen, dass die ersten Jahre eines Kindes entscheidend für die Entwicklung seiner Lernfähigkeit sind. Auf die ersten 1000 Tage kommt es an. Bis zum dritten Lebensjahr hat sich das Gehirn zu 90 Prozent entwickelt.

Neurowissenschaftlerin Chloé Farrer erläutert: „In den ersten Lebensjahren entwickelt das Kind Fähigkeiten, die für seine schulische Leistung, sein Wohlbefinden und seine Anpassung an die Gesellschaft von entscheidender Bedeutung sind. Wichtig ist vor allem, dass das Kind eine Fülle von Erfahrungen macht: Sinnesbetont, sprachlich sowie sozial-emotional.“

Das Gastgeberland Usbekistan brachte seine Erfahrungen vor Ort in die Tagung ein. So wurden Vorschulen in Taschkent besucht. Innerhalb von gerade einmal fünf Jahren ist die Zahl der Kinder ab drei Jahren, die in Usbekistan eine Vorschule besuchen, von 27 auf 70 Prozent gestiegen.

„Jedes Kind hat das Recht auf eine Vorschulerziehung - das ist einer der Hauptgedanken und Ziele dieser Tagung in Taschkent“, berichtet euronews-Mitarbeiterin Galina Polonskaya.

Alle einzubeziehen, der Austausch über Neuerungen in der Erziehungswissenschaft, aber auch Politisches und Wirtschaftliches kam zur Sprache.

Bis 2030: Frühkindliche Betreuung und Bildung für alle

Liana Ghent von der Kinderschutzvereinigung ISSA sagt: „Wenn wir die Bedeutung der frühen Jahre erkennen, werden wir auch die Bedeutung derjenigen erkennen, die mit kleinen Kindern arbeiten. Und um sie wertzuschätzen, müssen wir den Beruf reizvoller machen.“

Die Bestätigung des Rechts eines jeden Kindes auf gerechte, einbeziehende und menschenwürdige Bildungsbedingungen durch die Mitgliedsstaaten
Agrippina Shin
usbekische Ministerin für Vorschulbildung

Das wichtigste Ergebnis der Veranstaltung war die sogenannte „Erklärung von Taschkent und die Verpflichtung zur Umgestaltung der frühkindlichen Betreuung und Bildung“. Dazu zählt die Sicherstellung frühkindlicher Bildung sowie eine Erziehung, die Kinder dabei unterstützt, Herausforderungen wie den Klimawandel und Pandemien zu bewältigen.

Agrippina Shin, die usbekische Ministerin für Vorschulbildung, sagt: „Das Hauptziel dieser Veranstaltung war die Bestätigung des Rechts eines jeden Kindes auf gerechte, einbeziehende und menschenwürdige Bildungsbedingungen durch die Mitgliedsstaaten.“

Das ehrgeizige Ziel lautet: Bis 2030 sollen alle Kinder hochwertige frühkindliche Betreuung und Bildung erfahren.

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