Der "Düsselsorf-Patient" - HIV frei nach Stammzellbehandlung

Schätzungsweise 40 Millionen Menschen leben weltweit mit mit einer HIV-Infektion
Schätzungsweise 40 Millionen Menschen leben weltweit mit mit einer HIV-Infektion Copyright Euronews
Von Camille Bello
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Stammzelltransplantationen können keine skalierbare Behandlung für HIV werden, da sie sehr invasiv sind und viele Risiken bergen. Die HIV-Infektion ist derzeit nicht heilbar, kann aber mit antiretroviralen Behandlungen kontrolliert und in Schach gehalten werden.

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Ein 53-jähriger Mann in Deutschland ist die jüngste Person, die von HIV, dem AIDS-auslösenden Virus, "geheilt" wurde. Schätzungsweise 40 Millionen Menschen leben weltweit mit dieser Krankheit.

Der Patient, der zum Schutz seiner Identität als "Düsseldorfer Patient" bezeichnet wird, ist nach Angaben von Forschern der vierte Mensch, der bisher geheilt wurde, und der dritte Mann, der als Virus-frei gilt.

Er wurde wegen Leukämie behandelt - einer Krebsart, die das Blut und das Knochenmark befällt - als er HIV-resistente Stammzellen von einem Knochenmarkspender erhielt.

Der Mann beendete 2018 die antiretrovirale Therapie (ART) - die wichtigste Behandlung für HIV - und ist seitdem "am Leben und bei guter Gesundheit".

Vor ihm wurden zwei kaukasische männliche Krebspatienten, bekannt als der "Berliner Patient" und der "Londoner Patient" von HIV geheilt, nachdem sie dieselbe Knochenmarkstammzelltransplantation von einer Person mit genetischer Resistenz gegen HIV erhalten hatten.

Bis heute gibt es kein bekanntes Heilmittel für HIV, aber bedeuten diese Nachrichten, dass sich das bald ändern könnte?

Der Berliner Patient: Der erste Geheilte?

So einfach ist es leider nicht, aber es gibt Hinweise darauf, dass es Behandlungen gibt, die die Krankheit erfolgreich in schach halten kann. 

Timothy Ray Brown war ein Amerikaner, der als der erste klinisch von HIV geheilte Mann gilt. Er lebte 1995 in Berlin, als er erfuhr, dass er sich mit dem Virus infiziert hatte, und 2006 wurde bei ihm Leukämie diagnostiziert.

Zwei Stammzellentransplantationen waren notwendig, um ihn in Remission zu bringen. Im Jahr 2008 wurde Brown sowohl von HIV als auch von Krebs für geheilt erklärt. Sein Fall wurde als großer Sieg gefeiert: 

"Ich bin der lebende Beweis dafür, dass es eine Heilung für AIDS geben kann."

Ray Brown starb allerdings im Jahr 2020 an einer Remission seiner Leukämie.

Die Patienten in London und New York: Ein Grund zur Hoffnung?

Während Ray Brown als Einzelfall galt, wurde der Londoner Patient, Adam Castillo, ein in Venezuela geborener, heute 43-jähriger britischer Koch, als zweiter Mensch auf der Welt bezeichnet, der von HIV geheilt wurde. Auch ein dritter Patient - eine gemischtrassige Frau mittleren Alters, die von ihrer HIV-Infektion geheilt wurde - iblieb Anonym und wurde als "New Yorker Patient" bezeichnet.

Die Frau erhielt eine andere Art der Behandlung als die anderen; anstelle von Knochenmarkstammzellen von Spendern erhielt sie Stammzellen aus der Nabelschnur eines Neugeborenen mit natürlicher Immunität gegen HIV.

Im Jahr 2022 beschloss die Frau, die antiretrovirale Therapie abzubrechen, und mehr als 14 Monate später zeigte sie immer noch keine Anzeichen von HIV. Ihre scheinbare Remission - die den Weg für eine HIV-Heilung für eine breitere Palette von Menschen mit Blut aus der Nabelschnur ebnete - wird jedoch oft diskreditiert, nachdem einige Forscher warnten, es sei zu früh, um sich der Behandlung sicher zu sein.

Der "Düsseldorfer Patient

In einer Studie, die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, begrüßten Wissenschaftler die Nachricht, dass der "Düsseldorfer Patient" "mindestens" der dritte Mensch mit HIV ist, der von dem Virus "befreit" wurde.

Seit Jahren wird Menschen mit HIV eine antiretrovirale Therapie verabreicht, um das Virus auf ein fast nicht mehr nachweisbares Niveau zu reduzieren und eine Übertragung auf andere Menschen zu verhindern.

Das Immunsystem ist jedoch klug genug, das Virus in Reservoirs im Körper zu halten, denn wenn Patienten die antiretrovirale Therapie absetzen, beginnt das Virus oft, sich wieder auszubreiten.

Eine echte Heilung würde dieses Reservoir beseitigen, und genau das ist nach Ansicht der Wissenschaftler bei den drei männlichen Patienten geschehen: Düsseldorf, Berlin und London.

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Bei späteren Untersuchungen konnten die Wissenschaftler keine Antikörper gegen das Virus mehr nachweisen.

Sind Stammzellen der Weg in die Zukunft?

Wissenschaftler meinen, Stammzelltransplantationen könnten niemals eine skalierbare Behandlung für HIV werden, da sie sehr invasiv sind und zu viele Risiken bergen.

Obwohl die Autoren der Studie sagen, dass die Zukunft der HIV-resistenten Stammzellen "weder ein risikoarmes noch ein leicht skalierbares Verfahren" ist, wird ihre Bedeutung durch die jüngsten Berichte über erfolgreiche langfristige HIV-1-Remissionen nach Anwendung des Verfahrens hervorgehoben. Sie sind der Ansicht, dass weitere Forschungen zu diesem Ansatz "das Versprechen einer HIV-1-Heilung außerhalb lebensbedrohlicher hämatologischer Malignome" bergen könnten, d. h. Krebserkrankungen, die in blutbildendem Gewebe beginnen, wie Leukämie und Lymphome.

Die Beobachtungen, die im Fall des Düsseldorfer Patienten gemacht wurden, könnten "wertvolle Erkenntnisse liefern, die hoffentlich zu künftigen Heilungsstrategien führen werden", heißt es weiter.

Die HIV-Infektion ist derzeit nicht heilbar, kann aber mit antiretroviralen Behandlungen kontrolliert und in Schach gehalten werden. Von den fast 38 Millionen Menschen, die weltweit mit HIV leben, haben jedoch 10 Millionen keinen Zugang zu einer Behandlung.

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Ein Heilmittel ist der Schlüssel

Jeder neue Patient, der durch eine Knochenmarkzelltransplantation von HIV geheilt wird, ist so, als würde man jemanden mit einer Rakete zum Mond schicken: Es ist großartige Wissenschaft, aber nicht der Weg, auf dem wir reisen werden.

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