Obdachlose führen Touristen durch Bologna

Obdachlose führen Touristen durch Bologna
Von Johannes PleschbergerFilippo Fiorini Bologna
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Daniele, Samanta und Giuseppe hatten davor kein einfaches Leben...

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Es war die erste westliche Stadt, die einen Universitätskurs eingerichtet hat, die erste der Welt, die die Sklaverei abgeschafft hat, und für einige Tage ist Bologna auch eine der ersten Städte, in denen man eine Tour durch das Zentrum unternehmen kann, die von drei Obdachlosen geleitet wird, Daniele, Samanta und Giuseppe.

Ohne Zuhause und ohne Arbeit, haben die Protagonisten dieser Initiative die Ärmel hochgekrempelt, studiert und, wenn sich der Erfolg der ersten Touren bestätigt, werden sie bald ihr eigenes Start-up-Unternehmen verwirklichen. Das Projekt entstand aus der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen, privaten und genossenschaftlichen Institutionen.

Kein einfaches Leben für Daniele, Samanta und Giuseppe

Daniele lebt seit vier Jahren in einem Container. Zuvor war er ein Staatsangestellter und genoss höhere Bildung, aber das hatte nicht gereicht.

Samanta verlor ihr Haus bei einer Zwangsräumung. Jetzt wohnt sie in einer Unterkunft, die ihr vom Sozialamt anvertraut wurde, weit weg von ihren Kindern und ohne jegliche Sicherheit für die Zukunft. Jetzt nutzt sie aber ihre langjährige Erfahrung im Theater, um der touristischen Beschreibung von Denkmälern eine besondere Note zu verleihen.

Giuseppe hingegen hat viele Jahre am Bahnhof und einige Nächte in beheizten Bussen verbracht. Zuvor war er Koch, er hatte ein Diplom als Sachverständiger, aber ein nicht zurückgezahltes Darlehen hatte sein Leben komplett verändert.

"Dreh die Postkarte um"

Die Touristenführungen, die noch bis zum 1. August dauern und im September fortgesetzt werden sollen, starten in der Gemäldegalerie Quadreria. Das Projekt entstand auch mithilfe des Obdachlosenvereins Piazza Grande und der örtlichen Handelskammer. Es heißt "Gira La Cartolina" ("Dreh die Postkarte um"), ein Name, der dazu einlädt, die andere Seite der Medaille in einer Stadt voller Schönheit zu beobachten.

Die Quadreria-Galerie selbst ist ein symbolischer Ort für die Obdachlosen, die die Gemälde beschreiben. Samanta hat die Fähigkeit, die im Museum ausgestellten Gemälde der Bologneser Schule zu veranschaulichen, als ob sie in einem Theaterstück spielen würde. Dann, auf der Straße, macht sie die Touristen auf die Anwesenheit von Obdachlosen auf dem Bürgersteig aufmerksam: "Ignoriere sie nicht, lächle sie an, sag ihnen 'guten Morgen', wie du es bei jedem anderen tun würdest".

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