Irak: Was die Kurden seit dem Referendum vom 25.9. verloren haben

Irak: Was die Kurden seit dem Referendum vom 25.9. verloren haben
Von Euronews
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Seit den Freudenfeiern nach dem Referendum hat sich die Stimmung der Kurden im Irak ins Gegenteil umgekehrt.

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Die 1-Millionen-Einwohner-Stadt Kirkuk wird von der irakischen Armee kontrolliert, seit deren Truppen und die schiitischen Hashd al-Shaabi Milizen Mitte Oktober dort einmarschiert sind. Die kurdischen Soldaten haben Kirkuk kampflos verlassen. Die Agentur Reuters berichtet vom Klima der Angst unter den Kurden, die in Kirkuk leben und die davon träumten, dass ihre Stadt eines Tages die Hauptstadt eines neuen Kurdenstaates werden könnte.

Doch seit den Freudenfeiern der Kurden nach dem vom Kurden-Präsident Masoud Barzani organisierten Referendum vom 25. September 2017 hat sich die Situation ins Gegenteil verkehrt. Damals hatten sich 90 Prozent für einen eigenen kurdischen Staat ausgesprochen. Die irakische Zentralregierung lehnt eine Abspaltung der Kurden strikt ab. Bei den jetzt von den irakischen Truppen eingenommenen Gebieten handelt es sich um Regionen, die sowohl von Bagdad als auch von den Kurden beansprucht werden. De facto haben die Kurden in den vergangenen Wochen fast alle Gebiete, die sie von den IS-Dschihadisten zurückerobert hatten, wieder verloren. Iraks Ministerpräsident Haidar al-Abadi sagte in Bagdad, die kurdische Volksabstimmung gehöre nun der Vergangenheit an. Einige befürchten gar einen Bürgerkrieg.

Die Nachbarländer des Irak, denen das Referendum der Kurden ein Dorn im Auge war, sind mit der neuen Situation wohl eher zufrieden. Aus der Türkei kam die Reaktion, der Initiator des Referendums Masoud Barzani solle nun “den Preis für die Unabhängigkeit zahlen”, das sagte der türkische Regierungschef Binali Yildirim.

Nicht überall zogen sich die kurdischen Kämpfer widerstandslos zurück. Irakische Truppen und kurdische Peschmerga-Kämpfer liefterten sich auch schwere Gefechte. Iraks Operationskommando teilte am Freitag mit, Kräfte von Armee, Polizei und schiitischen Milizen hätten den Ort Altin Köprü in der umstrittenen Provinz Kirkuk eingenommen. Das Peschmerga-Kommando erklärte hingegen, alle Angriffen seien abgewehrt worden. Nach kurdischen Angaben kamen etwa 30 Peschmerga-Kämpfer ums Leben.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) berichtete von Übergriffen und Plünderungen in dem Ort Tus Churmatu, den Iraks Truppen Anfang der Woche unter Kontrolle gebracht hatten. Ein Augenzeuge habe erklärt, das in einem vor allem von Kurden bewohnten Gebiet Geschäfte gebrannt hätten. Läden seien geplündert worden.
Die vom Iran finanzierten einflussreichen Schiitenmiliz Hashd al-Shaabi wurde in der Vergangenheit von Zivilisten beschuldigt, sie anzugreifen. Die bewaffneten Gruppen stehen zwar offiziell unter Befehl von Regierungschef Haidar al-Abadi, führen aber ein Eigenleben.

Viele Kurden fühlen sich zu Recht verraten https://t.co/whyFerqtGG

— Solidarity w Kurds (@Schaetzken_CGN) 21. Oktober 2017

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