Massiver Streik gegen französische Bahnreform hat begonnen

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Copyright REUTERS/Pascal Rossignol
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Von Anja Bencze mit dpa
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Fast 90 Prozent der TGV-Verbindungen fallen an diesem Dienstag aus.

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Viel Geduld und ruhige Nerven brauchen ab sofort Benutzer der französischen Bahn. An diesem Montag hat eine dreimonatige Streikwelle begonnen, mit der die Eisenbahner-Gewerkschaften die französische Regierung in die Knie zwingen wollen.

Ein Streik mit langem Atem. Bis Juni planen sie, die Arbeit mehrmals in der Woche niederzulegen, um die Reformpläne für das staatliche Bahnunternehmen SNCF zu stoppen.

Die Eisenbahner wollen immer im Wechsel zwei Tage streiken und drei Tage arbeiten. Und das über Monate - 36 Streiktage bis Ende Juni, so die Drohung. Medien sprechen schon vom "großen Durcheinander".

Mit der Reform will die französische Regierung das Unternehmen auf die Öffnung des Schienennetzes für die europäische Konkurrenz vorbereiten. Außerdem soll der vorteilhafte Eisenbahner-Status - eine französische Besonderheit - bei Neueinstellungen wegfallen. 

Dieser beinhaltet unter anderem die Berentung mit 52 beziehungsweise 57 Jahren, Gratisfahrten und eine Anstellung auf Lebenszeit.

Nach dem Vorbild der deutschen Bahnreform

Eine Privatisierung ist nicht geplant. Aber das Unternehmen soll die Kosten senken, um wie geplant ab 2020 dem EU-weiten Wettbewerb standhalten zu können. Vorbild ist die deutsche Bahnreform von 1994. Ein Viertel der Fahrten wird inzwischen von privaten Anbietern durchgeführt. Der Rest bleibt in der Hand der Deutschen Bahn.

Auch Italien gilt als Erfolgsmodell. Seit der Liberalisierung Anfang der 2000er Jahre purzeln die Preise. Das Angebot hat sich verdoppelt, dafür werden kleine, weniger rentable Strecken vernachlässigt.

Problematischer ist die Lage in Großbritannien. Dort hat die Privatisierung der Bahn Anfang der 1990er-Jahre zu einer Kostenexplosion geführt. Verspätungen und Streichungen sind an der Tagesordnung. Die erneute Verstaatlichung des Bahnverkehrs ist eine der zentralen Forderungen von Labour-Chef Jeremy Corbyn.

Für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron könnte es das härteste innenpolitische Armdrücken seit seinem Amtsantritt werden. Der Konflikt hat Symbolcharakter. Wenn sie einknickt, würde das die Position der Regierung für weitere Reformpläne deutlich schwächen. Viele denken an 1995, als Vorhaben des damaligen Premiers Alain Juppé nach heftigen Streiks zurückgenommen wurden.

Die öffentliche Meinung ist bislang gespalten: Laut einer Umfrage des Instituts Ifop für die Zeitung "Le Journal du Dimanche" halten 46 Prozent den Streik für gerechtfertigt. Zugleich wünschen 51 Prozent der Befragten, dass die Regierung die Reform durchzieht. 

Die große Frage ist, wie die Franzosen reagieren, wenn über Wochen immer wieder die Züge stillstehen. 

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