Steht Syrien vor der entscheidenden Schlacht?

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Von Euronews
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Die Aufständischen der Freien Syrischen Armee zeigen sich siegesgewiss. Und angeblich rechnet inzwischen auch Russland mit einer Niederlage der Regierung. Der Sondergesandte für den Nahen Osten, Mikhail Bogdanov, soll gesagt haben, die syrische Regierung verliere immer mehr an Boden. Die Äußerung wurde jedoch in Moskau dementiert.

Die Kämpfe werden immer heftiger, und die Aufständischen sind in den vergangenen Wochen der Hauptstadt Damaskus immer näher gekommen. Ihre Positionen bilden einen weiten Bogen um die Stadt, von Ost nach Südwest.

Das syrische Regime setzt Flugzeuge und Hubschrauber ein, um Stellungen der Rebellen zu bombardieren. Die FSA will mit Videoaufnahmen zeigen, dass MIG-Kampfflugzeuge eingesetzt würden. Die Stimme auf dem Video sagt:

“Deir al Zor, die MIG-Jets bombardieren die Wohnviertel von Deir al Zor.”

Diese von den Aufständischen verbreiteten Bilder zeigen Raketen, die auf dem Militärflugplatz Mezzeh bei Deir al Zor abgefeuert wurden.

Die NATO und die USA haben die Regierungsarmee beschuldigt, SCUD-Raketen einzusetzen, Boden-Boden-Raketen aus der Sowjetunion. Damaskus dementiert.

Weitere Filme wurden von den Aufständischen in Kafrbatna aufgenommen, in der Provinz Damaskus. Sie sollen den Einsatz von Brandbomben in Wohngebieten belegen.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat dem syrischen Regime vorgeworfen, Streubomben aus russischer Produktion einzusetzen, die über einer Fläche von der Größe eines Fußballfelds in 48 Teilbomben zerfallen.
Diese könnten Chemikalien wie Napalm oder weißer Phosphor enthalten. Syrien hat die Waffenkonvention von 1980 nicht unterzeichnet, die den Einsatz von Brandbomben einschränkt.

In einer Hochburg des Assad-Regimes explodierte an diesem Donnerstag eine Autobombe. Sechzehn Menschen kamen ums Leben, darunter auch Kinder. In Qatana, 25 km südwestlich von Damaskus gelegen, leben viele Soldaten. Im Umkreis der Stadt befinden sich mehrere Militärstützpunkte.
Mit derartigen Anschläge greifen Aufständische nicht nur die Gebiete der Assad-Anhänger an, sondern auch den Staatsapparat selbst:

Am 12. Dezember explodierten eine Autobombe und zwei weitere Sprengsätze direkt vor dem Innenministerium in Kafar Souseh, einem Stadtteil von Damaskus, der in der Nähe der Front zwischen den Aufständischen und den Regierungstruppen liegt.

Staatspräsident Assad war am Mittwoch im syrischen Staatsfernsehen bei einem Treffen mit Religionslehrern zu sehen, die in Moscheen und Instituten in der Region Damaskus tätig sind.
Im November hatte er in einem Interview seinen Willen bekräftigt, bis zum Ende in Syrien zu bleiben:

“Ich bin keine Marionette. Ich wurde nicht vom Westen geschaffen, um in den Westen oder irgendein anderes Land zu gehen. Ich bin Syrer, ich muss in Syrien leben und sterben.”

Seit dem Beginn des Aufstands gegen Assad im März 2011 sind in Syrien schätzungsweise 42.000 Menschen ums Leben gekommen.

Amanpour: “Syrien ist voller Terroristen – der Westen hat kaum Einfluss”

Paul McDowell, euronews:

Der Konflikt in Syrien konzentriert sich auf die Hauptstadt Damaskus und die Kämpfe dort. Steht jetzt das letzte Gefecht von Präsident Assad bevor und wenn ja, was wird dann in Damaskus geschehen? Darüber sprechen wir nun mit Christiane Amanpour von unserem Partnersender ABC in den USA. Präsident Assad hat angekündigt, er werde bis zum Ende kämpfen. Denken Sie, er wird wirklich an der Macht festhalten und dem Konflikt ein blutiges Ende bereiten?

Christiane Amanpour:

Es gibt keine Anzeichen dafür, dass er irgendetwas anderes tun wird, als weiterzukämpfen. Keiner der Vorschläge zu einem Übergang, zu Gesprächen mit der Opposition, dazu, den Forderungen der internationalen Gemeinschaft zu folgen, und zwar eine politische Lösung zu finden, wurden von Assad angenommen. Es sieht also so aus, als würde er weiterkämpfen und den Konflikt wohl auch nicht überleben. Es gibt aber im Moment keine Anzeichen dafür, dass er am Ende ist. Und die Experten, mit denen ich mich unterhalten habe, darunter waren auch US-Beamte, gehen nicht davon aus, dass das Regime schon bald zusammenbricht, aber am Ende wird dies passieren, davon gehen alle aus.

euronews:

Sollte sich der Westen darauf vorbereiten? Sollte er politisch vorgehen, oder auch militärische Schritte überlegen? In Syrien könnte ein Machtvakuum entstehen.

Christiane Amanpour:

Ich denke, je länger der Westen und die Internationale Gemeinschaft zugesehen haben, umso mehr hat sich das wie eine selbsterfüllende Prophezeiung verwirklicht. Und zwar, dass es ein Vakuum gibt, das von allen möglichen Rebellengruppen aufgefüllt wurde, und vor allem von einer Menge dschihadistischer Gruppen. Eine von ihnen, Al Nusra, wurde erst vergangene Woche von den USA als terroristische Organisation eingestuft. Was wir also sehen ist die Folge davon, dass es keine internationale Intervention gab, und nun sind diese Leute eingedrungen und haben dieses Vakuum gefüllt, das dringend gefüllt werden musste. Diese Kämpfer sind hochdiszipliniert, sie haben eine Mission, es sind professionelle Kämpfer und sie sind Araber aus den verschiedensten Ländern der Region, die sehr stark mit der Al Kaida im Irak verbunden sind, beziehungsweise dem Terrornetzwerk de facto tatsächlich selbst angehören. Das ist eine enorm gefährliche Entwicklung, die sich so zutragen konnte, weil es keine andere Intervention gab. Jetzt sind also diese Gruppen gekommen, um die Rebellen zu unterstützen. Wie das alles nach Assads Fall weitergehen soll, ist die große, große Frage.

euronews:

Welche Befürchtungen gibt es nun für die gesamte Region, nicht nur Syrien und die Menschen dort, was könnte in der Region passieren?

Christiane Amanpour:
Das wirkliche Problem ist, dass die Vereinigten Staaten und der Westen nicht an dem Spiel beteiligt sind. Oder anders ausgedrückt: Sie haben keine wirklichen Verbindungen mit den Menschen, die dort vor Ort kämpfen. Wir werden also nun sehen, was mit diesem neuen syrischen Oppositionsrat passiert. Die haben ja versucht, die Opposition zu vereinen, aber können sie wirklich das, was in Syrien passiert, beeinflussen? Das ist für mich die riskanteste Entwicklung. Je länger dort dieses Machtvakuum bestand und besteht, umso weniger Einfluss haben die USA und der Westen und umso mehr Gewicht haben die Dschihadisten, die Salafisten, also die ganzen Terroristen in Syrien.

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