Kaum Covid-19-Fälle in der Psychiatrie: Hilft ein altes Neuroleptikum?

A patient walks in a corridor of the  Clos Benard psychiatric hospital in Aubervilliers,
A patient walks in a corridor of the Clos Benard psychiatric hospital in Aubervilliers, Copyright CHRISTOPHE ARCHAMBAULT/AFP
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Von Kirsten Ripper mit AFP, France Info
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Weil mehr Pflegepersonal als Patienten in psychiatrischen Kliniken in Paris am Coronavirus erkrankt sind, wird jetzt getestet, ob #Chlorpromazin vor #Covid19 schützen kann.

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In Paris haben Ärzte im Universitätsklinikum Sainte-Anne, GHU für Psychiatrie und Neurowissenschaften, festgestellt, dass 19 Prozent des Pflegepersonals, aber nur 3 Prozent der stationären Patienten mit dem Coronavirus infiziert waren. Die Wissenschaftler berichten, dass dasselbe Phänomen auch in anderen psychiatrischen Klniken in Frankreich, China, Italien und Spanien beobachtet wurde.

Dabei gehören viele Psychiatrie-Patienten wegen Übergewicht und Herz-Kreislauf-Problemen zur Risikogruppe.

Die Mediziner gehen davon aus, dass das Neuroleptikum Chlorpromazin die Patienten vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen könnte. Chlorpromazin gehört zu den ältesten Psychoparmaka-Produkten. Es wird seit den 50erJahren in Europa unter dem Namen Largactil vor allem gegen Schizophrenie und bipolare Störungen eingesetzt. Seine Wirkung wird mit einem "künstlichen Winterschlaf" verglichen.

Verhindert Chlorpromazin das Eindringen des Coronavirus in die Zellen?

Die Hypothese der Forscher besteht laut einer Mitteilung des GHU darin, dass Chlorpromazin als Inhibitor das Eindringens des Virus in die Zellen verhindert oder erschwert. Die antiviralen Eigenschaften von Largactil (Chlorpromazin) waren zuvor bei den Coronaviren SARS-Cov-1 und MERS-CoV festgestellt worden.

Um herauszufinden, ob Chlorpromazin gegen Covid-19 wirkt, wird eine Pilotstudie mit dem Namen reCoVery gestartet. Dr. Marion Plaze vom Sainte-Anne-Krankenhaus in Paris erklärte der Agentur AFP: "Die Studie wird mit 40 stationären, nicht-psychiatrischen Covid-19-Patienten beginnen, von denen die Hälfte Chlorpromazin und eine Standardbehandlung (Sauerstoff, Hydratation, Antikoagulantien, falls erforderlich...) und die andere Hälfte eine Standardbehandlung erhalten wird."

Erste Resultate erwartet Dr. Plaze in etwa einem Monat. "Wenn die Ergebnisse aufschlussreich sind, müssten sie zunächst an einer größeren Gruppe von Patienten bestätigt werden. Dies ist notwendig, bevor die Behandlung in die klinische Routine-Anwendung übergehen werden kann. Chlorpromazin könnte Covid-19-Patienten einige Wochen lang verabreicht werden, wenn Patienten ins Krankenhaus eingeliefert werden, um die Dauer der Krankheit zu verkürzen und ihren Schweregrad zu verringern."

Im Labor des Institut Pasteur wurde die antivirale Wirkung von Chlorpromazin bereits an tierischen und menschlichen Zellen getestet.

Warnung aus den USA

In einem Artikel der New York Times, in dem ebenfalls über die Hoffnungen in Chlorpromazin berichtet wird, warnen Ärzte aber dringend davor, dass Psychopharmaka zur Vorbeugung gegen Covid-19 eingenommen werden könnten.

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