"Der Krieg geht weiter - das Leben auch"

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Von Elena Cavallone
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Das Dorf New York (Novhorodske) trotzt im fünften Jahr dem Konflikt

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New York liegt unter Feuer! Das ist die Geschichte des Dorfes Novhorodske im Osten der Ukraine, das im 19. Jahrhundert von Mennoniten aus Deutschland gegründet wurde.

Als Referenz an die Neue Welt nannten sie es New York.

Heute liegt der Ort nahe der Frontlinie zwischen regierungstreuen Truppen und pro-russischen Separatisten.

Trotz des Krieges geben die Einwohner des Dorfes nicht auf. Oksana gehört dazu.

Dank eines Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen eröffnete sie eine Pizzeria.

Dies sorgt für so etwas wie Normalität im Dorf.

“Ich hätte das Lokal ansonsten nach dem Krieg eröffnet. Aber dann bot sich die Gelegenheit und ich musste zugreifen, Krieg hin oder her. Der Krieg geht weiter, aber das Leben auch."

Das Dorf verlor sechs Bewohner durch Bombardierungen. Für junge Menschen liegen Angst und Hoffnung nahe beieinander.

Das ist Kyrylo, ein Rapper. Er ist 17 Jahre alt. Für ihn ist Musik ein Mittel, mit der Wirklichkeit fertig zu werden.

"Meine Songs sind wie frische Luft. Sie lassen mich einfach besser atmen. Wenn ich im Alltag von allem zu viel habe, dem Studium, den Bomben usw., habe ich niemanden, mit dem ich sprechen kann.

Also schreibe ich Musiknoten in mein Handy, und wenn ich sie dann lese, geht es mir besser."

Das Leben an der Frontgrenze ist hart.

Orte, in denen die Dorfbewohner arbeiteten, sind nun auf der anderen Seite.

Waffenstillstands-Verstöße sind an der Tagesordnung, die Felder sind vermint.

Der Konflikt im Osten der Ukraine ist nun im fünften Jahr und wirft einen Schatten auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und Millionen von Einwohnern.

In dieser Region hat die Unsicherheit Industrie und Arbeitsplätze vernichtet.

Und natürlich leiden die ohnehin prekären sozialen Sicherungssysteme.

Ein paar Kilometer weiter die Stadt Myrnohrad. Im hiesigen Krankenhaus wurde eine neue Röntgenmaschine eingeweiht, finanziert von internationalen Spendern.

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Jetzt kann die Chirurgie 11.000 Patienten pro Jahr behandeln.

Mit Projekten wie diesen versucht die EU, enge Beziehungen zur Ukraine zu unterhalten.

"Wenn wir das Leben der Menschen verbessern, Schulen und Krankenhäuser, stärkt das auch die Demokratie", sagt Jean-Erik de Zagon von der Europäischen Investitionsbank.

In Myrnohrad gibt es das einzige Hospital in der gesamten westlichen Donezk-Region.

Das ukrainische Gesundheitswesen war schon vor dem Krieg eine Herausforderung, jetzt ist es eine Katastrophe.

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Und das zu einem Zeitpunkt, an dem der Bedarf mehr und mehr steigt.

"Als der Krieg 2014 im Osten der Ukraine ausbrach, kamen eine Menge Flüchtlinge und Kämpfer hier her", sagt die leitende Ärztin Roksana Chohlowa .

"Seitdem haben wir immer mehr Patienten, aber auch mehr Möglichkeiten, ihnen zu helfen."

Laut Schätzungen sind als Folge des Konflikts rund 1,5 Millionen Menschen auf der Flucht.

Daher ist nun der soziale Zusammenhalt so wichtig, so die UNO.

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"Das gilt für das Verhältnis der Bewohner untereinander wie auch zwischen den Menschen und der Regierung", sagt der Vertreter des UN-Entwicklungsprogramms, Viktor Muntenau.

"Wir müssen ihnen vermitteln, dass sie zusammen am Wiederaufbau arbeiten müssen."

Die Zentralregierung ist weit weg und hat nur geringen Einfluss. Dennoch bestimmt der Osten der Ukraine die Zukunft des ganzen Landes.

Kiew verabschiedete Reformen, doch die pro-russische Opposition sagt, die Regierung vernachlässige die Region.

Die EU beobachtet die Situation genau, vor allem die anstehenden Präsidentschaftswahlen.

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"Wenn die revanchistischen Kräfte gewinnen, könnte das die EU-Integration stoppen. Ich denke die besten Chancen, dass das nicht passiert, gibt es, wenn sich die Regierung als pro-europäisch gibt und zugleich zeigt, dass alle Bürger der Region davon profitieren", meint Katharine Quinn-Judge, Analystin bei der International Crisis Group.

Die Lage in Kiew ist also angespannt. Eine Stärkung der nationalistischen und pro-russischen Kräfte könnte dem Land weitere politische Unsicherheit bringen.

Journalist • Stefan Grobe

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