"Kalkulierte Grausamkeit": Osman Kavala wegen neuer Anklage nicht frei

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Von Euronews mit dpa
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Menschenrechtsorganisationen kritisieren die neuen Vorwürfe gegen den türkischen Unternehmer, Kulturförderer und Aktivisten.

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Die gute Nachricht gab es am Dienstagmittag: Ein Gericht in Istanbul ordnete die Freilassung des Unternehmers und Mäzens Osman Kavala an - der seit mehr als zwei Jahren in Untersuchungshaft sitzt. Er und acht weitere Angeklagte wurden von dem Vorwurf des Umsturzversuchs im Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten von 2013 freigesprochen. Unterstützer umarmten sich nach der Urteilsverkündung spontan vor dem Gerichtssaal. Die Architektin Mücella Yapici, die ebenfalls angeklagt war, sagte: "Das bedeutet, Gezi kann nicht vor Gericht gestellt werden, Gezi ist die Ehre dieses Landes."

Statt Freilassung neue Vorwürfe

Doch Osman Kavala wurde am Dienstagabend nicht aus dem Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul freigelassen. Der Intellektuelle - der auch mit dem Goethe-Institut zusammengearbeitet hatte - werde voraussichtlich noch in der Nacht vom Gefängnis zu einer Polizeistation gebracht. Dort werde er in den nächsten Tagen einem Haftrichter vorgeführt. Seine Ehefrau sei am Boden zerstört.

Am frühen Abend hatte die Staatsanwaltschaft erneut die Festnahme Kavalas beantragt. In Zusammenhang mit dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 wird dem Kulturförderer versuchte Abschaffung der verfassungsmäßigen Ordnung vorgeworfen.

"Kalkulierte Grausamkeit"

Amnesy International reagierte am Dienstagabend mit Empörung. "Diese Entscheidung riecht nach bewusster und kalkulierter Grausamkeit. Nach fast zweieinhalb Jahren hinter Gittern freigelassen zu werden, nur um dann die Tür zur Freiheit zugeschlagen zu bekommen, ist ein verheerender Schlag für Osman Kavala, seine Familie und alle, die für Gerechtigkeit in der Türkei stehen", erklärte die Verantwortliche von Amnesty International für die Türkei, Milena Buyum. "Diese zynische und ungeheuerliche Inhaftierung vertieft nur unsere Entschlossenheit, weiterhin im Namen von Osman Kavala zu kämpfen. Es ist an der Zeit, dass die Türkei das unerbittliche Durchgreifen gegen abweichende Stimmen beendet. Osman Kavala muss unverzüglich aus dem Gefängnis entlassen werden".

Viele internationale Kulturinstitutionen setzen sich weiter für Osman Kavala ein.

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