Einsames Sterben in Frankreichs Pflegeheimen

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Copyright Jean-Francois Badias/Jean-Francois Badias
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Von Anelise Borges
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Seit Beginn der Pandemie sind in Frankreich fast 8000 Menschen in Pflegeheimen ums Leben gekommen. Ein Drama, das sich hinter verschlossenen Türen abspielt, denn Besuche waren bisher verboten. Ab diesem Montag sind unter strengen Auflagen wieder erlaubt.

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Einsames Sterben in Frankreichs Pflegeheimen Seit Beginn der Pandemie sind in Frankreich fast 8000 Menschen in Pflegeheimen ums Leben gekommen. Ein Drama, das sich hinter verschlossenen Türen abspielt, denn Besuche waren bisher verboten. Ab diesem Montag sind unter strengen Auflagen - ohne körperlichen Kontakt - wieder Besuche in Altenheimen erlaubt

Mit ihren stolzen 96 Jahren hat Nicole Vignault schon viel gesehen. Sie erlebte den Zweiten Weltkrieg, verlor ihre Mutter in einem Konzentrationslager und protestierte im Mai 68 gemeinsam mit ihren Kindern. Der aktuellen Coronakrise begegnet sie gelassen.

"In meinem Alter hat man keine Angst vor dem Sterben - es ist an der Zeit. Meine Oma hat immer gesagt: du musst an etwas sterben."

In Frankreich sind Altersheime besonders betroffen, 45% der Einrichtungen haben mindestens einen Coronavirus- Fall. Außerdem fehlt es an dringend benötigter Schutzkleidung und Personal.

Freiwillige wie Yasmine Touns versuchen zu helfen, doch sie berichtet, dass die Mitarbeiter teilweise Müllsäcke tragen müssen.

Seit Beginn der Pandemie sind in Frankreich fast 8000 Menschen in Pflegeheimen an Folgen des Coronavirus gestorben. Ein Drama, das sich hinter verschlossenen Türen abspielt.

Denn seit dem 11. März hat Frankreich Besuche in Altenheimen verboten- insgesamt 600.000 Senioren mussten seitdem auf ihre Familien verzichten.

"Fast die Hälfte aller in Frankreich registrierten Todesfälle durch Covid-19 wurde in Einrichtungen wie dieser registriert. Aber die Mitarbeiter hier sind noch wegen etwas anderem besorgt: die strengen Abschottung hatte schwerwiegende psychologische Konsequenzen für die Bewohner", so Anelise Borges, die Euronews-Korrespondentin in Paris.

Dominique Perriot, Direktor des Pflegeheims Hector Malot erklärt: "Hier leben Menschen, denen nur noch wenige Jahre oder sogar nur Monate bleiben. Wir haben nicht das Recht, ihnen das Ende ihres Lebens zu stehlen, die Liebe ihrer Familien, die Zuneigung, die sie noch bekommen könnten."

Nach massiven Wiederstand hat Frankreichs Ministerpräsident Edouard Philippe ab diesem Montag wieder Besuche in Altenheimen erlaubt - unter strengen Auflagen und ohne körperlichen Kontakt. Die Kritik an der Regierungspolitik kann dies nicht beruhigen.

Jean-Philippe Gautrais, Bürgermeister von Fontenay-sous-Bois: "Die Art und Weise, wie die Anzahl der Todesfälle in Pflegeheimen gezählt wurden - zuerst gab es gar keine und dann plötzlich einen starken Anstieg der Todeszahlen - zeigt gut, dass die Regierung sowohl das Ausmaß der Epidemie als auch die fehlenden Material- und Personalressourcen für eine würdige Altenpflege vertuschen wollte."

Seit langer Zeit fordern französische Pflegeheime mehr Geld, Ausrüstung und Personal. Die aktuelle Gesundheitskrise hat nun offengelegt, wie prekär die Bedingungen in einigen Einrichtungen tatsächlich sind.

Frankreichs Gesundheitsminister Olivier Veran kündigte am 6. April umfassende Tests und mehr Masken für Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeheimen an.

Journalist • Julika Herzog

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