Drosten will neue Regeln: Lüften wichtiger als Desinfizieren

Christian Drosten
Christian Drosten Copyright Michael Sohn/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved
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Von Euronews
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Im Interview mit Dlf sagt der Virologe Christian Drosten, es sei wichtiger in Räumen für Luftbewegung zu sorgen statt zu desinifiieren.

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Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, befürwortet, die Betreuung in Kitas, Schulen und Kindergärten auszuweiten. In einem Interview mit dem "Deutschlandfunk" räumte er ein, dass es bisher zwar keine wissenschaftlichen Daten gebe, die belegten, dass Kinder sich weniger infizieren, sagt Drosten. Aber als Privatperson, nicht als Virologe, halte er es für notwendig, den "gesellschaftlich extrem wichtigen Bereich der Kinderbetreuung und Erziehung wiederzubeleben".

Im Interview mit dem Deutschlandfunk wies Drosten auch darauf hin, dass es seiner Ansicht nach sehr wichtig ist, Räume gut zu lüften, um die Übertragung des Coronavirus durch kleine Tröpfchen in der Luft - sogenannte Aerosole oder Atemnebel - einzudämmen.

Drosten sprach sich dafür aus, die Coronavirus-Regeln zur überarbeiten. So könne er sich vorstellen, dass Lüften in Restaurants und Schulen zur Pflicht werde. Inwieweit Klimaanlagen ein Problem darstellen, ist noch nicht ganz klar. Es geht vor allem darum, Außenluft einzubringen, statt die in Innenräumen vorhandene Luft nur zu verteilen.

Fluggesellschaften behaupten, in modernen Klimaanlagen in Flugzeugen würde die Luft erneuert.

Schon zuvor hatten auch andere Virologen angedeutet, dass in den aktuellen Richtlinien zu viel wert auf die Desinfektion und das Händewaschen gelegt würde.

Der Coronavirus-Experte der Charité sagte im Gespräch mit Dlf: "Und wo man auch noch mal hinschauen muss, ist die ganze Überlegung zu Desinfektionsmitteln, zu ständigem Händewaschen. In diesem Bereich ist es nun nicht so, dass im Laufe der Zeit mehr wissenschaftliche Daten aufkommen, die das bestätigen. Hier will ich mal vorsichtig sagen: Vielleicht wenn man einen Bereich zu Gunsten eines anderen Bereichs unterbetonen will und da mal lieber ein bisschen weniger drauf achten will und weniger investieren, dann wäre das wirklich dieser Desinfektionsmittel-Bereich im Alltag. Ich will jetzt nicht sagen, im Krankenhaus. Da ist es eine ganz andere Überlegung. Aber im Alltag sollte man sich eher vielleicht aufs Lüften konzentrieren und weniger auf das ständige Wischen und Desinfizieren."

36 Experten fordern die WHO und die Regierungen dazu auf, den Akzent auf Klimaanlagen und die Kontrolle der Luft in geschlossenen Räumen zu setzen. Es besteht der Verdacht, dass ältere Klimaanlagen das Virus verbreiten könnten.

Die führenden internationalen Wissenschaftler haben einen Aufruf der Universität Colorado unterzeichnet. Sie plädieren - wie Drosten - für eine effektivere Kontrolle der Luft in geschlossenen Räumen. Im Aufruf der Universität von Colorado Boulder heißt es: "Wir argumentieren, dass die vorhandenen Beweise stark genug sind, um technische Kontrollen zu rechtfertigen, die auf die Übertragung über die Luft als Teil einer Gesamtstrategie zur Begrenzung des Infektionsrisikos in Innenräumen abzielen. Angemessene technische Gebäudekontrollen umfassen eine ausreichende und effektive Belüftung, möglicherweise verstärkt durch Partikelfilterung und Luftentkeimung, die Vermeidung von Luftumwälzung und die Vermeidung von Überbelegung. Häufig können solche Maßnahmen leicht und ohne große Kosten umgesetzt werden, aber nur wenn anerkannt wird, dass sie wesentlich zur Erreichung der Ziele der Infektionskontrolle beitragen. Wir glauben, dass der Einsatz technischer Kontrollen in öffentlichen Gebäuden, einschließlich Krankenhäusern, Geschäften, Büros, Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, Restaurants, Kreuzfahrtschiffen, Aufzügen, Konferenzräumen oder öffentlichen Verkehrsmitteln, parallel zur wirksamen Anwendung anderer Kontrollen (einschließlich Isolierung und Quarantäne, sozialer Distanzierung und Handhygiene) eine zusätzliche wichtige Maßnahme auf globaler Ebene wäre, um die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung zu verringern und dadurch Mitarbeiter im Gesundheitswesen, Patienten und die Öffentlichkeit zu schützen."

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