#Swedengate: Skandal oder Unsinn? So reagieren Menschen in Schweden

Kinder in Stockholm
Kinder in Stockholm Copyright AFP
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Von Euronews mit AFP
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#Swedengate ist der Hype im Internet. Doch in Stockholm meinen viele Schwedinnen und Schweden, die Aufregung sei Unsinn.

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In den sozialen Medien sorgt #Swedengate für Furore. Es heißt, Kinder in Schweden durften, wenn sie bei anderen Familien zu Besuch waren, dort nicht mitessen und mussten im Spielzimmer waren, bis die Familie zu Ende gegessen hat.

Einige - auch ältere - Leute in Stockholm sagen aber, sie hätten das in Schweden nie so erlebt.

Auch unter den Schweden-Kenner:innen bei uns in der Redaktion ist der vermeintliche Skandal kontrovers diskutiert worden.

Für Richard Tellstrom, außerordentlicher Professor an der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften, ist das Faszinierende an der #Swedengate-Debatte, dass sie "so viel über uns selbst und darüber, wer wir sind", offenbart.

Tellstrom erklärt, dass der Brauch, auch wenn er Ausländern seltsam erscheinen mag, kein Zeichen dafür ist, dass die Schweden geizig sind.

"Es geht um die Beziehung zwischen den Familien und darum, sich nicht gegenseitig zu verschulden", so der Historiker gegenüber AFP.

Er weist darauf hin, dass dieser Brauch nie universell war und heute viel seltener ist als in den 1980er und 1990er Jahren. Tellstrom sagt aber auch, dass es in Schweden mehrere Gründe dafür geben kann, die Spielkamerad:innen der Kinder nicht zum Essen einzuladen.

Einer davon könnte sein, dass die Familie des Gastkindes ein eigenes Abendessen plant und sie ihnen die Gelegenheit verderben würden, an diesem Abend als Familie zusammen zu sein, so Tellstrom.

Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts, als Schweden viel ärmer war und die Menschen mehr Kinder hatten, schickten Eltern, die nicht über die Runden kamen, ihre Kinder zum Essen zu ihren Freunden.

Folglich konnte das bloße Angebot, das Kind eines anderen zu ernähren, als Beleidigung aufgefasst werden.

"Wenn man etwas anbietet, gibt man zu, dass die andere Familie in Not geraten ist", erklärt Tellstrom. Und nach der traditionell lutherischen Denkweise des Landes bedeutet die Unterstellung, dass eine andere Familie nicht genug zu essen habe, auch dass sie mit Gott nicht im Reinen sei.

Das sagen Schwed:innen in Stockholm

Eine 55-jährige Schwedin meint, das sei inzwischen auch in Stockholm ein Thema, aber vorher wusste sie gar nicht, dass es so etwas geben sollte. Sofia Pihlgren, die bei einer Botschaft arbeitet, sagt. "Jetzt wird darüber diskutiert, aber es ist neu für uns, wir haben nur davon gehört, waren noch nie betroffen oder wurden nie so behandelt."

Ein ältere Dame, Ingrid de Laval (73), ist fast ein bisschen erbost, sie meint: "Das ist Unsinn! Ich habe noch nie davon gehört, bis jetzt!"

Roy Ghazi ist 40 Jahre alt und Designer. Er erinnert sich daran, dass er im Zimmer der Freunde bleiben musste, während die Kumpels beim Abendessen waren. Er erklärt: "Es geht um Kultur und Erfahrung... Als ich ein Kind war, musste ich immer im Zimmer meiner Freunde warten, wenn sie zu Abend aßen, aber ich hatte ein Sandwich!"

Agneta Ahlund ist Rentnerin und froh, dass sich die Zeiten ändern: "Als ich jünger und ein Kind war, musste ich manchmal im Zimmer meiner Freunde bleiben und spielen und warten, bis sie mit dem Essen fertig waren, mit dem Abendessen - das war keine gute Idee."

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